Rheinische Post Krefeld Kempen
Wenn das Arbeitszeugnis schlecht ausfällt
Jedem Arbeitnehmer steht ein wahrheitsgemäßes, wohlwollendes Zeugnis zu – doch die Meinungen über angemessene Formulierungen gehen oftmals auseinander. Ein Mitarbeiter muss das Zeugnis nicht annehmen, sondern kann es anfechten.
Wer aus einem Unternehmen ausscheidet, bekommt zum Abschied ein Arbeitszeugnis. Doch nicht immer sind die Angestellten mit dem zufrieden, was sie dort lesen. Ein ungünstiges Zeugnis reflektiert in der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung sowie der Schlussformel schlechte Noten, sagt Thorsten Knobbe. Er ist Autor des Ratgebers „Arbeitszeugnisse: Textbausteine und Tätigkeitsbeschreibungen“und Geschäftsführer des kostenpflichtigen Karrieredienstleisters Leaderspoint.
Einschlägige Formulierungstabellen helfen dabei, die vergebenen Noten zu entschlüsseln. Auch fällt das Zeugnis eher negativ auf, „wenn es in Länge, inhaltlichem Schwerpunkt und Würdigung nicht dem Berufsbild des Kandidaten entspricht“. Das sollten Beschäftigte wissen:
Wie können Arbeitnehmer gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis vorgehen?
„Man kann sich beim Arbeitgeber beschweren oder Klage auf Berichtigung des Zeugnisses erheben“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Zunächst sollte der Arbeitnehmer selbst den Arbeitgeber mit Fehlern im Zeugnis konfrontieren, rät André Kasten, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Berliner Kanzlei Abeln. Etwa mit Verbesserungs- oder Änderungsvorschlägen. Für die Nachbesserung sollte man eine Frist von mindestens zwei Wochen setzen. Bleibt dieser Schritt erfolglos, gehen Arbeitnehmer am besten zu einem Anwalt oder einer Rechtsantragsstel- (bü) Urlaubsrecht Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat – gegen das in Deutschland geltende Recht – eine Regelung für unwirksam erklärt, wonach Arbeitnehmer, die im Laufe des Jahres ihrem Arbeitgeber keinen Urlaubswunsch vortragen, diesen Anspruch nicht mehr per Barabgeltung geltend machen können, wenn sie aus dem Unternehmen ausscheiden. Der Leitsatz: Ein Arbeitnehmer darf seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb verlieren, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Dies hat das Gericht zugunsten eines Rechtsreferendars beim Land Berlin entschieden, der keinen Urlaub beantragt hatte, um am Jahresende bei seinem Ausscheiden dafür eine Barabfindung kassieren zu können. Der Arbeitgeber hätte ihn auffordern müssen, seinen Urlaub rechtzeitig zu nehmen, damit Arbeitnehmer – sinngemäß – nicht in Versuchung kämen, so wie der betreffende Arbeitnehmer auf Erholungsurlaub zu verzichten; Arbeitnehmer müssten zum wirksamen Schutz ihrer Gesundheit über eine„Ruhezeit“verfügen. (EuGH, C 619/16 u. a.)
Abfindung Steuerzahler, die beim Verlust ihres Arbeitsplatzes von ihrem Arbeitgeber eine Abfindungszahlung erhalten, le der Arbeitsgerichte. „Dann bleibt nur noch die Zeugnisklage“.
Wie gehe ich als Betroffener formal korrekt vor?
„Bei einer Zeugnisberichtigung sind Fristen zu beachten“, sagt Michael Felser, Arbeitsrechtler in Brühl bei Köln. Wenn es im Arbeits- oder Tarifvertrag eine Verfall- oder Ausschlussfrist gibt, dann gilt diese auch für den Anspruch auf ein wahrheitsgemäßes Zeugnis. „In der Regel sind das drei oder sechs Monate.“So lange sollte man aber nicht warten. „Die Erinnerung der Vorgesetzten verblasst meist schneller, außerdem braucht man das Zeugnis ja für die Bewerbung.“Wenn nur kleine Ergänzungen nötig sind, genügt häufig die persönliche Vorsprache, sagt Oberthür. „Wenn das Zeugnis insgesamt unbrauchbar ist, lohnt es sich, einen Anwalt hinzuzuziehen, um mit einem eigenen Formulierungsvorschlag auf den Arbeitgeber zuzugehen.“
Wer muss was beweisen?
