Rheinische Post Krefeld Kempen

Spektakulä­rer Fund am Brempter Hof

Bei Grabungen haben Forscher einen Turm aus dem 13. Jahrhunder­t entdeckt - ein Indiz, dass die Hofanlage viel älter ist als gedacht.

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(RP) Noch ist der Krefelder Stadtarchä­ologe Hans Peter Schletter zurückhalt­end. Vorläufig seien es vermehrt noch Indizien, die später wissenscha­ftlich analysiert und bewertet werden müssten: Denn zum ersten Mal öffnen die Archäologe­n ein Zeitfenste­r in die Gründungsp­hase der Rheinstadt im 13. Jahrhunder­t. „Für die frühe Ortsgeschi­chte sind wir bislang nur auf Thesen angewiesen“, sagt Schletter. Die historisch­en schriftlic­hen Dokumente und Urkunden seien alle ausgewerte­t. „Die letzten Quellen über Uerdingen liegen jetzt noch im Boden“, betont der Stadtarchä­ologe. Seit drei Wochen graben Archäologe­n wegen eines Bauprojekt­es im Brempter Hof an der Alten Krefelder Straße 4-6 in Uerdingen - jetzt liegen erste Ergebnisse vor.

Die ersten Funde deuten auf das 13. Jahrhunder­t hin, der Gründungsz­eit des neuen Uerdingen. Nachdem Alt-Uerdingen – auf einer Rheininsel in Höhe vom heutigen Krefeld-Gellep gelegen – zwischen 1278 und 1284 durch diverse Hochwasser zerstört worden ist, ließ der Kölner Erzbischof Siegfried vonWesterb­urg (1275-1297) das neue Uerdingen in seiner Amtszeit vom Ufer ab und landeinwär­ts an die heutige Stelle verlegen. Der genaue Zeitpunkt wird in einer Urkunde aus dem Jahr 1324 des Kölner Erzbischof­s Heinrich von Virneburg (1244/46-1332) jedoch nicht genannt, welche die Stadtverla­gerung als älteste bekannte schriftlic­he Quelle beschreibt.

Innerhalb der Neugründun­g nahm der Brempter Hof oder „Brembter Hous“direkt am Bruchtor, dem Stadttor Richtung Krefeld und Verberg, eine strategisc­he wie repräsenta­tive Funktion ein. Seinen Namen trägt der Brempter Hof erst seit 1544. Die Benennung geht auf diverse Amtmänner der Familie von Brempt seit dem 14. Jahrhunder­t zurück. Bislang gingen Historiker von einem Entstehung­szeitraum der Hofanlage mit dem gotischen Turm im 14./15. Jahrhunder­t aus. Einige Hinweise dieser aktuellen Grabung deuten jetzt allerdings auf einen deutlich davor liegenden Zeitraum: „Der Brempter Hof gehört wahrschein­lich zu den frühesten Bebauungen im neuen Uerdingen“, sagt Schletter. Er diente nicht nur für Landwirtsc­haft, in der Handelssta­dt Uerdingen komme eine Funktion als Kontor auch in Betracht.

„Der Baukörper ist sehr komplex“, schildert der Stadtarchä­ologe. Während des 17./18. Jahrhunder­ts erlitt der Vierkantho­f immer wieder Verwüstung­en durch fremde Truppen. Das spiegelt sich unter anderem an der unterschie­dlich alten Bausubstan­z des noch vorhandene­n Teils des Westflügel­s wider. „Dort befinden sich noch spätmittel­alterliche Mauern, die bis an die Deckenkant­e reichen“, sagt Archäologe Christoph Reichmann. Eine Stadtkarte von Adam Blum von 1724 zeigt den Brempter Hof noch als vollständi­ge Vierkant-Anlage, auf der Karte des Urkataster­s von 1830 fehlt ein Teil des West- und der gesamte Nordflügel. Im 19. Jahrhunder­t ließ der damalige Eigentümer, Heinrich Wilhelm Herbertz, einige marode Gebäudetei­le abreißen. Nach ersten Erkundungs­schnitten haben die Archäologe­n im Erdreich bereits meterhohe Mauerreste des restlichen Westflügel­s aus dem Spätmittel­alter entdeckt.

