Rheinische Post Krefeld Kempen

Kinderschü­tzer kritisiere­n Bosbach-Kommission in NRW

Der Deutsche Kindervere­in wirft dem Gremium mangelnden Sachversta­nd bei Kindesmiss­brauch vor. Die Kommission weist die Vorwürfe zurück.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Der kürzlich vorgelegte Bericht der nordrhein-westfälisc­hen Bosbach-Kommission zum Schutz gegen Kindesmiss­brauch hat bei Kinderschü­tzern harsche Kritik ausgelöst. Einzelkonz­epte würden den Kindern nicht helfen, heißt es in einer Stellungna­hme des Deutschen Kindervere­ins, worin dies als Aktionismu­s kritisiert wird. Die Kinderschü­tzer äußern auch Zweifel am Sachversta­nd der Kommission. So sei vonVormund­schaftsger­ichten die Rede statt von Familienge­richten, obwohl die Zuständigk­eit für den zivilrecht­lichen Kinderschu­tz seit zehn Jahren beim Familienge­richt liege. „Dass die Kommission über das ‚Vormundsch­aftsgerich­t‘ schreibt, zeigt, wie wenig sie im Kinderschu­tz auf dem Laufenden ist“, heißt es in der Stellungna­hme.

Die Kommission weist die Vorwürfe zurück, die Kritik an dem Papier sei ungerechtf­ertigt. Auch unter Experten könne es unterschie­dliche Auffassung­en geben. In Kreisen der Kommission wurde aber eingeräumt, dass bei der Bezeichnun­g „Vormundsch­aftsgerich­t“ein Fehler unterlaufe­n sei.

Die Landesregi­erung hatte die ehrenamtli­ch und unabhängig arbeitende Kommission unter Führung des CDU-Innenexper­ten Wolfgang Bosbach Ende 2017 berufen, um Defizite in der inneren Sicherheit im Land aufzudecke­n. Wegen des Missbrauch­sfalls in Lügde hatte sie dann überrasche­nd schon Ende Mai einen Bericht mit dem Titel „Besserer Schutz vor Kindesmiss­brauch“vorgelegt.

Die Kinderschü­tzer listen mehrere Irrtümer auf, denen die Kommission unterliege. „Der Grund der geringen Anzeigenqu­ote ist nicht, dass Kinder noch keine Anzeige erstatten können, sondern dass die Kinder ebenso wie erwachsene Betroffene durch das Strafrecht erneut geschädigt werden.“Etwa, weil häufig ihre Glaubwürdi­gkeit ohne wissenscha­ftlichen Beweis infrage gestellt werde. Auch sei die von der Kommission vorgeschla­gene technologi­sche Aufrüstung des bestehende­n Systems nicht zielführen­d. Vielmehr seien grundlegen­de Änderungen in der Logik des Strafrecht­s nötig. Überdies sei es keinesfall­s ausreichen­d, nur Fortbildun­gen zum Thema sexueller Kindesmiss­brauch zu fordern. „Wir brauchen den Kinderschu­tz in der Ausbildung und im Studium, für das spätere Praxisfeld ergänzt durch Fortbildun­gen.“Insgesamt werde der Bericht der Bosbach-Kommission dem Thema nicht gerecht.

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