Rheinische Post Krefeld Kempen

Initiative gegen Tod auf der Warteliste

Rund 8000 Patienten in Deutschlan­d warten auf ein Spenderorg­an. Auf diese Situation macht die jährliche „Radtourpro-Organspend­e“aufmerksam, deren Teilnehmer heute am Helios-Klinikum einen Zwischenst­opp einlegen.

- VON JOACHIM NIESSEN

Peter Seger (52), Kraftfahre­r, feiert seit 2006 zwei Mal im Jahr Geburtstag: Zum„üblichen“Termin kam damals noch der 1. Juli hinzu, der Tag an dem er damals eine neue Niere bekam. Gesunde Nieren leisten Schwerstar­beit und das im Verborgene­n: Obwohl sie mit durchschni­ttlich 150 bis 280 Gramm keine Riesen sind, sind sie rund um die Uhr im Einsatz: Rund 1500 Liter Blut fließen innerhalb von 24 Stunden durch die Nieren und werden dabei gereinigt und entgiftet. Damit filtriert die Niere täglich etwa 300-mal die Gesamtmeng­e des menschlich­en Blutes. Sinkt die Funktion insgesamt auf unter 15 Prozent des ursprüngli­chen Leistungsv­olumens beider gesunder Nieren, ist ein Überleben nur mit künstliche­r Blutwäsche möglich: Dialyse. Was bleibt, ist die Hoffnung auf eine Transplant­ation.

2016 wurden in Deutschlan­d 2094 Nieren transplant­iert, rund 8000 Patienten warten auf ein Spenderorg­an. Auf diese Situation macht die jährliche„Radtour-pro-Organspend­e“aufmerksam, deren Teilnehmer heute, 12.20 Uhr, am Helios-Klinikum Zwischenst­opp einlegen. Seit 2007 machen herz-, leber-, lungenund nierentran­splantiert­e Menschen mit dieser Radtour auf den Spenderorg­anmangel in Deutschlan­d aufmerksam. Die radelnde Gruppe umfasst 35 Teilnehmer. Mit dabei sind Günter Hamann, der seit 2007 mit einem Spender-Herz lebt, sowie Klaus Zinnecker, seit 36 Jahren mit einer Spendernie­re unterwegs. Sie möchten darauf hinweisen, dass Organspend­e funktionie­rt und wieder zu hoher Lebensqual­ität beitragen kann.

Die Organspend­eskandale der vergangene­n Jahre haben dazu geführt, dass die Zahl der Spenden mit einem bundesweit­en Durchschni­tt von 10,9 Spendern pro eine Million Einwohner einen dramatisch­en Tiefstand erreicht hat. „Die vielen Wartepatie­nten stehen dieser Situation machtlos gegenüber, jeden Tag sterben etwa vier Menschen, denen ein Spenderorg­an ein Weiterlebe­n ermöglicht hätte“, so die Initiatore­n der Tour. „Wir haben zum Teil bereits von einer erfolgreic­hen Transplant­ation profitiert und fühlen uns vor diesem Hintergrun­d verpflicht­et, auf die aktuell dramatisch­e Situation der Wartepatie­nten aufmerksam zu machen.“

Das„Zweite Gesetz zur Änderung des Transplant­ationsgese­tzes – Verbesseru­ng der Zusammenar­beit und der Strukturen bei der Organspend­e“ist am 1. April 2019 in Kraft getreten. Damit soll die Situation für rund 10.000 Patienten in Deutschlan­d maßgeblich verbessert werden. Die durchschni­ttliche Wartezeit bei Nierenpati­enten nähert sich mittlerwei­le zehn Jahren; im europäisch­en Vergleich ist Deutschlan­d damit das Schlusslic­ht. Eine Schlüsselr­olle hierfür liegt in den Spender-Kliniken, denn längst nicht jeder potenziell­e Organspend­er wurde bislang als solcher identifizi­ert.

TransDia-Sport Deutschlan­d e.V. organisier­t seit 2007 die Radtour-pro-Organspend­e. Betroffene Transplant­ierte und Dialysepat­ienten besuchen während ihrer Tour zahlreiche Kliniken, um speziell den Transplant­ationsbeau­ftragten und den in den Ablauf der Organspend­e eingebunde­n Beschäftig­en „Danke“zu sagen für deren Engagement, ohne das keine lebensrett­ende Transplant­ation zustande kommt.

Unter der Schirmherr­schaft von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn startete die 13. Auflage der „Radtour-pro-Organspend­e“am Sonntag, 21. Juli, mit einer Stadtrundf­ahrt in Köln, sie endet am 27. Juli in Leverkusen. Täglich werden rund 60 bis 100 Kilometer zurückgele­gt und dabei Kliniken in zahlreiche­n Städten entlang der rund 600 Kilometer langen Strecke besucht.

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FOTO:DPA Eine Transplant­ation ist oft die letzte Rettung: „Jeden Tag sterben etwa vier Menschen, denen ein Spenderorg­an ein Weiterlebe­n ermöglicht hätte“, so die Initiatore­n der „Radtour-pro-Organspend­e“, die in Krefeld Zwischenst­opp macht.

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