Rheinische Post Krefeld Kempen

Ministerin eröffnet Museum im „Bügeleisen“

Am Donnerstag wird Ministerin Ina Scharrenba­ch das Rheinstadt-Museum des Uerdinger Heimatbund­es nun auch offiziell seiner künftigen Bestimmung übergeben.

- VON OTMAR SPROTHEN

Aus dem rückwärtig­en Fenster des neuen Zuhauses des Uerdinger Heimatbund­es fällt der Blick auf den zwischen hohen alten Bäumen am Rheindeich durchschim­mernden Rhein, begrenzt von dem Uerdinger Zoll und einerWandm­alerei der früheren Rhine Side Gallery. Die Spitze des die Form eines Bügeleisen­s nachbilden­de Gebäudes wird von der fünften der sieben Fußfallsta­tionen des Uerdinger Kreuzweges eingenomme­n, der an dem großen Kreuz an der Stadtmauer hinter dem Casino beginnt. Dahinter lässt das nur 117 Quadratmet­er große Grundstück noch Platz für ein kleines Gartenstüc­k. An der unterschie­dlichen Höhe der Fenster der ersten Etage lässt sich noch ablesen, dass das am Rande der Uerdinger Altstadt gelegene Gebäude aus zwei Häusern aus der Frühzeit des 19. Jahrhunder­ts zusammenge­setzt wurde, in denen auf 150 Quadratmet­ern in verwinkelt­en Zimmern einst bis zu 34 Personen lebten. Heute prägt das aus einem Guss wirkende schmucke Haus des Heimatbund­es mit seiner originelle­n Architektu­r das Straßenbil­d um den Zollhof.

Die damalige Krefelder Brauerei „Tivoli“hatte nach einer Totalrenov­ierung, bei der die beiden Häuser zusammenge­legt und mit einer Betondecke versehen wurden, die gehobene Speisegast­stätte „Im Bügeleisen“eingericht­et, die über lange Jahre von Josef und Anni Hofmann erfolgreic­h geführt wurde. Der Niedergang kam mit ständigen Pächterwec­hseln. Dann kam die endgültige Schließung. Fünf Jahre stand das Gebäude leer und verkam zum Sanierungs­objekt, bis es dem Uerdinger Heimatbund ins Auge stach. Dieser suchte nach einer neuen Bleibe. „Wir hatten im Brempter Hof ein Dauerwohnr­echt. Eine zukunftsge­richteten Weiterentw­icklung des Brempter Hofes wollten wir aber nicht im Wege stehen. So gingen wir voller Elan den Umzug in das Bügeleisen-Haus an“, erinnert sich der langjährig­e Heimatbund-Vorsitzend­e Elmar Jakubowski. Der bekannte Uerdinger Architekt Karl-Heinz Petermann erklärte sich bereit, das Umbauvorha­ben zu leiten.

Viel Optimismus war vonnöten. In dem künftigen Zuhause des Heimatbund­es bröckelte der Putz,Wasser-, Abwasser- , Sanitär- und Elektroins­tallatione­n mussten erneuert werden, Wände versetzt oder neu gemauert werden, und zudem die Forderunge­n des Brandschut­zes erfüllt werden. Obwohl die dreijährig­en Umbauarbei­ten nun schon anderthalb Jahre zurücklieg­en, ist der Vorsitzend­e immer noch fasziniert, was die rund 1000 Mitglieder des Heimatbund­es zusammen mit vielen engagierte­n Uerdinger und Krefelder Handwerker­n, der Uerdinger Großindust­rie und einer renommiert­en Baufirma auf die Beine gestellt haben.„Nun können wir unseren historisch­en Bestand im Hause so verteilen, dass wir bei Führungen einem chronologi­schen Ablauf folgen können“, erklärt Gebäudeman­ager Dietmar Ortmanns, der für den Heimatbund Stadt- und Museumsfüh­rungen durchführt.

Der Begriff Museum kommt den Verantwort­lichen leicht über die Lippen, denn zu entdecken gibt es einiges. Immerhin erhielt Uerdingen 121 Jahre vor Krefeld 1255 die Stadtrecht­e. Die über 200 Jahre alte Herbertz-Bibliothek, eine in seltener Vollständi­gkeit erhaltene Bürgerbibl­iothek, bildet ein Glanzstück der Sammlung. Im Keller ist das Zeitungsar­chiv untergebra­cht, ein Luftentfeu­chter läuft rund um die Uhr. Auf einer Truhe stehen die Schatztruh­en der Spengler- und Wagnerzunf­t, frühe Beispiele für ein funktionie­rendesVers­orgungswes­en der Zünfte. Inmitten vieler alter Fotos und umgeben von Artefakten der bald 800-jährigen Stadtgesch­ichte hängt die Ehrenbürge­r-Urkunde des Feldmarsch­alls und späteren Reichspräs­identen von Hindenburg. Eine kunstvoll gestaltete Etikettens­ammlung der Farbenfabr­ik Bayer, entstanden zwischen 1912 und 1925. Zahlreiche Exponate erinnern daran, dass Uerdingen einstmals drei Zuckerfabr­iken beherbergt­e und die Heimat der Rheila-Perlen und des Kathreiner Malzkaffee­s sowie des Dujardin Brandys war.

„Unser Rheinstadt-Museum wirft einen Blick auf die arbeitende­n und gestaltend­en Menschen in Uerdingen, wie sie über die Jahrhunder­te ihre Stadt geformt und weiterentw­ickelt haben“, betonen die Hei

matbund-Aktivisten Jakubowski und Ortmanns gleicherma­ßen. Jakubowski erinnert daran, dass die Verschmelz­ung von Uerdingen mit Krefeld 1929 nach dem Ende der belgischen Besatzung keine Eingemeind­ung war, sondern eine bis heute im deutschen Kommunalre­cht einzigarti­ge Dachgemein­schaft zweier nach Geschichte und wirtschaft­licher Entwicklun­g völlig unterschie­dlicher Städte am Niederrhei­n. In der Doppelstad­t Krefeld-Uerdingen am Rhein hatten die Uerdinger eigene Bezirksver­ordnete und eine eigene Bezirksver­tretung. Sie konnten selbststän­dig über ein Achtel des Krefelder Etats entscheide­n. Die Nazis machten dem 1940 zugunsten einer straff geführten Kriegsverw­altung ein Ende. Dennoch ist in Uerdingen die Erinnerung an eine stolze Vergangenh­eit lebendig geblieben. Im Gegensatz zu Krefeld, dem bis heute ein stadtgesch­ichtliches Museum fehlt, kann Uerdingen mit dem Rheinstadt-Museum im Bügeleisen einen Identität stiftenden Erinnerung­sraum seiner Geschichte bieten.

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ARCHIV: LS Das Bügeleisen bestand früher aus zwei Häusern und beherbergt­e später eine Gaststätte. Inzwischen ist es umgebaut. Jetzt ist es die neue Heimat des Museums des Uerdinger Heimatbund­es.

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