Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Familie der Süßgräser ist vielfältig
Wogende Getreidefelder bestimmen derzeit auf den Ackerflächen das Bild mit. Doch nicht viele wissen, was dort genau wächst.
KEMPEN/WILLICH Was haben Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Dinkel oder Triticale gemeinsam? Die Antwort ist einfach. Sie alle gehören zur Familie der Süßgräser. Es handelt sich nur um verschiedene Arten. Dazu kommen weitere Unterarten, zu denen unter anderem Dinkel, Einkorn und Emmer zählen.
Jede Art hat ihre Besonderheiten. Die einzelnen Sorten stellen unterschiedliche Ansprüche an ihren Wachstumsstandort, sehen anders aus und variieren in den Inhaltsstoffen. Alle Getreidearten sind einjährig und tragen Körner. Die Getreidearten unterscheiden sich auf dem Feld vor allem durch die Form der Grannen. Gerste trägt die längsten Grannen, Roggen hat gar keine und der Weizen liegt dazwischen. Hafer mit seinen hängende Ähren fällt sofort ins Auge, während Triticale für den Laien aufgrund des ähnlichen Aussehens wie der Weizen nicht so leicht zu erkennen ist.
In Deutschland wird auf nahezu 60 Prozent der Ackerfläche Getreide angebaut. Allein im Rheinland steht auf 141.200 Hektar Getreide. Mit Ausnahme des Hafers gibt es von jeder Art Winter- und Sommersorten. Wintergetreide wird im Herbst gesät und überdauert den Winter als junges Pflänzchen, das Kälte vertragen kann. ImVergleich zum Sommergetreide, das erst im Frühjahr ausgesät wird, hat es mehr Zeit zumWachsen und liefert höhere Erträge.
Wenn es früher hieß, das Korn wurde gesät, dann handelte es sich um den Winterroggen. Roggen war einst das Brotgetreide schlechthin. Das aus Roggen zubereitete Schwarzbrot war das Brot der armen Leute. Helleres Brot konnten sich nur die betuchten Bürger leisten. Im Laufe der Jahre wurde der Roggen als Brotgetreide immer mehr zurückgedrängt. Dabei hat Roggen einen kräftigeren und würzigeren Geschmack als Weizen. Neben Mineralstoffen und Vitaminen enthält Roggen viel Klebereiweiß, das allerdings im Gegensatz zum Weizenkleber nur unter Einfluss von Säure richtig aufquillt. Daher wird beim Backen von Roggenbroten ein Sauerteig oder Backferment benötigt.
Beim Anbau stellt Roggen nur sehr geringe Ansprüche an den Boden. Er wächst auch auf sandigem, trockenem und nährstoffarmem Untergrund und benötigt nicht allzu viel Wärme. Trotz seiner generellen Robustheit steht Roggen in der weltweiten Bedeutung der Getreidearten an letzter Stelle.
Das Rennen macht der Winterweizen. Er ist das am meisten angebaute Getreide und damit das wichtigste Brotgetreide. „Der Winterweizen kann alles, von Weißbrot bis Biogasanlage“, sagt Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer. Weizen zeichnet sich durch einen ausgewogenen Anteil an Mineralien und Vitaminen aus. Er ist die Getreidesorte mit dem höchsten Klebergehalt und hat damit die beste Backfähigkeit. In einem normalen Brötchen ist davon allerdings nicht viel zu finden, zumindest rein rechnerisch gesehen.„Ein Brötchen enthält für einen Cent Getreide“, erklärt Rüb. An Klima, Boden undWasserversorgung stellt Weizen höhere Ansprüche als andere Getreidearten. Während der Winterweizen vor allen Dingen das Brotgetreide darstellt, wird der Sommerweizen mehr als Tierfutter genutzt.
Auch der Hafer landet zum größten Teil als Tierfutter in den Futtertrögen von Pferden. Ein weiterer Teil ist als Haferflocken in Müslis anzutreffen. Hafer ist das Getreide mit dem höchsten Anteil an Eiweiß und Fett und enthält alle wichtigen Vitamine und Mineralstoffe. Er bevorzugt ein gemäßigtes Klima mit hohen Niederschlägen. Ansonsten sind seine Ansprüche an den Boden eher gering. Für die Verwendung in der menschlichen Ernährung müssen die Körner entspelzt werden, im Futtergetreide können sie am Korn verbleiben.
Wer einen nussigen Geschmack in Brotwaren mag, für den ist der Dinkel genau richtig. Es handelt sich um eine weitere Weizenart, die mit einem nussartigen Geschmack punktet. Im Anbau ist Dinkel imVergleich zum Weizen nicht so anspruchsvoll und kann auch auf flachgründigen Böden angebaut werden. Er ist robust, winterhart, resistent gegen eine Vielzahl von Krankheiten und kann mehrere Jahre auf derselben Fläche wachsen. Bierfreunden ist sicherlich die Gerste das liebste Getreide. Sie wird heute hauptsächlich für Brauereien angebaut.
Bei Triticale handelt es sich indes um eine Getreideart, die durch Kreuzung von Weizen (Triticum) und Roggen (Secale) entstanden ist. Die Anspruchslosigkeit und Gesundheit von Roggen wurde mit der Leistungsfähigkeit, Standfestigkeit und Qualität des Weizens kombiniert. Ein Getreide, das es seit rund 40 Jahren gibt. Triticale wird ausschließlich als Viehfutter angebaut und an Schweine, Rinder und Geflügel verfüttert. Auch der hiesige Mais findet hauptsächlich Verwendung als Viehfutter oder als Brennstoff in Biogas-Anlagen.
Redaktion Kempen