Rheinische Post Krefeld Kempen

Buchmann glänzt als Tour-Vierter

Der 26-jährige Ravensburg­er verzückt bei der Tour de France die deutschen Fans.

- VON PATRICK REICHARDT UND STEFAN TABELING

PARIS (dpa) Nach langen Monaten voller Entbehrung­en freute sich Emanuel Buchmann auf die Belohnung für eine furiose Tour de France. Ein Gläschen Sekt auf dem 2365 Meter hohen Gipfel in Val Thorens, „eine richtige Feier“beim großen Finale in Paris: Nachdem er das letzte Hindernis auf demWeg zum vierten Gesamtrang beim größten und wichtigste­n Radrennen der Welt gemeistert hatte, ließ es sich der 26 Jahre alte Radprofi einfach mal gut gehen. „Es ist absolut geil. Wenn mir das einer gesagt hätte, wäre ich da mehr als zufrieden gewesen. Das ist ein super Gefühl“, sagte Buchmann, der nach geschaffte­r Alpen-Qual und über 3300 Kilometern in den Beinen zunächst seine Freundin im Ziel herzte.

Die beste deutsche Platzierun­g seit Andreas Klöden 2006 (Zweiter) machte den Ravensburg­er mächtig stolz. Sein ursprüngli­ch formuliert­es Ziel Top 10 erfüllte er mit Leichtigke­it, stattdesse­n kämpfte Buchmann sogar bis zum letzten Anstieg um Rang drei. „Ich bin absolut zufrieden. Das ist mit Abstand das beste Ergebnis, was ich jemals eingefahre­n habe“, sagte Buchmann.

Der Profi vom oberbayeri­schen Bora-hansgrohe-Team konnte sein Glück zunächst nicht fassen. „Das muss ich erstmal sacken lassen“, befand er. Enttäuschu­ng ob des gerade einmal um 25 Sekunden verpassten Podiumspla­tzes verspürte er nicht, wie er wiederholt versichert­e. Der Sportliche Leiter Enrico Poitschke lobte: „Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in einem einzelnen Puzzleteil. Es ist das Ergebnis von harter Arbeit über die letzten Jahre. Wir haben ihn Stück für Stück an die Spitze herangefüh­rt, und alle im Team haben viel investiert.“

Nach der extrem unschön zu Ende gegangenen Ära des ehemaligen Tour-Siegers Jan Ullrich hat Deutschlan­d wieder einen Rundfahrer vonWeltkla­sse-Format. Beim Ineos-Doppelerfo­lg von Egan Bernal und Geraint Thomas hängte Buchmann gestandene Radprofis wie Kolumbiens Nairo Quintana oder Frankreich­s Romain Bardet ab. Sein Trainer Dan Lorang sagte voller Stolz: „Er gehört zu den besten Kletterern weltweit.“Einen vierten Platz hätte man vor dem Tour-Start in Brüssel sofort unterschri­eben, betonte der Coach.

Doch die furiosen Frankreich-Wochen machen Appetit auf mehr, auch für Buchmann selbst. „Ich habe gesehen, dass ich bei den Allerbeste­n mitfahren kann. Ich denke, dass ich mit meiner Entwicklun­g noch nicht am Ende bin, habe mich jedes Jahr gesteigert. Meinem Selbstvert­rauen hat diese Tour wahnsinnig gut getan“, sagte er. Mehrere Faktoren sprechen dafür, dass der Deutsche noch besser abschneide­n kann: Bei der Tour fuhr er 2019 erstmals explizit auf eine gute Platzierun­g im Gesamtklas­sement, für einen plötzliche­n Stop seiner stetig positiven Entwicklun­g gibt es gar keinen Grund.

Bernal und Thomas vom bockstarke­n Team Ineos und Steven Kruijswijk von Jumbo-Visma landeten, wenn auch knapp, vor Buchmann. Das Trio verfügte vor allem im Hochgebirg­e über stärkere Helfer als der deutsche Herausford­erer, der oft auf sich alleine gestellt war. „Wir müssen das jetzt analysiere­n. Wenn wir da mit einem anderen Team am Start stehen, schauen wir mal, was geht“, sagte Buchmann mit Blick auf 2020. Sein Bora-Team dürfte erkannt haben, dass tüchtige Berg-Helfer für diesen Kapitän eine sehr sinnvolle Investitio­n sind. „Für die Zukunft, werden wir in jedem Fall versuchen, uns weiter zu verbessern“, kündigte Poitschke an.

Nachdem sich Buchmann bei jedem Helfer und Mitarbeite­r einzeln und herzlich im Teamhotel bedankt hatte, freute er sich schon auf die Heimat und ein wenig gemeinsame Zeit mit seiner Freundin Claudia, die sich in Val Thorens ausgelasse­n mit ihm freute. Als Nächstes steht dann Ende August die Deutschlan­d-Tour auf dem Programm. „Ich werde mich mal den deutschen Fans präsentier­en“, sagte Buchmann. Viele, die bei der Tour de France am Fernseher mit ihm fieberten, werden ihn dann auch einmal live sehen wollen.

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FOTO: DPA Emanuel Buchmann überzeugte vor allem in den Bergen.

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