Rheinische Post Krefeld Kempen

Er sagt es einfach nicht

In „Love, Simon“hadert ein Junge in Atlanta mit seiner Homosexual­ität.

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Nachdem das Kino das Thema Homosexual­ität lange Zeit vor allem als Drama, das Coming-out als schwierige­n Prozess behandelt hat, kamen 2018 zwei gänzlich andere Filme heraus: „Call Me By Your Name“erzählt mit großer Zärtlichke­it und Schönheit und in wunderbar sanften Farben von einer schwulen Sommerlieb­e. Bei„Love, Simon“wird das Coming-out eines amerikanis­chen Teenagers zur (fast) klassische­n Highschool-Komödie.

Im Kern ist zwar auch Greg Berlantis „Love, Simon“die Geschichte eines schwierige­n Coming-outs. Doch die Schwierigk­eiten liegen ausnahmslo­s in der Hauptfigur Simon Spier (Nick Robinson) selbst begründet, der in einem Vorort von Atlanta zur Highschool geht. Sein Leben ist eigentlich ein ungebroche­ner, leicht modernisie­rter amerikanis­cher Traum. Seine Eltern (und die Eltern aller Schulkamer­aden offenbar auch) leben in einem großen Einfamilie­nhaus mit Garten. Die Schüler verkörpern eine diverse Gesellscha­ft mit unterschie­dlichen Hautfarben und schaukeln morgens gemeinsam im Kombi über freie Straßen zu Schule. Simons jüngere Schwester hat einen Koch-Blog, seine Mutter (Jennifer Garner) ist jung und schön und wetteifert mit seinem Vater (Josh Duhamel) um den sanftmütig­sten Charakter.

Niemand in Simons Umfeld hätte ein Problem damit, wenn er seine Homosexual­ität öffentlich machen würde. Nur Simon selbst hadert. In einer schönen Szene fragt er sich, warum nicht Homosexual­ität die Norm sein kann und stellt sich seine Mitschüler beim heterosexu­ellen Coming-out vor: „Tut mir leid, Mom, ich stehe auf das andere Geschlecht.“– „Oh nein. Ich habe es geahnt. Das hast du bestimmt von deinen Vätern.“

Zu einem Soundtrack, der mehr nach den 1980er Jahren als nach heute klingt, muss Simon durch allerlei Irrungen und Wirrungen bis am Ende alles, aber auch wirklich alles gut wird. Über einen anonymen Blogeintra­g kommt er in Mail-Kontakt zu einem Mitschüler, der ebenfalls mit seiner homosexuel­len Nei- gung hadert. Ein anderer Mitschüler entdeckt diese Mails und droht, sie öffentlich zu machen, wenn Simon ihn nicht mit einer seiner Freundinne­n verkuppelt. Und seine beste Freundin Leah hegt zu allem Überfluss nach all der Zeit offenbar Gefühle für ihn.

Der Weg zur schwulen Liebe ist hier also ein steiniger, doch diese Schwierigk­eiten werden mit Leichtigke­it und Beiläufigk­eit erzählt, so dass der Zuschauer sich in schlechten Momenten zu langweilen beginnt und fragt: „Wo ist das Problem?“In guten Momenten schenkt ihm der Film mit seinem Plädoyer für Offenheit, Ehrlichkei­t, Toleranz und Vielfalt ein seliges Lächeln.

Love, Simon, Regie: Greg Berlanti, 110 Min., Fox, als DVD und BluRay

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FOTO: VERLEIH FOX Nick Robinson in „Love, Simon“.

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