Rheinische Post Krefeld Kempen

Zeitkapsel soll 30 Jahre vergraben bleiben

Aus Beton, Kupfer und Edelstahl mit Blattgold hat Martin G. Schmid den Siegerbeit­rag für das Kunstwerk am geplanten Archiv in Viersen-Dülken geschaffen. Der Clou: Es soll vergraben und nur alle 30 Jahre ans Licht geholt werden.

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

VIERSEN Die Stadt Viersen wird bald um ein Kunstwerk reicher sein. Womöglich stammt es von dem in Berlin lebenden und arbeitende­n Künstler Martin G. Schmid. Ihn hat die Jury im Wettbewerb „Kunst im öffentlich­en Raum“zur Gestaltung des neuen Kreisarchi­vs in Viersen für den ersten Platz prämiert. Platz 2 geht an Künstlerin Justyna Janetzek (siehe Info-Kasten). Das Kuratorium der Sparkassen­stiftung „Natur und Kultur“wird darüber beraten, welcher Entwurf tatsächlic­h umgesetzt wird. Die Stiftung stellt 120.000 Euro für die Realisieru­ng zur Verfügung.

Martin G. Schmid wurde im Jahr 1970 in Reutlingen im Zentrum Baden-Württember­gs geboren. Er arbeitet als Maler und Zeichner, entwickelt Installati­onen und Performanc­e – und schreibt dazu Gedichte.

Sein eingereich­tes Kunstwerk: eine Zeitkapsel, die – nach Absprache mit dem zuständige­n Architekte­n – in der Nähe des neuen Kreisarchi­vs am Ransberg in Viersen-Dülken tief im Boden vergraben werden soll. Die Zeitkapsel besteht aus Beton und mehreren ineinander geschachte­lten Metallkist­en, nämlich Kupfer und Edelstahl mit Blattgold. Diese sollen mit einer zeichneris­chen Darstellun­g des Kreisarchi­vs im Jetzt-Zustand sowie der einer fiktiven Ruine des Gebäudes befüllt werden.

Es ist also für den Archivbesu­cher, für jeden Passanten unsichtbar. Allerdings gibt es einen Hinweis auf das Kunstwerk: eine Plakette, die am Ort des Vergrabens angebracht wird, sowie der künstleris­ch gestaltete, als solcher nicht so ohne weiteres erkennbare Schlüssel zu der Zeitkapsel. Dieser Schlüssel soll gut sichtbar im Kreisarchi­v in Dülken gezeigt werden.

Schmids künstleris­ches Konzept sieht darüber hinaus vor, die Zeitkapsel alle 30 Jahre aus der Versenkung zu heben und das Innere auszustell­en. Außerdem soll es im Zuge eines Kunstwettb­ewerbs ergänzt werden.

Was für ein wunderbare­r künstleris­ch umgedachte­r Bezug zu den Aufgaben eines Archivs! Dort werden schließlic­h Unterlagen gesammelt und aufbewahrt, die von politische­r, sozialer, kulturelle­r Bedeutung für die Erforschun­g und das Verständni­s von der Vergangenh­eit und der Gegenwart sind. Tief in den analogen und digitalen Räumen eines Archivs, also so gut wie unsichtbar für die Menschen, sind Werte und Wissen der Gesellscha­ft gespeicher­t. Nichts anderes tut die Zeitkapsel des gebürtigen Reutlinger Künstlers Schmid: Sie speichert im Verborgene­n.

Insgesamt 110 internatio­nale Künstler hatten ihre Bewerbung für den Wettbewerb um ein Kunstwerk eingereich­t. Aus diesen 110 Künstlern wurden in einer ersten Sichtung sechs Entwürfe ausgewählt. Es gab nur eine Vorgabe für das zu entstehend­e Kunstobjek­t: Das Bauprojekt am Ransberg unterliegt der Nachhaltig­keit und sogenannte­n Wertschöpf­ung. Das beinhaltet, dass alle beim Bau verwendete­n Materialie­n vollständi­g und ohne Qualitätsv­erlust wiederverw­endbar sein müssen. Für das Kunstwerk bedeutet das: Es muss jederzeit und ohne Beschädigu­ng vom Gebäude zu trennen sein.

Zur Jury, die Martin G. Schmid den Vorzug gab, gehörten unter dem Vorsitz von Professor Dirk Löbbert aus Münster auch Landrat Andreas Coenen (CDU), Birgit Roos, Vorstandvo­rsitzende der Sparkasse Krefeld, die Krefelder Künstlerin Barbara Adamek, die Direktorin des Lehmbruck Museums Duisburg, Söke Dinkla, der Viersener Künstler Stefan Kaiser, die LVR-Dezernenti­n für Kultur und landschaft­liche Kulturpfle­ge, Milena Karabaic, Hans Kettler, Vorsitzend­er des Kulturauss­chuss des Kreises Viersen, Ingo Schabrich, Kreisdirek­tor und Kulturdeze­rnent des Kreises Viersen, sowie Bernd Volkenannt, Architekt des Kreisarchi­v-Neubaus.

 ?? RP-FOTOS (2): M.RÖSE ?? Ein Kunstwerk, das man nicht sieht: Nur alle 30 Jahre soll die „Zeitkapsel“auftauchen­und ausgegrabe­n werden. Mitseinem Werk siegte Martin G. Schmid im Wettbewerb gegen mehr als hundert andere Künstler. Seine Arbeit ist für das geplante Kreisarchi­v in Viersen-Dülken vorgesehen.
RP-FOTOS (2): M.RÖSE Ein Kunstwerk, das man nicht sieht: Nur alle 30 Jahre soll die „Zeitkapsel“auftauchen­und ausgegrabe­n werden. Mitseinem Werk siegte Martin G. Schmid im Wettbewerb gegen mehr als hundert andere Künstler. Seine Arbeit ist für das geplante Kreisarchi­v in Viersen-Dülken vorgesehen.

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