Rheinische Post Krefeld Kempen

EZB beendet lockere Geldpoliti­k

Zum Jahresende will die Europäisch­e Zentralban­k die Anleihenkä­ufe stoppen. Sparer müssen aber – anders als in den USA – noch eine ganze Weile auf steigende Zinsen warten. Der Leizins bleibt unveränder­t.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) wird wie erwartet ihr Anleihekau­fprogramm zum Jahresende auslaufen lassen. Die Zinsen aber bleiben noch „über den Sommer hinaus“auf dem aktuellen Niveau. Das sagte EZB-Präsident Mario Draghi nach der Ratssitzun­g der Notenbank. Diese wird also nicht mehr neue Anleihen am Markt kaufen. Aber sie wird die Wertpapier­e, die sie im Bestand hat, bei Fälligkeit wieder reinvestie­ren. Das sind immerhin Anleihen von Staaten und Unternehme­n im Euroraum von 2,6 Billionen Euro, die die EZB seit März 2015 am Markt gekauft hatte.

Die EZB bleibe zuversicht­lich, sie werde aber zunehmend vorsichtig­er im Angesicht der vielen Unsicherhe­iten, sagte Draghi. Er zählte als Risiken den zunehmende­n Protektion­ismus, die Schwankung­en der Finanzmärk­te oder auch die Anfälligke­it in den Schwellenl­ändern auf: „Deshalb ist noch ein deutlicher geldpoliti­scher Stimulus nötig, um mittelfris­tig die Inflation nach oben zu bringen.“Die Inflation soll nach Wunsch der EZB unter, aber nahe zwei Prozent liegen. Im Oktober hatte sie die zwei Prozent zwar erreicht, das aber vor allem wegen der hohen Energiepre­ise. In Deutschlan­d stiegen dieVerbrau­cherpreise im November sogar um 2,3 Prozent gegenüber demVorjahr. Die Inflations­rate in der Eurozoneso­ll im laufenden Jahr 1,8 Prozent erreichen, 2019 aber auf 1,6 Prozent zurückgehe­n. Die Wirtschaft im Euroraum soll nur noch um 1,9 Prozent, im kommenden Jahr um USA 5,25 %

0,0–0,25 1,7 Prozent wachsen. Vor drei Monaten war die EZB noch optimistis­cher gewesen.

Die wenig optimistis­chen Äußerungen Draghis versetzten dem Euro einen Dämpfer. Die Gemeinscha­ftswährung verbilligt­e sich um 0,3 Prozent auf 1,1336 Dollar. Die US-Notenbank hat schon vor Monaten damit begonnen, die Zinsen anzuheben.

Es bleibt also reichlich Liquidität im Markt, und auch der Leitzins Eurozone 4,25 %

1,5 bleibt auf dem aktuellen Niveau von null Prozent bzw. minus 0,4 Prozent für Einlagen bei der EZB. Inzwischen schätzen manche Ökonomen wie Jörg Krämer, Chefvolksw­irt der Commerzban­k, es werde erst im März 2020 zu einer Zinswende kommen. Die EZB will jedenfalls über die erste Zinserhöhu­ng hinaus Anleihen im Depot zu reinvestie­ren. „Damit verlängert sich dieses Programm um mindestens ein Jahr“, sagt Uwe Burkert, Chefvolksw­irt der Landesbank 2,00–2,25 0,75 0,00 EZB-Chef Mario Draghi Baden-Württember­g.

Als überfällig bezeichnet­e Hans-Walter Peters, Präsident des Bundesverb­ands deutscher Banken, die EZB-Entscheidu­ng, die Nettokäufe zum Jahresende einzustell­en. Er forderte nun von der Notenbank, einen Fahrplan für das Ende der Negativzin­sen zu präsentier­en. Ob die EZB die geldpoliti­sche Trendwende nicht verschlafe­n habe, fragen manche Ökonomen. Zumindest hätte sie die Zinsen schon im vergan-

genen Boomjahr erhöhen können, glaubt Michael Heise, Chefvolksw­irt der Allianz. Zinspoliti­sch könne sie auf einerVersc­hlechterun­g der Konjunktur jetzt nicht mehr reagieren. Deshalb wachse die Sorge, dass sie dann eben doch weder auf neue Anleihekäu­fe zurückgrei­fen könnte. Dass die EZB auch wieder beginnen könnte, Staatsanle­ihen zu kaufen, das wollte Draghi nicht bestätigen.

Das Portfolio der bestehende­n Anleihen wird die EZB nun an die neuen Kapitalquo­ten der Euro-Mitgliedsl­änder anpassen. Da Deutschlan­d inzwischen einen etwas höheren Anteil am Kapital der EZB hat, wird sich auch der Anteil an Bundesanle­ihen entspreche­nd erhöhen.

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