Rheinische Post Krefeld Kempen
Kinderschützer kritisieren Bosbach-Kommission in NRW
Der Deutsche Kinderverein wirft dem Gremium mangelnden Sachverstand bei Kindesmissbrauch vor. Die Kommission weist die Vorwürfe zurück.
DÜSSELDORF Der kürzlich vorgelegte Bericht der nordrhein-westfälischen Bosbach-Kommission zum Schutz gegen Kindesmissbrauch hat bei Kinderschützern harsche Kritik ausgelöst. Einzelkonzepte würden den Kindern nicht helfen, heißt es in einer Stellungnahme des Deutschen Kindervereins, worin dies als Aktionismus kritisiert wird. Die Kinderschützer äußern auch Zweifel am Sachverstand der Kommission. So sei vonVormundschaftsgerichten die Rede statt von Familiengerichten, obwohl die Zuständigkeit für den zivilrechtlichen Kinderschutz seit zehn Jahren beim Familiengericht liege. „Dass die Kommission über das ‚Vormundschaftsgericht‘ schreibt, zeigt, wie wenig sie im Kinderschutz auf dem Laufenden ist“, heißt es in der Stellungnahme.
Die Kommission weist die Vorwürfe zurück, die Kritik an dem Papier sei ungerechtfertigt. Auch unter Experten könne es unterschiedliche Auffassungen geben. In Kreisen der Kommission wurde aber eingeräumt, dass bei der Bezeichnung „Vormundschaftsgericht“ein Fehler unterlaufen sei.
Die Landesregierung hatte die ehrenamtlich und unabhängig arbeitende Kommission unter Führung des CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach Ende 2017 berufen, um Defizite in der inneren Sicherheit im Land aufzudecken. Wegen des Missbrauchsfalls in Lügde hatte sie dann überraschend schon Ende Mai einen Bericht mit dem Titel „Besserer Schutz vor Kindesmissbrauch“vorgelegt.
Die Kinderschützer listen mehrere Irrtümer auf, denen die Kommission unterliege. „Der Grund der geringen Anzeigenquote ist nicht, dass Kinder noch keine Anzeige erstatten können, sondern dass die Kinder ebenso wie erwachsene Betroffene durch das Strafrecht erneut geschädigt werden.“Etwa, weil häufig ihre Glaubwürdigkeit ohne wissenschaftlichen Beweis infrage gestellt werde. Auch sei die von der Kommission vorgeschlagene technologische Aufrüstung des bestehenden Systems nicht zielführend. Vielmehr seien grundlegende Änderungen in der Logik des Strafrechts nötig. Überdies sei es keinesfalls ausreichend, nur Fortbildungen zum Thema sexueller Kindesmissbrauch zu fordern. „Wir brauchen den Kinderschutz in der Ausbildung und im Studium, für das spätere Praxisfeld ergänzt durch Fortbildungen.“Insgesamt werde der Bericht der Bosbach-Kommission dem Thema nicht gerecht.