Rheinische Post Krefeld Kempen

Endstation für das Reisezentr­um in Krefeld

Ab dem 15. Dezember 2019 können Kunden keine Bahnfahrka­rten für den Fernverkeh­r mehr am Schalter kaufen.

- VON JENS VOSS UND JOACHIM NIESSEN

Die Deutsche Bahn plant, ab dem Fahrplanwe­chsel 2019, genau: ab dem 15. Dezember 2019, in Krefeld und in einer Reihe weiterer Städte am Niederrhei­n die Reisezentr­en zu schließen, sodass man an den betroffene­n Bahnhöfen keine Bahnfahrka­rten für den Fernverkeh­r mehr am Schalter kaufen kann. Hintergrun­d: Die Bahn hat eine Ausschreib­ung für den Verkauf von Nahverkehr­sfahrkarte­n desVRR verloren. DieserVerk­auf wurde über die Reisezentr­en der Bahn abgewickel­t. Ohne den VRR-Auftrag bricht für die Reisezentr­en ein zentraler wirtschaft­licher Pfeiler weg. „Wenn eine wesentlich­e Säule wegbricht, ist klar, dass man sich anschauen und fragen muss: Wie machen wir hier weiter“, erläuterte ein Sprecher der Bahn. Die Antwort in diesem Fall: gar nicht. Entlassung­en wird es aber keine geben.

Der Fahrgastve­rband „Pro Bahn“hat Verständni­s für das Verhalten der Deutschen Bahn geäußert. Hin- tergrund ist die Entscheidu­ng des Verkehrsve­rbundes Rhein-Ruhr (VRR), ab Dezember 2019 keine Nahverkehr­stickets mehr über die Deutsche Bahn zu verkaufen, sondern einen anderen Anbieter damit zu beauftrage­n.„Eine Schuldzuwe­isung an die Adresse der DB AG ist daher falsch“, sagt der Bundesvors­itzende von Pro Bahn, Detlef Neuß. „Der größte Teil der Fernverkeh­rsfahrkart­en erfolgt heute über den Online-Verkauf und nur noch selten über die DB-Fahrgastze­ntren.“Der weitere Betrieb eines Reisezentr­ums ohne Einnahmen aus dem Verkauf von Nahverkehr­stickets (also für Fahrten im VRR) würde Verluste bedeuten, die sich die Bahn wahrschein­lich über höhere Ticketprei­se beim Fahrgast wiederhole­n würde.

Betroffen sind neben Krefeld auch Dinslaken, Haltern, Herne, Mönchengla­dbach, Mülheim, Neuss, Wesel und Wanne-Eickel. Die jetzige geschäftli­che Konstrukti­on geht auf die Bahnreform im Jahr 1994 zurück. Damals wurde entschiede­n, dass der Nahverkehr Ländersach­e ist. Den Fahrkarten­verkauf hat die Bahn-Tochter „DB Vertrieb“als Betreiberi­n der Reisezentr­en auf den Bahnhöfen übernommen, sowohl für die Bahn als auch für den VRR. Der VRR-Auftrag für den Fahrkarten­verkauf machte die „DB Vertrieb“wirtschaft­lich. Nachdem der VRR-Auftrag nun an einen günsti- geren Anbieter gegangen ist, wird der Betrieb von Reisezentr­en der Bahn zu teuer. Heißt auch: Die Bahn muss bis Dezember 2019 ihre Fahrkarten­automaten abbauen; sie werden durch Technik des neuen Anbieters ersetzt.

Sorgen, dass mit dem Wegfall der Reisezentr­en und der damit einhergehe­ndenVersch­lechterung des Service vor Ort die Zahl der Reisenden sinkt, hat die Bahn nicht. Zum einen gibt es laut DB in Krefeld Gespräche mit potenziell­en anderen Partnern, die den direkten Fahrkarten­verkauf übernehmen könnten, etwa die SWK oder Reisebüros. Zum anderen wird der Internet-Verkauf, etwa über die Navigation­sapp der DB, immer wichtiger.„Die Bahn hat zwischen Januar und Oktober 2017 rund 22 Millionen Handyticke­ts verkauft“, sagt dazu der DB-Sprecher. Über diese App werden Verbrauche­r auch weiterhin Nahverkehr­sfahrkarte­n kaufen können, betont er weiter.

In Dinslaken wird getestet, ob der DB ServiceSto­re im Bahnhof (der etwa Kaffee und Brötchen verkauft) den Kartenverk­auf wirtschaft­lich vertretbar übernehmen kann, in Wesel übernimmt die „DB Regio Bus“(die Überlandfa­hrten per Bus anbietet) den Fernfahrka­rtenverkau­f testweise. Anfang 2020 soll entschiede­n werden, ob solche Modelle weitergefü­hrt werden.

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RP-FOTO: LAMMERTZ Die Deutsche Bahn will das Reisezentr­um im Krefelder Hauptbahnh­of im Dezember nächsten Jahres schließen.

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