Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Hülser Burggraben ist ausgetrock­net

Fast wie ein ausgetrock­neter Flusslauf in der Wüste sieht der Graben der Hülser Burg zurzeit aus. Auch in Linn gibt es Probleme.

- VON SONJA REINECKE

Seit dem Jahr 1455 ist die Burg das Aushängesc­hild von Hüls. Das relativ kleine Herrschaft­shaus ist jedoch seit Jahrhunder­ten verlassen, der letzte Burgherr starb 1565. Seitdem verwahrlos­te das Anwesen immer mehr. Bis sich im Jahre 2000 der Heimatvere­in Hüls der Burgruine annahm und mit Hilfe von Spendengel­dern und fleißigen Helfern einen Teil der Burg nach Vorlage des originalen Fundaments wieder aufbaute. So entstanden der große Turm und ein Teil des ursprüngli­chen Herrenhaus­es. Für diese Arbeit wurden der Heimatvere­in Hüls und der Hülser Sportverei­n 2005 mit dem Denkmalpre­is der Stadt Krefeld ausgezeich­net.

Einige Jahre später wurde der Burggraben saniert und weiter ausgebagge­rt. Wer in diesen Tagen das historisch­e Gemäuer besucht, wird jedoch kein Wasser im Graben finden. Risse ziehen sich durch die ausgetrock­nete Lehmschich­t. Es sieht aus wie in der Wüste. So schlimm wie in diesem Jahr war der Zustand des Grabens noch nie. „Im vergangene­n Jahr hatten wir auch schon wenig Wasser. Doch in diesem Jahr ist es noch extremer“, sagt Paul Schumacher, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Heimatvere­ins.

Normalerwe­ise steht der Wasserstan­d konstant auf einem Wert von rund 31 Metern über dem Meeresspie­gel. Vergangene­n Sommer aber setzten Hitze und Trockenhei­t der Umwelt so sehr zu, dass derWassers­piegel im Burggraben enorm absank. Die Auswirkung­en sind auch in diesem Jahr noch spürbar, da sich der Wasserpege­l nie richtig erholen konnte, aufgrund zu niedriger Niederschl­agsraten.

Doch das Problem besteht nicht nur im Burggraben. Dieser wird vom Grundwasse­r gespeist, das von der Kempener Platte aus Hüls versorgt. „In anderen Teilen der Stadt kommt sogar noch weniger oder unter Umständen gar kein Wasser mehr an“, sagt Gottfried Andree, Vorsitzend­er des Heimatvere­ins, besorgt. Wo es drei bis vier Jahre zuvor noch Überschwem­mungen gab, ziehen sich nun tiefe Brüche durch den Graben. Bis auf eine kleine Pfütze ist vom Wasserlauf nichts mehr übrig. Die Fische, die sich zuvor im Graben befanden, wie Koi-Karpfen, Graskarpfe­n und Karauschen, mussten im vergangene­n Herbst umgesiedel­t werden. Eigentlich sollten sie im Frühjahr wieder zurückgeho­lt werden. Aufgrund des niedrigen Wasserstan­des aber wurden diese Pläne wieder verworfen.

„Nicht einmal Frösche oder Kröten lassen sich mehr blicken, und von denen gab es einige“, erinnert sich Schumacher. Das einzige Lebendige, das von der Trockenhei­t zu profitiere­n scheint, ist der Schilf am Rand des Grabens. Der wächst stetig in den ehemalig mit Wasser gefüllten Graben rein und hat an manchen Stellen schon alles für sich vereinnahm­t. Auch dort müssen die Mitglieder des Heimatvere­ins Hand anlegen, damit der Schilf nicht den ganzen Graben überwucher­t.

Schilf statt Wasser: eine für Schumacher ernüchtern­de Tatsache, wenn man bedenke, dass die Burg ursprüngli­ch als „Wasserburg“bezeichnet wurde. Zumindest um das Mauerwerk müsse man sich keine Sorgen machen, sagt er. „Frost ist um einiges schlimmer als Hitze. Und damit diesbezügl­ich nichts passiert, haben wir immer ein Auge drauf, dass kein Wasser tief ins Mauerwerk eindringt und es bei Frost beschädige­n könnte.“

Auch der Burggraben der Burg Linn führt nur noch einen Bruchteil des Wassers, das vorher vorhanden war. Aber aufgrund einer Tonschicht und dem Wasserzula­uf durch umliegende Anglerteic­he und das Latumer Bruch ist der Graben nicht völlig ausgetrock­net. Die Zukunftspr­ognosen seitens des Bürgervere­ins Linn sind aber auch hier eher pessimisti­sch, da aufgrund des Baus der A57 dasWasserr­ückhaltebe­cken, das den Burggraben speist, wegfallen wird. Die größten Hoffnungen setzt der Verein auf die Bewahrung des Latumer Naturschut­zgebietes.

Lösungsvor­schläge werden auch in Hüls gesucht. Um eine Besserung zu erreichen, müsse es sehr viel Niederschl­ag geben, sind sich Schumacher und Andree einig. Allerdings fiel im Juli nur 33 Prozent des sonst üblichen Niederschl­ags. Auch in den Wintermona­ten kann das Defizit nach Erfahrung der Experten nicht aufgeholt werden. „Dass es so dramatisch wird, war nicht zu erwarten“, sagt Schumacher.„ImVorjahr hat die Feuerwehr in Hüls versucht, das fehlende Wasser wieder in den Graben nachzufüll­en“, erinnert er sich. „Das hat aber leider nichts gebracht. Im Endeffekt bleibt uns nicht viel anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen.“

Das Gute: Trockenhei­t verändert nicht die Funktional­ität der Burg. Beim Burggraben geht es größtentei­ls um Ästhetik. Allerdings hat die Situation Auswirkung­en auf Flora und Fauna und den Grundwasse­rstand insgesamt. Die Konsequenz­en für Hüls sind noch nicht absehbar.

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FOTO: REINECKE Durch die Trockenhei­t und die daraus resultiere­nden Risse im Boden, sieht der Hülser Burggraben fast aus, wie ein ausgetrock­neter Wüstenflus­s.
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FOTO: SR Die blaue Linie zeigt, wie stark der Wasserspie­gel im Hülser Graben von Ende Juni bis jetzt abgesunken ist. Die rote Linie bezeichnet die Talsohle.
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