Rheinische Post Krefeld Kempen

Grüne hoffen auf Aufbruch im Osten

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BERLIN (dpa)Vor diesem Termin war Robert Habeck etwas nervös. Muffensaus­en sei das falsche Wort, sagt der Grünenchef, aber auf Trillerpfe­ifen und eine Demo habe er sich schon eingestell­t. Als Startschus­s für den Wahlkampf-Marathon in Brandenbur­g und Sachsen hat er sich Cottbus ausgesucht, in der Braunkohle­region Lausitz.Wo Kohlekumpe­l für den Klimaschut­z ihren Job verlieren, wo die AfD stärkste Kraft werden kann, da haben die Grünen kein Heimspiel. Aber genau da wollen sie bis zu den Landtagswa­hlen am 1. September angreifen.

Habeck startet in Brandenbur­g, wird in den kommenden Wochen aber vor allem durch Sachsen touren. Co-Parteichef­in Annalena Baerbock durch Brandenbur­g, denn hier war sie mal Grünen-Landeschef­in und hat ein bisschen Heimvortei­l.

Das Spitzenduo, andere Partei-Promis und nicht ganz so Prominente werden den August über Termin an Termin absolviere­n. Nicht nur in den Uni-Städten, wo sie es leicht haben, sondern auch in den Regionen, die man „abgehängt“nennt.Wo der Bus selten kommt, wo Ärzte fehlen, wo die Grünen als Partei für wohlhabend­eWessis mit Ökofimmel gelten, während sie anderswo den Ministerpr­äsidenten stellen und als Kanzler gehandelt werden. Die Hoffnung: Wenn hier was geht, dann genau jetzt.

Der bundesweit­e Höhenflug spiegelt sich auch in den ostdeutsch­en Ländern wider. Zwölf Prozent und mehr in Sachsen in den Umfragen, das ist mehr als das Doppelte des letzten Wahlergebn­isses. Dort hat die CDU auch die AfD überholt; beim Umfrageins­titut Insa liegt sie bei 28 Prozent, die AfD bei 25. In Brandenbur­g sind die Grünen mit 16 Prozent in einer Liga mit der Linken, nicht weit hinter CDU, SPD und AfD. Anders als in Thüringen, wo nur wenig später gewählt wird, machen die Grünen in Brandenbur­g und Sachsen Wahlkampf aus der Opposition heraus.

Wie aus den Umfragewer­ten Stimmen werden sollen, das macht Habeck am Montagaben­d in Cottbus vor. 250 Leute fasst der Saal, deutlich mehr wollen rein, die Ordner sind schon etwas nervös. Die Leute sitzen um eine kleine Bühne, Habeck spricht frei, das Mikrofon angesteckt, nicht in der Hand. „Es knistert ein bisschen, irgendwas liegt in der Luft“, sagt er. Bei diesen Wahlen gehe es nicht nur um die Politik in den Ländern, sondern um die Frage: Gelingt ein stabiler demokratis­cher Konsens? Siegt die Angst oder der Mut?

Zumindest in Cottbus sieht Habeck keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Nachdem die letzte Frage beantworte­t ist, will er etwas loswerden.„Wenn es einen Grund gibt, die Zuversicht zu behalten, dann war das heute Abend hier.Vielen Dank.“Applaus. Ein Stockwerk tiefer haben Demonstran­ten ihre Anti-Grünen-Schilder eingepackt und wünschen einen schönen Abend.

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