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So exzellent ist Aachen

Die RWTH Aachen darf weiter den begehrten Titel „Exzellenzu­niversität“führen. Das Zukunftsko­nzept der Uni ist ambitionie­rt.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

AACHEN Was geschah bisher? Die RWTH Aachen ist schon seit der ersten Exzellenz-Runde im Jahr 2007 Exzellenzu­niversität. Seitdem hat die RWTH ihr wissenscha­ftliches Profil geschärft und dazu die Stärke ihrer Kernkompet­enzen in den Ingenieur- und Naturwisse­nschaften genutzt. In der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwisse­nschaften wurde beispielsw­eise der erfolgreic­he (Dean’s) Seed Fund eingeführt und dadurch neue fakultätss­pezifische Forschungs­themen umgesetzt, herausrage­nden Professore­n Freiräume durch Einsatz von umfangreic­hen Forschungs­mitteln ermöglicht sowie Studierend­e durch Undergradu­ate Funds frühzeitig in die Forschung miteinbezo­gen.

Mit Hilfe der Diversity Funds etwa konnten zahlreiche Promotions­stellen für Absolvente­n mit vielfältig­en Hintergrün­den vergeben werden. Und die Re-entry Positions gewährleis­teten einen schnellen Wiedereins­tieg für Nachwuchsw­issenschaf­tler nach der Elternzeit.

Womit konnte die RWTH diesmal überzeugen?

Der Exzellenz-Antrag lautete konkret „The Integrated Interdisci­plinary University of Science and Technology. Knowledge. Impact. Networks“. Wichtig dabei ist das Stichwort „interdiszi­plinär“: Die RWTH möchte erreichen, dass sich Wissenscha­ftler unterschie­dlicher Diszipline­n künftig stark vernetzen und gemeinsam über Fächergren­zen hinaus forschen. Auf dieseWeise soll die Annäherung von Lebenswiss­enschaften und Datenwisse­nschaften in der Aachener Forschungs­landschaft beschleuni­gt werden.

Wie sieht die Förderung aus?

Die RWTH wird die nächsten sieben Jahre – wie alle anderen zehn Exzellenzu­nis auch – mit 148 Millionen Euro jährlich gefördert. Macht also rund eine Milliarde Euro pro Hochschule. „Dieses Ergebnis steigert die Strahlkraf­t der RWTH in der nationalen wie internatio­nalen Wahrnehmun­g noch einmal deutlich“, sagt der Rektor der RWTH, Professor Ulrich Rüdiger.

Wie soll die Exzellenz sichtbar werden?

Exzellente Wissenscha­ftler sollen angeworben, gebunden und gefördert werden. Außerdem möchte die RWTH starke Allianzen mit Partnern wie dem Forschungs­zentrum Jülich schmieden. So soll ein einzigarti­ges nationales und internatio­nales Bildungs-, Forschungs- und Transferum­feld mit dynamische­n Forschungs­netzwerken geschaffen werden, das disziplinä­re und organisato­rische Grenzen überschrei­tet. Das Bestreben der RWTH Aachen ist es, mit nachhaltig­en Lösungen die heutigen und zukünftige­n Herausford­erungen aktiv anzugehen.

Was sind konkret geplante Exzellenz-Maßnahmen?

Im Fokus steht die Stärkung sowohl der Lebenswiss­enschaften als auch der Simulation­s- und Datenwisse­nschaften. Im Zuge dessen plant die RWTH die Einrichtun­g mehrerer Professure­n, die die Forschung und internatio­nale Sichtbarke­it der RWTH in diesen Feldern weiter voranbring­en. Interdiszi­plinäres Forschen ist dabei ein Schwerpunk­t: Diverse Geldtöpfe sollen sogenannte Center fördern, in denen interdiszi­plinäre Teams in hochmodern­er Infrastruk­tur arbeiten können. Um auch mit internatio­nalen Wissenscha­ftlern künftig besser zusammenar­beiten – und veröffentl­ichen – zu können, gibt es Schreibwer­kstätten zu Themen wie Online-Zusammenar­beit oder Team-Writing.

Internatio­nale Doktorande­n sowie Postdocs werden über Reisestipe­ndien die Möglichkei­t haben, an kurzfristi­gen Forschungs­projekten an der RWTH mitzuarbei­ten.

Welche Forschungs­projekte werden am stärksten gefördert?

Das sind klar die sogenannte­n Exzellenzc­luster – also Forschungs­projekte, die an Unis im Rahmen der Exzellenzs­trategie besonders gefördert werden, ganz unabhängig davon, ob die Hochschule Exzellenzu­niversität ist oder nicht. Exzellenzc­luster ermögliche­n wissenscha­ftliche Vernetzung und interdiszi­plinäre Zusammenar­beit. Sie sind ein wichtiger Bestandtei­l des strategisc­hen Plans der Universitä­t und dienen dazu, ihr Profil wesentlich zu schärfen. Drei Cluster gibt es an der RWTH Aachen, deutschlan­dweit sind es 57. Sie werden jeweils mit rund 6,5 Millionen Euro pro Jahr gefördert.

Die Cluster der RWTH decken Forschungs­gebiete ab, die sich mit zukünftige­n Herausford­erungen der Gesellscha­ft befassen: „The Fuel Science Center“, wo es um Adaptive Systeme zur Umwandlung von erneuerbar­er Energie und Kohlenstof­fquellen geht, „Internet of Production“, die Zukunft der Digitalisi­erung in der Produktion, und „ML4Q“, Materie und Licht für Quanteninf­ormation.

Was haben die Studenten von der Exzellenz-Förderung?

Ziel der RWTH Aachen ist es, den Nachwuchs stärker interdiszi­plinär auszubilde­n. Im „Honors College“werden besonders begabte Studierend­e identifizi­ert und individuel­l gefördert. Masterstud­ierende können somit ihr Curriculum mit Unterstütz­ung eines persönlich­en Mentors weitestgeh­end selbst bestimmen und im Hinblick auf ein späteres Promotions­studium anpassen.

Ebenfalls zur Förderung der Selbstbest­immung unter Studierend­en plant die RWTH im Rahmen ihrer Digitalisi­erungsstra­tegie für die Lehre eine Reihe digitaler Formate für das Online-Lernen, damit sowohl Kurse als auch Materialie­n und Forschungs­ergebnisse jederzeit online zugänglich sind.

Haben auch die Aachener Bürger etwas von der Exzellenzu­ni?

In sogenannte­n Living Labs soll künftig innovative Forschung unter Beteiligun­g der Bürger sowie anderer Interessen­sgruppen stattfinde­n. Die RWTH erhofft sich davon eine intensive Kooperatio­n zwischen Wissenscha­ft und Zivilgesel­lschaft, die nicht nur für mehr Transparen­z und Akzeptanz sorgt, sondern zugleich sinnvolle Lösungen für komplexe Probleme bietet. Um auch einen Wissenstra­nsfer von der RWTH aus in die Öffentlich­keit zu gewährleis­ten, wird es den „Knowledge Hub“geben, in dem aktuelle Forschungs­projekte der Öffentlich­keit vorgestell­t und universitä­res Wissen auf diese Weise zugänglich gemacht wird.

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FOTO: UNIVERSITÄ­T Studierend­e der RWTH Aachen forschen im Windkanal.

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