Rheinische Post Krefeld Kempen
Kunst in einer Welt der Schnappschüsse
In der Städtischen Galerie in Viersen ist jetzt die Ausstellung „Belichtungen“eröffnet worden. Künstler mit verschiedenen Ansätzen eröffnen neue Sichtweisen auf die Fotografie und regen zum Nachdenken an.
Wir leben in einer Welt voller Bilder. Jeder fotografiert alles. Auf dieseWeise wird jeder zum Experten. Die Fotografien der Kunstschaffenden unterscheiden sich allerdings wesentlich vom täglichen Schnappschuss.
In der Städtischen Galerie in Viersen ist jetzt eine den Blick verändernde Fotografie-Ausstellung eröffnet worden. Unter dem Titel „Belichtungen“zeigen Viktoria Binschtok, Yvon Chabrowski – in einer Arbeit mit Nicolás Rupcich, in der der Galeriebesucher rätselhafter Teil der Installation wird –, Sven Johne, Barbara Probst, Julian Röder und Adrian Sauer Beispiele ihres Schaffens. Was die sehr unterschiedlichen Ansätze eint, ist das prinzipielle Nachdenken der Künstler über das Medium Fotografie.
Anders als ein Bild erschließen sich die Betrachter eine Fotografie fast immer über den Inhalt. Dem arbeitet Viktoria Binschtok (geboren 1972 in Moskau) entgegen: Sie überlässt es einem Algorithmus, ein von ihr fotografiertes Bild nach Form und Farbe zu analysieren und Ähnliches zu finden. So entstehen die „Cluster“, in denen ein Schmetterling mit dem Foto eines Soldaten in einer Grube in eine rätselhafte und beklemmende Nähe rückt.
Wolkenbilder sind die Highlights in der Kunstgeschichte und entsprechend mit Bedeutung aufgeladen. Der 1976 in Berlin geborene Adrian Sauer spielt genau damit. Er zeigt Wolkenpaare, die sich nur dadurch unterscheiden, dass sie hell und dunkel umkehren. Eine Assoziation an die analoge Fotografie mit ihren Negativen, in denen das Dunkle hell erschien und umgekehrt. Aber heute ist ein Foto nur eine Kombination von Nullen und Einsen. Aufgestellte Winkelspiegel entmaterialisieren die Wolken vollends.
Julian Röder (geboren 1981 in Erfurt) enttarnt in seiner Installation den Fortschrittsglauben des 19. Jahrhunderts und verbindet ihn mit der Moderne. Ein Radiograph nimmt die Gedanken auf – Ergebnis sind wunderschöne Farbkompositionen – die Anleitung für den Radiografen gibt es dazu.
Nicht nur auf den ersten Blick verwirrend sind die Fotografien von m f; - n
Barbara Probst, sie wurde 1984 in München geboren. Zwei oder drei Bilder sind nebeneinander präsentiert und gehören zusammen, ohne dass das für den Betrachter sofort ersichtlich wird. Barbara Probst zerlegt den Mythos des „richtigen Moments“in der Fotografie in mehrere Einzelfotos, die gleichzeitig aufge- liner Regierung. Eintrittskarten sind unter www.nettetheater.de für je 19 Euro erhältlich, Schüler, Studenten, Azubis, Sozialleistungsempfänger und Bufdis zahlen zwölf Euro.
nommen werden, aber unter unterschiedlichen Blickwinkeln.
Yvon Chabrowski bearbeitet gefundenes Bildmaterial. In der Serie „Sea Pieces I-IV“aus dem Jahr 2015 erkennt der Betrachter das Meer. Mal eine Spur, mal ein Wogen. Dass etwas fehlt, ist offenkundig: Chabrowski hat Flüchtlingsschiffe heraus re- r -
, - n ar nei- tuschiert. Das Fehlen unterstreicht dramatisch ihre Anwesenheit.
Sven Johne (1976 auf Rügen) nennt seine Arbeit „Anomalien des frühen 21. Jahrhunderts“. Zu sehen sind gefundene Porträts in Kombination mit gesellschaftlichen Lebensentwürfen.
Kuratiert wird die Fotolunst-Ausstellung von der in Berlin lebenden Kunsthistorikerin Maren Lübbke-Tidow. Die Präsentation entstand in Zusammenarbeit mit dem„Art’Us Collector’s Collective“, einem Zusammenschluss privater Sammler, die Werke aus ihrer Sammlung einem breiteren Publikum zugänglich machen möchten.
Die Sammler bleiben namentlich unerwähnt.
Sigrid Blomen-Radermacher