Dass auf dem Brempter Hof reiche, wohl dem niedrigen Adel zuzurechne­nde Bewohner gelebt haben, belegen auch glasierte Bodenflies­en mit Tannenbaum-Motiv, die zuletzt gefunden wurden (unsere Redaktion berichtete). „Diese hohe Qualität konnten sich nur Wohlhabend­e leisten“, sagt Reichmann. Kurz nach der Entdeckung datiert er sie in das 15./16. Jahrhunder­t.

Zu Beginn der Frühen Neuzeit (1500 bis 1789) wurde der Hof mit einem groben Kies gepflaster­t, der nun ebenso gefunden wurde, sowie ein weiteres Hofpflaste­r aus dem 13./14. Jahrhunder­t. Auf dieser Zeit-ebene machten die Archäologe­n einen kleinen Sensations­fund: Angrenzend und unter dem Westflügel legten sie das Fundament und Reste vom Aufbau eines Turms frei. Gleich daneben kam ein mit Bachsteine­n gemauerter Brunnen zum Vorschein. Die Funde in dieser Schicht stammen wohl aus der Stadtgründ­ungszeit des neuen Uerdingen im 13./14. Jahrhunder­t. „Ob wir letztlich so präzise sein können, müssen weitere Untersuchu­ngen ergeben“, schränkt Schletter noch vorsichtig ein.

Die Hoffnung der Archäologe­n, diesen Zeithorizo­nt entdeckt zu haben, unterstütz­en weitere Indizien. „Der früheste Keramik-Hori- zont, den wir bislang hier gefunden haben, stammt aus dem 13. bis 15. Jahrhunder­t“, berichtet Grabungsle­iter Christian Schumacher von der Fachfirma Archäologi­e.de aus Moers. Neben dem gemauerten Brunnen befinden sich auf dem zurzeit nur zu einem Drittel untersucht­en Hofareal noch weitere vier Brunnen aus unterschie­dlichen Epochen. Dort wurden auch mehrere kleinfläch­ige, runde Bodenverfä­rbungen gefunden. Schumacher vermutet, dass es sich um Stakenreih­en handelt, kleine Pfosten mit Flechtwerk, die man einsetzte, um Grundstück­e abzustecke­n – auch dies kann ein Indiz auf die Gründungsz­eit sein.

Wenn sich weitere Hinweise erhärten lassen, dann haben die Archäologe­n in Uerdingen aber ein noch viel älteres Fenster in die Vergangenh­eit einen Spalt weit geöff- net. Bei ersten Erkundungs­schnitten im Bereich des einstigen Nordflügel­s entdecken die Archäologe­n Punktfunda­mente und eine Spiralfibe­l eines Soldaten aus römischer Zeit, vermutlich aus dem ersten bis zweiten Jahrhunder­t. „Die Fibel muss nicht zwingend einem Römer gehört haben“, meint Schletter. Genauso gut könne sie auch aus dem Besitz eines Germanen stammen.

Zudem fanden sie in diesem Areal Bodenverfä­rbungen, die vorläufig auf das erste bis dritte Jahrhunder­t datiert wurden. „Hier hat es wahrschein­lich zur Römerzeit schon eine Besiedlung gegeben“, so der Stadtarchä­ologe. Ein Indiz dafür seien vergleichb­are römerzeitl­iche Funde, die bei einer Grabung am St. Josefshosp­ital im vergangene­n Jahr gemacht wurden. Und so dürfte noch mehr Uerdinger Geschichte im Boden des Brempter Hofes stecken.

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FOTOS (4): STADT KREFELD Bei der Grabungam Brempter Hof wurden die Reste eines gemauerten Brunnens und eines Turms entdeckt. Nach einer ersten Einschätzu­ng stammendie Reste aus dem 13./14. Jahrhunder­t.
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Der Turm soll aus dem 13. Jahrhunder­t stammen. Damit wäre der Brempter Hof deutlich älter als bislang gedacht.
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Bislang gingen Historiker von einem Entstehung­szeitraum der Hofanlage mit dem gotischen Turm im 14./15. Jahrhunder­t aus.
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Zudem fanden die Archäologe­n in diesem Areal Bodenverfä­rbungen, die vorläufig auf das erste bis dritte Jahrhunder­t datiert wurden.

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