Rheinische Post Krefeld Kempen
Lieberknechts Rückkehr
Mit Duisburg gastiert der Trainer in Braunschweig, wo er große Erfolge feierte.
BRAUNSCHWEIG (dpa/lnw) Trauriger, als Torsten Lieberknecht das tat, kann sich ein Langzeittrainer kaum von seinem Herzensverein verabschieden. Von 2008 bis 2018 arbeitete der gebürtige Pfälzer als Chefcoach von Eintracht Braunschweig. In dieser Zeit führte er den deutschen Meister von 1967 in die Fußball-Bundesliga zurück. Als Lieberknecht vor einem Jahr gehen musste, war der Verein jedoch gerade wieder dorthin abgestürzt, wo alles begann: in die Drittklassigkeit. Am Tag des Zweitliga-Abstiegs stand der 46-Jährige weinend auf dem Rasen. Einen Tag später gab die Eintracht nach 15 Jahren die Trennung von ihrem langjährigen Spieler, Jugendtrainer, Präsidiumsmitglied und Erfolgscoach bekannt.
An diesem Sonntag (13 Uhr) kehrt Lieberknecht zum ersten Mal als Gegner nach Braunschweig zurück. Er trainiert jetzt den MSV Duisburg. „Das ist natürlich ein ganz besonderes Spiel“, sagte er. „Aber meine Truppe ist der MSV. Deshalb gilt die ganze Konzentration, wie man gegen Eintracht Braunschweig punkten kann.“
Tatsächlich betritt der Fußballlehrer zum ersten Mal seit dem Mai 2018 wieder das Eintracht-Stadion. Einmal sei er noch dort gewesen, erzählte er am Freitag. Da wollte sein Sohn als Fan ein Heimspiel sehen. „Ich habe ihn vor dem Spiel abgesetzt und danach wieder abgeholt“, sagte Lieberknecht. Jetzt hofft er, „dass die Braunschweiger Fans genauso positive Erinnerungen an die lange Zeit haben wie ich“, erklärte er der „Braunschweiger Zeitung“.
Dafür, dass ihr Verein so lange so großen Erfolg mit ihm hatte, ist die Stimmung unter diesen Anhängern erstaunlich ambivalent. Es gibt Zuschauer im Eintracht-Stadion, die bis vor einem Jahr nie einen anderen Trainer als Lieberknecht erlebt haben. Es gibt aber auch welche, die ihm und dem langjährigen Manager Marc Arnold den völlig unerwarteten Absturz des Jahres 2018 ankreiden.
Der Empfang in Braunschweig wird trotzdem freundlich sein. „Ich freue mich, Torsten Lieberknecht überhaupt kennenzulernen. Ich habe großen Respekt davor, was er hier geleistet hat“, sagte der neue Trainer Christian Flüthmann. Er hat die Eintracht zu drei Siegen in den ersten drei Saisonspielen geführt und ist schon der dritte Chefcoach nach Lieberknecht.
Auf der einen Seite haben die Braunschweiger mehrere Spieler zurückgeholt, die unter Lieberknecht groß geworden sind: Benjamin Kessel zum Beispiel, Jasmin Fejzic oder zuletzt Orhan Ademi. Auf der anderen Seite ist der Verein gezwungen, einige Errungenschaften der Ära Lieberknecht wieder preiszugeben. In dieserWoche wurde die Scouting-Abteilung aufgelöst, davor schon die zweite Mannschaft in die Landesliga zurückgezogen.
Dass die Eintracht sparen muss und trotzdem als Aufstiegskandidat gilt, ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Der Klub steckt fast sein ganzes Geld in seine erste Mannschaft.