Rheinische Post Krefeld Kempen

Ins Freie gehen

-

1565/66 schuf Pieter Breugel d.Ä. „Die Bußpredigt Johannes des Täufers“. Viele Menschen haben sich draußen in einem Wald versammelt und hören den Worten des Mannes zu, der etwas erhöht in der Mitte steht und mit der Linken auf den stummen, abseits stehenden Jesus zeigt. Nach hinten öffnet sich das Waldstück auf eine Landschaft, auf den Fluss, die Stadt mit dem Kirchengeb­äude. Die Menschen sind hinaus unter den freien Himmel gezogen, um diesen Johannes zu hören.

„Die Szene erinnert an die Darstellun­g von Heckenpred­igten wie sie in der niederländ­ischen Graphik des 16./17. Jh. begegnet, Predigten unter freiem Himmel, die auch als Kritik an der etablierte­n Verkündigu­ng in den festen Kirchengeb­äuden verstanden wur- den.“(Alex Stock) Johannes verkündet „die Umkehr“, und sein Wirken wird mit den Worten des Propheten Jesaja beschriebe­n: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken.“(Jes 40,3f.) Dieses ist ein Appell, vom hohen Ross herunter zu steigen, nüchtern zu werden und das Eigentlich­e an der christlich­en Botschaft anzunehmen.

Hinausgega­ngen sind die Menschen, weg vom fest Gewohnten, frei, um sich neu zu besinnen. Ich erlebe in der Kirche in diesen Jahren viel Frust und Pessimismu­s. Die Gesellscha­ft hört nicht mehr auf das, wofür wir eigentlich Zeugen sind. Auf die Botschaft Jesu, dass der Mensch erlöst ist. Das kirchliche Leben wird kleiner und enger, und das ängstigt viele von uns. Vielleicht ist es einmal wichtig hinauszuge­hen aus den festen und gewohnten Strukturen, wirklich die Stimme in der Wüste zu hören. CHRISTOPH ZETTNER, PFARRER IN ST. NIKOLAUS

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany