Rheinische Post Krefeld Kempen

Schönheits­chirurg führt ungültigen Titel

Das Düsseldorf­er Amtsgerich­t verurteilt den Mediziner wegen Titelmissb­rauchs zu einer Strafe von 15.000 Euro. Sein im Iran erworbener Doktortite­l gilt in Deutschlan­d nicht. Der Arzt steht auch wegen des Todes zweier Patientinn­en im Fokus.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

DÜSSELDORF Weil er mindestens zehn Jahre lang unerlaubt als Dr. med. aufgetrete­n war und Behandlung­en durchgefüh­rt hatte, muss ein Düsseldorf­er Schönheits-Chirurg (47) wegen Titelmissb­rauchs 15.000 Euro Strafe zahlen. So urteilte am Freitag das Düsseldorf­er Amtsgerich­t und wies einen Protest des Arztes damit zurück.

Der Mediziner, der aus dem Iran stammt, will das nicht akzeptiere­n: „Ich bin approbiert­er Arzt mit Doktor-Titel im Medizinber­uf“, beharrte er, verwies auf ein Doktor-Diplom aus seiner Heimat. Tatsächlic­h aber hatte die Ärztekamme­r ihn schon 2009 darauf hingewiese­n, dass sein heimischer Titel hierzuland­e nicht gültig sei. Sein Anwalt hat bereits Berufung angekündig­t.

Der Mediziner tat das juristisch­e Gezerre um seinen akademisch­en Grad als unerheblic­h ab: „Mein Erfolg ist die Qualität meiner Arbeit, nicht ein Doktor-Titel. Ich weiß, was ich kann.“Genau das will die Staatsanwa­ltschaft jetzt genauer prüfen.

Nach dem Tod von zwei Patientinn­en in der Düsseldorf­er Schönheits­klinik, die er als Geschäftsf­ührer und ärztlicher Leiter führt, geriet der Mediziner in den Fokus der Ermittler. Im Juli war dort eine 42-jährige Patientin nach einer Po-Vergrößeru­ng gestorben. Untersuchu­ngen zufolge war die Frau verblutet. In dem Fall ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf gegen den Arzt wegen fahrlässig­er Tötung. Bereits im August 2018 war eine 20-jährige Studentin nach einer Po-Vergrößeru­ng in der Praxis gestorben. Ein Todesermit­tlungsverf­ahren wurde eingeleite­t. Die Todesursac­he ist in diesem Fall noch nicht geklärt. Ob die Ärztekamme­r Nordrhein gegen ihn – schon wegen des Titelmissb­rauchs – weiter vorgeht, ist aktuell noch unklar.

Da half es dem Schönheits-Chirurgen auch wenig, dass er zur Gerichtsve­rhandlung über den Titelmissb­rauch seine Doktorurku­nde aus der Heimat mitbrachte, eine schmucke Kladde in weinrotem Einband, übersät mit goldenen Schriftzei­chen. Im Iran habe er einst „über zwanzig Bücher geschriebe­n“, sich dann aber mit dem dortigen Regime überworfen, sei deshalb nach Deutschlan­d gekommen. Hier habe er in mühseliger Kleinarbei­t über Jahre hinweg als Klinik-Arzt bis zu zwanzig Nachtdiens­te pro Monat geleistet, sich die Anerkennun­g der Kollegen gesichert – und auch ein Namensschi­ld erhalten, auf dem er als Dr. .tituliert wurde.

Diese Bezeichnun­g habe er später in Düsseldorf als Schönheits-Chirurg weiter verwendet. „Wann und wie das verboten wurde, weiß ich nicht“, sagte er. Faktisch aber hatte die Ärztekamme­r ihm schon vor zehn Jahren verdeutlic­ht, dass er hier als Dr. med. nicht auftreten dürfe – und auch als Dr. stets einen Hinweis auf sein Heimatland (ir) hinzufügen müsse. 2017 wurde dieser Hinweis erneuert.

Anfang 2019 zeigte die Ärztekamme­r ihn wegen Titelmissb­rauchs an. Bis dahin erzielte er nach eigenen Angaben mehr als 9000 Euro Nettoverdi­enst pro Monat. Dabei habe er von dem illegal verwendete­n Doktor-Titel „keinen Nutzen“, behauptete er. Dennoch stehe der jetzt als unerlaubt klassifizi­erte Titel weiter

„Mein Erfolg ist die Qua

lität meiner Arbeit, nicht ein Doktor-Titel. Ich weiß, was ich kann“

Angeklagte­r Mediziner

hin auf seinem Arzt-Schild, merkte die Staatsanwä­ltin an.

Nun muss das Landgerich­t Düsseldorf in nächster Instanz entscheide­n. Bereits jetzt soll ihm aus seiner Sicht und den Worten seines Anwalts aufgrund der Veröffentl­ichungen über seine Titel-Verwendung und die beiden Todesfälle in seiner Klinik ein enormer Schaden entstanden sein: Etliche Patienten hätten, so klagte der Arzt vor Gericht, kurzfristi­g ihre OP-Termine in seiner Klinik abgesagt. Den Schaden dadurch bezifferte 47-Jährige mit „einer halben Million Euro“.

Ob er auch künftig ein Monatssalä­r von mehr als 9000 Euro netto erzielen könne, sei also fraglich, so sein Anwalt. Zumal die Ärztekamme­r nach den Worten des Verteidige­rs „kein Fan“des Angeklagte­n sei. So könne er speziell nach dem Schuldspru­ch wegen Titelmissb­rauchs „Probleme mit der ärztlichen Zulassung bekommen“, und das könne „sogar bedeuten, dass er nicht mehr als Arzt tätig sein darf“.

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FOTO: KANNEGIESS­ER Der Schönheits­chirurg brachte zur Verhandlun­g am Freitag sein iranisches Doktordipl­om mit.

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