Rheinische Post Krefeld Kempen

Torfabrik gegen Torfabrik

23 Tore fielen in den vergangene­n vier Spielen von Borussia Mönchengla­dbach in Sinsheim. Ein Spiel, das auch am Samstag (15.30 Uhr) großes Spektakel verspricht. Das hat auch mit der DNA beider Teams zu tun.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Es sind nur drei Buchstaben, doch deren Bedeutung ist groß: DNA. Das definiert, das ist Gesetz, das ist auch ein Verspreche­n. Max Eberl, Manager von Borussia Mönchengla­dbach, benutzt die drei Buchstaben gern, um seinen Ansatz für den Fußballklu­b zu beschreibe­n: Borussia steht für Tore und Leidenscha­ft, für schönen, mutigen Fußball. Hennes Weisweiler, der Erfinder der legendären Fohlenelf und Meistermac­her am Niederrhei­n, hat es so formuliert: „Ein 4:3 ist mir lieber als ein 1:0.“Daran wird in Mönchengla­dbach bis heute der Fußball gemessen.

Deswegen gab es in der vergangene­n Saison Missstimmu­ng in Mönchengla­dbach. Vielen Fans ging es weniger um den neunten Tabellenpl­atz, der am Ende herauskam, sondern darum, das wurde bei der Mitglieder­versammlun­g deutlich, um die Art und Weise, wie die Borussen spielten: zu oft quer statt steil, vorsichtig statt mutig, so gar nicht „fohlenhaft“. Trainer Dieter Hecking hat nun umgestellt, hat den Mut ins Spiel zurückgebr­acht mit seinem offensiven 4-3-3-System, das er auch gegen Top-Klubs nicht aufgibt. Nach Borussia Dortmund ist Gladbach mit 33 Treffern die treffsiche­rste Mannschaft, insgesamt fielen 49 Tore in den 14 Bundesliga­spielen der Mönchengla­dbacher (Schnitt 3,5).

Die DNA von 1899 Hoffenheim ist ähnlich. Sie wurde durch Ralf Rangnick definiert, der den Klub 2008 mit atemberaub­endem Offensivfu­ßball – mit Spielern wie Vedad Ibisevic, Demba Ba oder Carlos Eduardo – in die Bundesliga führte. Rangnick ist bekennende­r Fan des Fohlenfußb­alls der 1970er Jahre, also hat auch seine Grundidee von 1899 Hoffenheim weisweiler­sche Wurzeln. Trainer Julian Nagelsmann setzt diese in der Gegenwart fort. 30 Tore erzielte seine Mannschaft in 14 Spielen, insgesamt gab es in den Partien mit Hoffenheim-Beteiligun­g 51 Tore. Das sind im Schnitt 3,6. Wie in Gladbach stehen die Namen der Herren aus der Abteilung Attacke für Produktivi­tät: Hier sind es Alassane Plea, Thorgan Hazard, Lars Stindl oder Raffael, dort Andrej Kramaric, Joelinton, Ishak Belfodil oder Reiss Nelson.

Am Samstag (15.30 Uhr) treffen sich die beiden Torfabrike­n. Seit 2014 gab es in allen Duellen dieser Klubs 39 Tore, vor allem bei den Spielen in der Sinsheimer Arena war das Spektakel Standard. 4:1, 3:3, 3:5 und 3:1 lauteten die Resultate aus Gladbacher Sicht. 23 Tore in vier Spielen, das sind fast sechs pro Spiel. Weisweiler, der Anfang Dezember 99 Jahre alt geworden wäre, hätte seine Freude an dieser filmreifen Geschichte, die vielmehr pure Hollywood-Action als französisc­he Nouvelle Vague ist. Dass sei- ne Borussia in dieser Saison ganz in seinem ästhetisch­en Sinne auch noch erfolgreic­h ist, würde Weisweiler zudem gefallen. Was Eberl heute als Borussias DNA verkauft, ist Weisweiler­s Erbe.

Dieter Hecking, der 1983 Fußballpro­fi bei Borussia wurde, hat das als Spieler eingeimpft bekommen. Er war selbst Stürmer, sein Trainer war damals der Mann, der in Weisweiler­s Borussia zum torhungrig­sten Borussen aller Zeiten wurde: Jupp Heynckes (220 Treffer für Gladbach). Demnach gefällt auch Hecking die Art und Weise, wie es sein Team auf den zweiten Tabellenpl­atz geschafft hat. Doch er weiß: Die B-Note ist bei Klubs wie Borussia wichtig, letztlich ist es aber die A-Note, an der Erfolg gemessen wird.

Hecking bevorzugt das Spektakel. Als ständige Verpflicht­ung sieht er es nicht: „Ich erwarte ein Fußballspi­el, das spielerisc­h sicher zu den besseren in der Bundesliga zählen wird. In der Vergangenh­eit sind zwischen beiden Teams immer viele Tore gefallen. Deshalb muss es aber nicht zwangsläuf­ig erneut ein Offensivfe­uerwerk werden“, sagte Hecking. „Ich wäre mit einem 1:0 für uns vollkommen zufrieden.“Wenn es dann aber doch ein 4:3 wäre, wäre es auch für Hecking umso schöner. Wobei sein Kollege Nagelsmann ganz ähnlich denken wird. DNA verpflicht­et eben. Hoffenheim gegen Gladbach ist daher ein Spiel mit hoher Spektakel-Wahrschein­lichkeit.

 ?? FOTO: DPA ?? Im Oktober 2017 bringt Kerem Demirbay die TSG in Führung. Am Ende gewinnt aber Gladbach 3:1 – Vincenzo Grifo (r.), heute Hoffenheim­er, traf auch.
FOTO: DPA Im Oktober 2017 bringt Kerem Demirbay die TSG in Führung. Am Ende gewinnt aber Gladbach 3:1 – Vincenzo Grifo (r.), heute Hoffenheim­er, traf auch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany