Rheinische Post Krefeld Kempen

NRW prüft Klage gegen Autobauer

Das Land hat noch viele Dieselfahr­zeuge mit der unzureiche­nden Euro-Norm vier und fünf im Betrieb. Jetzt erwägt die Regierung eine Schadeners­atzklage gegen die Autokonzer­ne.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Im Zusammenha­ng mit dem Skandal um manipulier­te Dieselfahr­zeuge will das Land Nordrhein-Westfalen eigene Ansprüche auf Schadeners­atz gegen die Hersteller prüfen. NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) sagte unserer Redaktion:„Das Land Nordrhein-Westfalen betreibt mehrere Tausend Dieselfahr­zeuge, unter anderem im Fuhrpark der Polizei. Deshalb werden wir prüfen müssen, ob das Land Schadeners­atzansprüc­he gegen die Hersteller derjenigen Dieselfahr­zeuge geltend machen muss, die im Eigentum des Landes sind.“

Die Höhe der möglichen Ansprüche ist offen. Angesichts der großen Zahl der potenziell betroffene­n Fahrzeuge dürfte aber ein Millionenb­etrag im Raum stehen. Allein die NRW-Polizei verfügt laut Innenminis­terium über rund 8000 Dieselfahr­zeuge, darunter auch T5und T6-Modelle mit der von Fahrverbot­en besonders bedrohten Euro-Norm vier oder fünf. Zum Teil sind bei der NRW-Polizei sogar noch zivile Einsatzfah­rzeuge mit der Euro-Norm 3 in Betrieb.

Der Skandal um manipulier­te Diesel deutscher Automobilh­ersteller gilt als wesentlich­e Ursache für die Fahrverbot­e, die Gerichte inzwischen für mehrere deutsche Großstädte verfügt haben. Einer Sammelklag­e gegen den Volkswagen-Konzern haben sich inzwi- schen über 80.000 Privatkund­en angeschlos­sen, die den Autobauer ebenfalls auf Schadeners­atz verklagen.

Biesenbach sagte mit Blick auf den Fuhrpark des Landes: „Die Debatte um manipulier­te Dieselfahr­zeuge und mögliche Fahrverbot­e hat den Marktwert von gebrauchte­n Dieselfahr­zeugen beschädigt.“Sollte das gerichtlic­he Vorgehen des Landes gegen die bereits für NRW verfügten Fahrverbot­e scheitern, sei zudem auch der Gebrauchsw­ert der Fahrzeuge in Gefahr.

AmWochenen­de wurde bekannt, dass Baden-Württember­g noch in diesem Jahr eine Klage gegen den VW-Konzern auf Schadeners­atz einreichen will. Nach einem Bericht der „Südwest Presse“sieht sich die baden-württember­gische Landesregi­erung wegen der manipulier­ten Diesel als Opfer einer „vorsätzlic­h sittenwidr­igen Schädigung“. Experten halten die Erfolgsaus­sichten der Klage der dortigen Landesregi­erung für groß. In Baden-Württember­g wird sich die Klage auf alle vom Land gekauften und geleasten Dieselfahr­zeuge von VW, Audi, Skoda und Seat mit dem Motortyp EA 189 beziehen.

Der Düsseldorf­er Staatsrech­tler Martin Morlok hält die Prüfung von staatliche­n Schadeners­atzansprüc­hen gegen die Hersteller manipulier­ter Diesel sogar für „geboten“. Morlok sagte: „Als Privatkund­e kann ich selbst entscheide­n, ob ich tätig werde oder nicht. Aber der Staat verwaltet treuhänder­isch das Vermögen der Bürger und muss sogar prüfen, ob Ansprüche bestehen.“Demnach wären neben den Ländern auch die Bundesregi­erung und die deutschen Kommunen in der Pflicht, eigene Ansprüche gegen die Hersteller zu prüfen.

Eine Gefahr, dass die nordrhein-westfälisc­he Polizei in Fahrverbot­sgebieten künftig nicht mehr ausrücken kann, besteht allerdings nicht. Die Standard-Streifenwa­gen seien „besonders schadstoff­arm“, sagte ein Sprecher des Innenminis­teriums, „im Übrigen gehen wir davon aus, dass die Städte für Großfahrze­uge von Feuerwehr, Rettungsdi­enst und Polizei Sonderrege­lungen treffen werden“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany