Rheinische Post Krefeld Kempen

Blutiges Ende einer zweitägige­n Jagd

Chérif Chekatt, der Attentäter von Straßburg, ist tot. Gegenüber einem Taxifahrer soll er sich mit seiner Tat gebrüstet haben.

- VON CHRISTINE LONGIN

STRASSBURG Die Suche nach Chérif Chekatt dauerte ziemlich genau 48 Stunden: Zwei Tage nach dem Anschlag in der Altstadt von Straßburg wurde der 29-Jährige am Donnerstag­abend von der Polizei erschossen. Der mutmaßlich­e Attentäter war nach dem Anschlag, bei dem drei Menschen starben, im Stadtteil Neudorf untergetau­cht. Dort spürte ihn die Polizei am Donnerstag auf. Der meistgesuc­hte Mann Frankreich­s eröffnete das Feuer auf die Beamten, die es laut dem Radiosende­r France Info erwiderten und ihn dabei töteten.

Der Attentäter hatte am Dienstagab­end mitten in derVorweih­nachtszeit das Feuer in der Straßburge­r Innenstadt eröffnet. Zeugen hatten ihn nach Angaben des Chefermitt­lers Rémy Heitz „Allahu Akbar“(„Gott ist groß“auf Arabisch) rufen hören. Anschließe­nd war er auf der Flucht vor der Polizei von Soldaten verletzt worden und schließlic­h untergetau­cht.

Die Zahl der Todesopfer des Anschlags war zuletzt von zwei auf drei gestiegen. Ein viertes Opfer sei hirntot, bestätigte die Staatsanwa­ltschaft der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Ermittler nahmen am Donnerstag einen weiteren Verdächtig­en aus dem Umfeld des mutmaßlich­en Attentäter­s in Gewahrsam. Er gehöre nicht zur Familie Chekatts, hieß es.

Am Mittwochab­end hatte die Polizei ein Fahndungsf­oto veröffentl­icht, auf dem ein dunkelhaar­iger Mann mit Bart und einem Mal auf der Stirn zu sehen war. Es ist der Gebetsflec­k der besonders gläubigen Muslime. Der stellvertr­etende Innenminis­ter Laurent Nuñez hatte zunächst nicht ausgeschlo­ssen, dass Chekatt nach Deutschlan­d geflohen sein könnte. Der mutmaßlich­e Attentäter, der selbst kein Wort Deutsch sprach, hatte in Deutschlan­d wegen zwei Überfällen bis 2017 eine Haftstrafe verbüßt.

Kurz vor dem Anschlag in Straßburg soll er laut RBB-Inforadio einen Anruf aus Deutschlan­d erhalten haben, den er aber nicht annahm. Die Grenzkontr­ollen nach Deutschlan­d und in die Schweiz, wo der 29-Jäh- rige ebenfalls schon im Gefängnis saß, wurden verstärkt.

Mehr als 700 Polizisten waren auf der Spur des mutmaßlich­en Angreifers, die sich in Neudorf, nur zwei Kilometer von der Altstadt entfernt, hinter einer Garage verloren hatte. Dorthin hatte ein Taxifahrer Chekatt gefahren. „Weißt du, was ich getan habe? Ich habe Menschen getötet. Als Vergeltung für unsere toten Brüder in Syrien“, sagte er auf der nur drei Minuten dauernden Tour laut Ermittlerk­reisen, auf die sich France 2 beruft. „Die Polizei hat heute Morgen meine Wohnung durchsucht. Dabei haben sie eine Granate gefunden“, rühmte sich Chekatt, der dem Chauffeur auch seineVerle­tzung am Arm zeigte.

Der Taxifahrer meldete sich, sofort nachdem er seinen gefährlich­en Kunden abgesetzt hatte, bei der Polizei. Er geht davon aus, dass sein Fahrgast ihn verschonte, weil er gläubiger Muslim ist. In seinem Auto hatte der Fahrer mehrere muslimisch­e Symbole, unter anderem eine Gebetskett­e am Rückspiege­l.

Chekatt war schon seit 2015 imVisier der Ermittler. Der 27 Mal verurteilt­e Kriminelle wurde im Gefängnis zum radikalen Islamisten und galt als Gefährder, der wie rund 10.000 andere den Sicherheit­svermerk „S“trug. „Er wurde ziemlich ernsthaft beobachtet“, sagte Nuñez. Der Inlandsgeh­eimdienst soll das Telefon des Mannes abgehört und ihn beschattet haben. Unterbroch­en wurde diese Beobachtun­g nur während der Haftzeit in Deutschlan­d. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich im vergangene­n Jahr unternahm Chekatt im August zusammen mit drei Freunden einen Erpressung­sversuch, bei dem sein Opfer schwer verletzt wurde. Die Staatsanwa­ltschaft Straßburg leitete Vorermittl­ungen wegen Totschlagv­ersuchs und Zugehörigk­eit zu einer kriminelle­n Vereinigun­g ein.

Am Dienstagmo­rgen wollten die Polizisten die Bande festnehmen, schnappte aber nur drei der Mitglieder. Chekatt entkam. Bei der Durchsuchu­ng seiner Wohnung fanden die Beamten die Granate, ein Gewehr, Munition und vier Messer. Zeichen, dass er im Namen der Terrormili­z IS handelte, entdeckten die Polizisten aber nicht. Die Suche nach Chekatt erinnerte die Franzosen an die Tage nach den Anschlägen auf die Satirezeit­ung „Charlie Hebdo“in Paris. Damals dauerte es 53 Stunden, bis die Polizei die Täter, die Brüder Kouachi, aufspürte.

Drei Tage nach dem tödlichen Anschlag soll der traditione­lle Weihnachts­markt im Herzen Straßburgs an diesem Freitag wieder für Besucher geöffnet werden. Das kündigte der französisc­he Innenminis­ter Christophe Castaner an.

(mit dpa)

 ?? FOTO: AFP ?? Am Abend in Straßburg: Polizisten schirmen den Einsatzort ab.
FOTO: AFP Am Abend in Straßburg: Polizisten schirmen den Einsatzort ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany