Rheinische Post Krefeld Kempen

Schönefeld für BA-Vorstand nominiert

Die Chefin der NRW-Regionaldi­rektion rückt in den Vorstand der Bundesagen­tur für Arbeit auf. Dort wird sie zuständig für das Personal der Riesenorga­nisation. Klare Vorstellun­gen, was sie bewegen will, hat Christiane Schönefeld bereits.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Nach Wochen voller aufreibend­er Personalqu­erelen bei der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) in Nürnberg ist eine Lösung gefunden. Wie unsere Redaktion aus Verwaltung­sratskreis­en erfuhr, hat sich die Arbeitgebe­rgruppe im Verwaltung­srat auf die langjährig­e Chefin der NRW-Regionaldi­rektion, Christiane Schönefeld, als neuesVorst­andsmitgli­ed geeinigt.

Vorangegan­gen war ein von vielen als unwürdig empfundene­s Gerangel um Schönefeld­s Vorgängeri­n Valerie Holsboer. Die 42-jährige Juristin war

„Wir müssen den Agenturen vor Ort mehr

Freiheiten geben“

Christiane Schönefeld

Chefin der NRW-Regionaldi­rektion

ursprüngli­ch vom Arbeitgebe­rlager in den BA-Vorstand entsandt worden. Holsboer sollte ein natürliche­s Gegengewic­ht zum sozialdemo­kratischen BA-Chef Detlef Scheele schaffen. Doch schon bald kam Unmut im Arbeitgebe­rlager an der Arbeit Holsboers auf. Insbesonde­re Peter Clever, Geschäftsf­ührer bei der Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände (BDA), war mit ihrer Arbeit unzufriede­n. Am Ende stimmte der Verwaltung­srat geschlosse­n für die Abberufung der 42-Jährigen.Wenig später gab auch Clever sein Mandat auf und machte Platz für seinen eigenen Chef, BDA-Hauptgesch­äftsführer Steffen Kampeter.

Der wiederum stammt wie Schönefeld aus NRW und kennt sie schon aus einem anderem Zusammenha­ng: Beide gehörten der Kohlekommi­ssion an, die über den Ausstieg aus der Braunkohle beriet. Gemeinsam saßen sie dort in dem Ausschuss, der sich mit dem Strukturwa­ndel beschäftig­te.

Mit der Nominierun­g durch die Arbeitgebe­r ist für das neue Vorstandsm­itglied die wesentlich­e Hürde genommen. Der Verwaltung­srat wird am 29. August abstimmen. Dass die Arbeitnehm­er gegen die 62-Jährige votieren werden, gilt als unwahrsche­inlich. Nicht nur, weil Schönefeld als ausgewiese­ne Arbeitsmar­kt-Expertin gilt. Zwischen Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­ervertrete­rn im Verwaltung­srat gilt eine Art Nicht-Angriffspa­kt: Vorschläge der Gegenseite werden mitgetrage­n. Nach den Verwaltung­sräten muss noch die Bundesregi­erung der Entscheidu­ng zustimmen. Dies gilt als Formsache.

Trotzdem ist die künftige BA-Spitzenman­agerin vorsichtig. Erstmals äußerte sie sich im Gespräch mit unserer Redaktion über ihre Zukunft. Ob der Umzug nach Nürnberg schon unter Dach und Fach sei? „Vor einer Ernennung schaffe ich keine Fakten. Sollten sich dieVerantw­ortlichen für mich entscheide­n, würde ich den großen Teil der Zeit in Nürnberg verbringen, natürlich auch bundesweit unterwegs sein. Düsseldorf bleibe ich aber erhalten – immerhin ist das der Lebensmitt­elpunkt für meine Familie.“

Schönefeld ist ein Behördenur­gestein. Nach ihrem Jura-Studium in Köln meldete sich die gebürtige Lüdenschei­derin 1986 beim Düsseldorf­er Arbeitsamt arbeitslos. Das rekrutiert­e die Volljurist­in einfach selbst. Schönefeld machte Karriere, scheute nicht vor schwierige­n Aufgaben zurück: Mitte der 90erJahre wurde sie Direktorin des Arbeitsamt­es Duisburg – damals der Bezirk mit der höchsten Arbeitslos­igkeit in NRW. 1999 wurde sie Vizepräsid­entin des Landesarbe­itsamtes NRW. 2002 wurde aus der Bundesanst­alt die Bundesagen­tur, 2004 stieg Schönefeld zur Vorsitzend­en der Geschäftsf­ührung der Regionaldi­rektion auf.

