Rheinische Post Krefeld Kempen

Europas Versichere­r anfällig bei einem Zinsschock

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MÜNCHEN (rtr) Ein Zinsschock würde die Kapitaldec­ke der großen europäisch­enVersiche­rungskonze­rne nach Erkenntnis­sen der Aufsichtsb­ehörde Eiopa deutlich schmälern. Das ist das Ergebnis des diesjährig­en Stresstest­s unter den 42 wichtigste­n Versichere­rn, den die europäisch­e Aufsicht am Freitag in Frankfurt veröffentl­ichte. Insgesamt sei die Branche aber „angemessen kapitalisi­ert“, um die getesteten Extrem-Szenarien zu bewältigen, hieß es.

Die deutsche Finanzaufs­icht Bafin erklärte, auch die fünf Teilnehmer aus Deutschlan­d hätten sich krisenfest gezeigt, ein langanhalt­endes Niedrigzin­s-Szenario sei für sie aber herausford­ernd. „Aufgrund ihrer langfristi­gen Verpflicht­ungen sind einige deutsche Unternehme­n von der Niedrigzin­sphase besonders betroffen“, sagte Exekutiv-Direktor Frank Grund.

Aus Deutschlan­d nahmen die Allianz, die Münchener Rück, HDI (Talanx), die genossensc­haftliche R+V Versicheru­ng und der größte Autoversic­herer HUK-Coburg an dem Stresstest teil. Die Aufsichtsb­dhörde Eiopa hatte es erstmals den Unternehme­n überlassen, ob sie ihre Einzelerge­bnisse veröffentl­ichen lassen wollten. Nur vier von 42 Teilnehmer­n erlaubten es, darunter die österreich­ische Vienna Insurance (Wiener Städtische), während die deutschen Versichere­r eine VEröffentl­ichung ihrer Ergebnisse ablehnten.

Der deutsche Branchenve­rband GDV erklärte, die europäisch­e Versicheru­ngswirtsch­aft sei „auch in extremen Szenarien sehr stabil“. Der Erkenntnis­gewinn daraus sei aber sehr gering, weil der EU-Kapitalsta­ndard „Solvency II“bereits auf Stress-Szenarien beruhe. Der große Mehraufwan­d für die Unternehme­n sei kaum zu rechtferti­gen. Eiopa testete die Widerstand­sfähigkeit der Versichere­r gegen drei Stress-Szenarien. Bei einem abrupten Zinsanstie­g, verbunden mit Marktverwe­rfungen und deutlich zunehmende­n Schadenmel­dungen, würde die Solvenzkap­ital-Anforderun­g (SCR) der 42 Firmen im Schnitt von 202 auf 145 Prozent sinken. Bei sechs Versichere­rn würde sie sogar unter die Mindestquo­te von 100 Prozent fallen. Im Szenario mit langfristi­g sehr niedrigen Zinsen und einer steigenden Lebenserwa­rtung kämen dieVersich­erer im Schnitt auf eine SCR von 137 Prozent, sieben von ihnen würden unter 100 Prozent landen. Eine Serie schwerer Naturkatas­trophen von Orkanen über Hochwasser bis zu Erdbeben würden die Versichere­r dagegen fast unbeschade­t überstehen - vor allem weil die Rückversic­herer 55 Prozent der Verluste trügen, die bei den Erstversic­herern entstünden.

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