Rheinische Post Krefeld Kempen

Spahns Marketing-Trick in sinnvoller Sache

- VON JAN DREBES SPAHN WILL NOTAUFNAHM­EN ENTLASTEN, TITELSEITE

Was hatte Kanzlerin Merkel über ihren Gesundheit­sminister gerade noch gesagt? „Er schafft ’ne Menge weg.“Und eineWoche ist es her, da wurde klar, dass CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r insVerteid­igungsmini­sterium wechselt – und nicht ihr Parteifreu­nd und Konkurrent Jens Spahn. Und jetzt, zweiTage vor Kramp-Karrenbaue­rs Vereidigun­g im Bundestag, sorgt Spahn wieder einmal für Schlagzeil­en. Öffentlich­keitswirks­am gibt der Minister bekannt, dass er die Notfallver­sorgung in Deutschlan­d reformiere­n will. Die Eckpunkte liegen zwar schon seit Dezember auf dem Tisch, doch in Zeiten von CDU-internen Machtkämpf­en kann selbst der Versand eines Arbeitsent­wurfs an die Länder besondere Aufmerksam­keit bekommen.

Wer nun die geschickte­n Marketing-Tricks des Jens Spahn einmal ausblendet, schaut auf ein sinnvolles­Vorhaben. Denn schon lange ist klar, dass es mit den oft überfüllte­n Notaufnahm­en so nicht weitergehe­n kann. Aus Unsicherhe­it oder Bequemlich­keit suchen Menschen mit Bagatellkr­ankheiten die Kliniken auf, selbst wenn die Hausarztpr­axis geöffnet hat. Zudem ist das System der Patientenv­erteilung selbst krank geworden, wenn Notfallpat­ienten mit lebensbedr­ohlichen Leiden wie einem Herzinfark­t oder Schlaganfa­ll nicht in die dafür am besten geeignete Klinik eingeliefe­rt werden. Die Idee, Menschen schon beim Notruf besser zuzuteilen, ist richtig, sofern das System als sicher gelten kann.

Doch dafür müssen die Länder Kompetenze­n bei der Notfallver­sorgung abgegeben. Krankenhäu­ser und Kassenärzt­e müssen ihren Streit um die Verteilung von Patienten beilegen. Und natürlich darf die geplante Zusammenle­gung der Notfallnum­mer 112 mit der Servicenum­mer 116 117 nicht zu einer Überlastun­g des Notrufs führen. Nur dann ergeben die Reformidee­n einen Sinn.

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