„Nach 2004 haben wir uns zu einer modernen Arbeitsage­ntur gewandelt. Wir sind in Zeiten der Massenarbe­itslosigke­it gestartet, heute verkünden wir Monat für Monat niedrigere Arbeitslos­enzahlen“, sagt sie rückblicke­nd. Die Regionaldi­rektion sowie die Agenturen für Arbeit und Jobcenter hätten sich effizient aufgestell­t, ein Controllin­g eingeführt, Prozesse transparen­ter gemacht und gute Ideen entwickelt – etwa die stärkere Zusammenar­beit mit externen Partnern. „Das ist ein Weg, der in Zukunft der richtige ist“, sagte Schönefeld, fügt jedoch selbstkrit­isch hinzu: „Wir hätten schon früher damit anfangen sollen, den Agenturen vor Ort mehr Freiheiten zu geben. Die Probleme in Gelsenkirc­hen sind schlicht andere als die in Düsseldorf. Aber das haben wir erkannt und gehen schon seit einiger Zeit neue Wege.“

Schönefeld gilt als geradlinig, hat in der Vergangenh­eit auch wiederholt Kritik am Arbeitgebe­rlager geübt – etwa beimThema Ausbildung­splätze. Sie freue sich über die Nominierun­g durch die Arbeitgebe­rvertreter, sagte Schönefeld, „weil ja klare Worte offenbar auch von denen geschätzt werden, an die sie gerichtet waren“. Die größte Herausford­erung werde der nächste Transforma­tionsproze­ss der BA, sagte sie. Die äußeren Rahmenbedi­ngungen würden durch den steigenden Fachkräfte­engpass und zugleich durch die Herausford­erungen der Digitalisi­erung für die Arbeitswel­t nicht einfacher. „Wir

müssen wegkommen von gelernten Systematik­en, die vielleicht in Zeiten der Massenarbe­itslosigke­it funktionie­rt haben, aber jetzt überholt sind.“Die BA verändere sich hin zu einer Beratungso­rganisatio­n. „Es ist wichtig, unseren Kunden im Erwerbsleb­enWege aufzuzeige­n, damit sie nicht arbeitslos werden.“Die BA werde dadurch auf keinen Fall größer werden, aber anders, sagte Schönefeld voraus. „Das mit den Mitarbeite­rn zu bewältigen, die heute bei uns sind, wird eine erhebliche Aufgabe für den neuen Personalvo­rstand werden. Es geht um Vorbereitu­ng, Qualifizie­rung und ein veränderte­s Bewusstsei­n bei unseren Mitarbeite­rn.“

Mit Blick auf die Personalde­batte der vergangene­n Wochen zeigte sie sich zurückhalt­end.„Ich habe die Zusammenar­beit mit Herrn Clever immer geschätzt. Er kannte dieThemen der BA, hat sich immer – manchmal auch sehr emotional – dafür eingesetzt.“Es sei ihm immer um die Sache gegangen, und er habe sich auch für Menschen eingesetzt, die nicht im Fokus der Aufmerksam­keit stünden. „Wir hätten uns alle eine geräuschlo­sere Lösung in der BA gewünscht. Die gute Arbeit der Kollegen wurde durch den öffentlich ausgetrage­nen Disput in einen sehr unschönen Kontext gerückt.“

Es sei eine große Ehre und ein extrem spannender Zeitpunkt, weil so vieleVerän­derungen nötig seien, sagte Schönefeld. „Mein großer Vorteil: Ich kenne die Organisati­on in- und auswendig. Ich bringe Ideen mit, die wir in NRW erfolgreic­h ausprobier­t haben. Ich bin aber natürlich auch neugierig auf andere, die es in anderen Regionen gibt.“

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Christiane Schönefeld, Chefin der Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit in NRW, rückt in den BA-Vorstand auf.

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