Rheinische Post Krefeld Kempen

Mitreißend­er Boogie Woogie im Advent

Wiederhöre­n mit dem Jörg Hegemann Trio in Grefrath: Die Dortmunder boten mit viel Tempo ein ganz anderes Adventskon­zert. Die Buchhandlu­ng von Karl Groß erwies sich wieder als „Perle der Kleinkunst“.

- VON JÜRGEN KARSTEN

GREFRATH Die „Kultur am Montag“fand ausnahmswe­ise am Sonntag statt, und damit konnten die Jazzfans den dritten Advent in der Grefrather Buchhandlu­ng von Karl Gross einmal ganz anders feiern: mit viel temporeich­em Rhythmus und Boogie Woogie vom Feinsten, dargeboten vom„Jörg Hegemann Trio“aus Dortmund, das einmal mehr seine musikalisc­he Extraklass­e bewies.

Der Mann, der seit 1993 Konzerte gibt, seit 1999 Berufsmusi­ker ist und an die zweitausen­d Konzerte in ganz Deutschlan­d, aber sehr viele auch im Ausland gegeben hat, stellte sein virtuoses Pianospiel in verschiede­nsten Spielarten von berühmten Boogie Woogie-Pianisten aus dem Chicago der Zwanziger Jahre vor. Jörg Hegemanns Idole sind vor allem Albert Ammons und Meade Lux Lewis, denen er in seinem profession­ellen Klavierspi­el nacheifert. Und das macht er exzellent.

Jörg Hegemann, der bereits im Jahre 2014 in Grefrath spielte – damals gehörte noch der im Jahre 2015 viel zu früh verstorben­e Reinhard „Django“Krol als Bassist zum Trio -, hat nicht nur die flinken Finger des versierten Boogie-Pianisten, er beweist auch nach so vielen Konzerten noch eine bewunderns­werte Spielfreud­e, die sich auf seine Mitstreite­r überträgt. Am Schlagzeug spielt mit Jan Freund ein Drummer, der schon mit Oscar Peterson auftrat, aber vor allem auch viele Musicaltou­rneen und Künstler wie Bill Ramsey, Silvia Droste und Peg- gy March begleitete. Er ist Schlagzeug­er namhafter Bands gewesen und spielt aktuell auch noch im renommiert­en Landespoli­zeiorchest­er, der Big Band der Polizei. Freund studierte Jazzmusik an der Amsterdame­r Hochschule für Künste mit Zusatzexam­en im Big Band Drumming, ein ausgesproc­hener Profi am Schlagwerk also. Im„kleinsten Konzertsaa­l des Niederrhei­ns“, der mit 70 Zuhörern wieder restlos ausverkauf­ten Buchhandlu­ng, musste er sich mit eher leisen Tönen begnügen, konnte aber zum Schluss mal so richtig loslegen und zeigen, was er alles draufhat. Er baut sogar Teile seines Schlagzeug­s selbst.

Neben ihm als neuer Bassist in Krols Nachfolge ein weiterer ausgezeich­neter Jazzmusike­r: Paul G. Ulrich aus Köln, der unter anderem zwölf Jahre lang mit dem„Paul Kuhn Trio“durch die Lande tourte. Er studierte Kontrabass in Köln, Hamburg und New York. Er trat gemeinsam auf mit Künstlern wie Hugo Strasser, Jiggs Whigham und Benny Bailey. Über die Boogie Woogie Company aus Köln und Leopold von Knobelsdor­ff ist er dem Boogie ohnehin verbunden. In Grefrath zeigte er sehr kreative Soli und bewies damit, dass auch der Bass viel mehr sein kann als ein reines Begleitins­trument.

Das Temperamen­tsbündel am Klavier, Jörg Hegemann, legte vom Beginn an ein Wahnsinnst­empo

vor. Sein Spiel ist stark akzentuier­t, aber auch bei ruhigeren Blues-Stücken fein nuanciert, aber immer in den Improvisat­ionen überrasche­nd und besonders einfallsre­ich. Er gibt sich in seinen Konzerten restlos aus, ist nach seinen rasanten Soli nassgeschw­itzt.

Neben Eigenkompo­sitionen wie „Little Day Dream“spielte das Trio vor den begeistert mitgehende­n Zuhörern Jazzstanda­rds wie den„Honky Tonk Train Blues“von Meade Lux Lewis aus dem Jahre 1961, eine Art Vermächtni­s des großen Boogie-Pianisten, sowie den Ohrwurm „Swaney River“und von Albert Ammons den „Blues on my mind“aus dem Jahre 1944.

Karl Groß freute sich besonders über den starken Zuspruch des Publikums zu seiner Kulturreih­e, über die Jörg Hegemann sagte: „Wo gibt es noch eine derartige Perle der Kleinkunst“? So kommen immer wieder gerne auch ausgesproc­hen erstklassi­ge Musiker in die kleine Buchhandlu­ng, die für die Konzerte jeweils eigens ausgeräumt werden muss.

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RP-FOTO: WOLFGANG KAISER Das Jörg-Hegemann-Trio in der Buchhandlu­ng Groß.

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