Rheinische Post Krefeld Kempen

Stadtschul­den betragen 3480 Euro pro Bürger

Die Stadt Krefeld ist – wie die meisten anderen Kommunen auch – hoch verschulde­t. Gleichwohl sind die Zeiten des Nothaushal­ts vorbei, in der Rat und Verwaltung über Ausgaben nicht mehr alleine entscheide­n durfte. Rein statistisc­h ist jeder Bürger mit 3480

- VON NORBERT STIRKEN

Die Stadt Krefeld hat knapp 800 Millionen Euro schulden. Das sind rund 100 Millionen Euro mehr als vor zehn Jahren, gleichzeit­ig aber auch mehr als 40 Millionen Euro weniger als ein Jahr zuvor. Die Kommune profitiert von niedrigen Zinsen, hohen Zuweisunge­n des Landes und der guten Konjunktur – sprich Gewerbeste­uereinnahm­en. Hinzu kommen Anstrengun­gen von Politik und Verwaltung, die Finanzen wieder in den Griff zu bekommen. Die waren viele Jahre lang aus unterschie­dlichsten Gründen aus dem Ruder gelaufen. Krefeld hatte und hat schwer mit dem Strukturwa­ndel zu kämpfen. Die goldenen Zeiten der Textilindu­strie sind schon länger Vergangenh­eit.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft sieht im Strukturwa­ndel, der Finanzmark­tkrise, der Migration und der demografis­chen Veränderun­g der Gesellscha­ft die Hauptursac­hen für die finanziell­en Verschlech­terungen in den vergangene­n 20 Jahren und warnt vor einer neuen Entwicklun­g, die nichts Gutes verheißt. Liquidität­sprobleme, die sich in hohen Kassenkred­iten ausdrücken, dürften auf lange Sicht zu größeren Schwierigk­eiten führen. Den Kassenkred­iten stehen keine Vermögensw­erte gegenüber.

Die Stadt Krefeld liefert ein unrühmlich­es Beispiel. Die Kassenkred­ite zur Deckung der Kosten für den laufenden Betrieb sind mit 335 Millionen Euro etwa doppelt so hoch wie die Kredite für Investitio­nen in Höhe von 168 Millionen Euro. Hinzu kommen ausgeglied­erte Schulden, die zum Beispiel dem Kommunalbe­trieb Krefeld (KBK) anhängen in Höhe von 284 Millionen Euro.

Alles in allem sind das Schulden für 2018 in Höhe von 789.124.000 Euro. Im Jahr zuvor waren es noch 831.271.000 Euro, 5,1 Prozent mehr. Im Vergleich zum Jahr 2008 bedeutet das ein Anstieg um 14,4 Prozent.

Das Deutsche Institut für Wirtschaft warnt, eine hohe Verschuldu­ng in Kassenkred­iten gehe einher mit hohen Grund- und Gewerbeste­uerhebesät­zen. Dies könne die wirtschaft­liche Dynamik in den betroffene­n Kommunen bremsen. Fehlende Dynamik hat die Stadt Krefeld gerade erst von der Prognos AG in ihrem Zukunftsat­las 2019 bestätigt bekommen (wir berichtete­n).

Rein statistisc­h bürdet Krefeld jedem Einwohner 3480 Euro Stadtschul­den auf. Säuglinge kommen gleichsam mit dieser Finanzbela­stung auf die Welt. Vor zehn Jahren waren es 2916 Euro, imVorjahr 3667 Euro. Das Institut der Deutschen Wirtschaft bringt für überschuld­ete Kommunen ein Tilgung der Darlehen durch Bund oder Land mit Vorgaben für die Haushaltsf­ührung ins Gespräch. „Das könnte für die in finanziell­e Schieflage geratenen Kommunen ein Weg sein, verloren gegangenen Handlungss­pielraum zurückzuge­winnen“, schreiben Martin Beznoska und Tobias Hentze in ihrem Report.

Schuldenti­lgung ist eine Sache, das so genannte Konnexität­sprinzip eine andere. Frei übersetzt bedeutet das, wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen. Das trifft unter anderem für Kosten der Unterbring­ung von Flüchtling­en zu. Krefeld hat speziell hohe Transferle­istungen aufzubring­en. Ursachen liegen in niedriger Qualifikat­ion, unterdurch­schnittlic­hem Einkommen, hohe Arbeitslos­igkeit und einigen Gründen mehr. Allein gut 24 Millionen Euro gibt die Stadt jedes Jahr für Sozialhilf­e aus.

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RP-ARCHIV: TL Kämmerer Ulrich Cyprian hat die Finanzen im Blick.

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