Die Beweislast haben die Gerichte jeweils zur Hälfte verteilt, sagt Felser. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass der Arbeitnehmer schlechter als der Durchschnitt (befriedigend) war, der Arbeitnehmer hingegen, dass er besser war. „Das ist nicht einfach“, gibt Felser zu bedenken.„Man kann das nur über Zwischenzeugnisse, Leistungsbeurteilungen oder Auszeichnungen wie den „Mitarbeiter des Monats“beweisen“, sagt Kasten. Auch Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte könnten als Zeugen für gute Leistungen benannt werden. Felser empfiehlt, sich frühzeitig und regelmäßig Zwi- können beantragen, dass dieses Geld nach der so genannten Fünftelmethode besteuert wird. Das bringt im Vergleich zum üblichen Ansatz von Arbeitsverdiensten eine ermäßigte Steuerzahlung. Das gilt aber nur dann, wenn eine Zahlung „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen“geleistet wurde. Ist daneben eine weitere Zahlung geleistet worden, die – wie hier – „gesundheitliche Schäden“ausgleichen soll, dann kann dieser Teil nicht nach der Fünftelregelung besteuert werden, weil es sich dabei nicht um „eine Entschädigung für entgangene Einnahmen handelt“. (BFH, IX R 34/16)
Wiedereingliederung Das Arbeitsgericht Hamburg hat eine verpflichtende Regel aus dem Arbeitsrecht einem Firmenmanagement ins Gedächtnis zurückgerufen, dass für Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die längere Zeit arbeitsunfähig krank sind, ein „Betriebliches Eingliederungsmanagement“(BEM) durchgeführt werden muss. Dadurch soll festgestellt werden, ob und gegebenenfalls auf welchem Arbeitsplatz die nicht mehr voll einsatzfähige Person im Betrieb noch beschäftigt werden kann. Eine Kündigung ist ohne ein solches „BEM“nicht erlaubt. (ArG Hamburg, 4 Ca 195/17) schenzeugnisse ausstellen zu lassen. Sind die Bewertungen darin gut, kann der Arbeitgeber im Schlusszeugnis nicht ohne Weiteres davon abweichen.
Was genau kann ich anfechten?
„Die Tätigkeitsbeschreibung und die Leistungsbewertung sind anfechtbar“, sagt Oberthür. Die sprachliche Formulierung hingegen obliegt allein dem Arbeitgeber. „Es gibt auch keinen Anspruch auf die übliche Dankes- oder Bedauernsformel am Schluss.“Das Zeugnis müsse vollständig, wahrheitsgemäß und wohlwollend sein, sagt Felser. Auch müsse es formalen Ansprüchen genügen.
Darf der Arbeitnehmer im Streitfall Vorschläge machen?
Der Arbeitnehmer darf alternative Formulierungen vorschlagen, nur hat er womöglich keinen Anspruch darauf, dass der Entwurf übernommen wird, sagt Knobbe. „Am besten klären beide Seiten vorher ab, ob ein Entwurf genehm ist, dann klappt es meist am einfachsten.“Felser rät, sich bei den Formulierungen professioneller Hilfe zu bedienen. „Viele in Internetforen als „negativ“oder „Geheimcode“verdächtigte Formulierungen sind üblich, manche unverdächtige Formulierung dagegen problematisch“, sagt er. Viel wichtiger als der vermeintliche Code ist laut Oberthür, dass Inhalt und Sprache des Zeugnisses stimmig sind und zur Tätigkeit des Mitarbeiters passen. Selbst schreiben sollte man Zeugnisse aber nicht: „Selbst verfasste Beurteilungen sind meist zu lang. Erfahrene Personaler riechen das Eigenlob schnell.“
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