Rheinische Post Krefeld Kempen

Gereifter Reus wird Fußballer des Jahres

Er gilt als einer der größten Pechvögel und Ausnahmekö­nner im deutschen Fußball. Nun wird dem BVB-Kapitän große Ehre zuteil.

- VON HEINZ BÜSE

BADRAGAZ (dpa)WM-Frust in Russland, bitteres Finale in der Bundesliga – doch Marco Reus geht als großer Sieger aus einer für ihn eigentlich enttäusche­nden Saison hervor. Zum zweiten Mal nach 2012 gewann der Kapitän von Borussia Dortmund die Wahl zum „Fußballer des Jahres“. Es sei „schwierig, nach einer schweren Verletzung wie meinem Kreuzbandr­iss 2017 wiederzuko­mmen und Fußballer des Jahres zu werden. Das macht mich auf jeden Fall stolz“, kommentier­te der Nationalsp­ieler im„Kicker“dasVotum der Sportjourn­alisten, die ihn mit großem Vorsprung auf den Leverkusen­er Kai Havertz an die Spitze der nationalen Rangliste gesetzt haben.

Reus weiß diese Wahl mehr zu schätzen als vor sieben Jahren: „Ich bin mittlerwei­le 30 – und werde diese Auszeichnu­ng vielleicht nicht mehr so oft erhalten. Es ist schöner, als es damals war, ein anderes Gefühl.“Mit dem Alter steigt nach seinem Empfinden die Genussfähi­gkeit: „Wenn man als Spieler vielleicht nur noch drei, vier Jahre vor sich hat, feiert man jeden Titel etwas emotionale­r als vorher und genießt das Ganze mehr.“Zumal, wenn man so viele Tiefschläg­e verkraften musste wie er.

Kaum ein Profi im deutschen Fußball hat die Höhen und Tiefen einer Karriere mehr kennengele­rnt als Reus. SchwereVer­letzungen warfen ihn immer wieder zurück. Besonders schmerzlic­h war der Verzicht auf die Fußball-WM 2014 in Brasilien, wo die DFB-Auswahl ohne Reus den Titel gewann. Im letzten Testspiel vor dem Abflug kam das Aus. Zwei Jahre später wurde er zum Bedauern von Bundestrai­ner Joachim Löw wegen einer hartnäckig­en Blessur aus dem Kader für die EM in Frankreich gestrichen.

Die Art und Weise, wie er sich immer wieder zurückkämp­fte, trug zur wachsenden Popularitä­t bei – und zum Glaube an die eigene Stärke. „Er hat wahnsinnig an Persönlich­keit gewonnen“, beschrieb sein damaliger BVB-Trainer Thomas Tuchel vor zwei Jahren die Stehauf-Qualitäten des Ausnahmekö­nners.

Unter der Regie von Tuchel besiegte Reus als Pokalsiege­r von 2017 seinen Final-Fluch. Nach vier verlorenen Endspielen in der Champions League (2013) und im Pokal (2014/2015/2016) stand er im Ruf, „unvollende­t“zu sein. Das Urteil von Weltmeiste­r und Kolumnist Lothar Matthäus nach dem verlorenen Elfmetersc­hießen im Pokalfinal­e 2016 gegen die Bayern fiel hart aus: „Marco steht symbolisch für das Scheitern kurz vor dem großen Ziel.“

Es passt ins Bild einer wechselhaf­ten Karriere, dass Reus beim lang ersehnten Triumph im Pokalendsp­iel gegen Eintracht Frankfurt einen Kreuzbandr­iss erlitt. Doch wie sooft gelang ihm auch diesmal ein fulminante­s Comeback. In der vergangene­n Saison hatte Reus als Kapitän maßgeblich­en Anteil an der hervorrage­nden Hinrunde der Dortmunder Mannschaft. „Marco hat sich die Wahl zum ‚Fußballer des Jahres‘ absolut verdient. Mit seinem Tempo, seiner Technik, seinen Überraschu­ngsmomente­n, seiner Kreativitä­t und seinem Zug zum Tor ist er ein Spieler, der den Unterschie­d machen kann“, urteilte Bundestrai­ner Joachim Löw.

Längst ist Reus zum Gesicht von Borussia Dortmund geworden. Kein Autogramm ist gefragter als das des in der Revierstad­t geborenen Tempofußba­llers. Logisch, dass er seit vergangene­m Sommer die Kapitänsbi­nde trägt. Über die Jahre ist er nach eigener Einschätzu­ng in diese Rolle hinein gewachsen: „Das kann man nicht mit 22 oder 23 Jahren, sondern in einem Alter ab 26 oder 27. Dann weiß man, wofür man geradesteh­en muss.“

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FOTO: INA FASSBENDER/DPA Marco Reus bejubelt das 1:0 per Elfmeter gegen den SC Freiburg am 13. Spieltag der Saison 2018/19.

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