Rheinische Post Krefeld Kempen
Windkanal und Rollen statt Ski und Schnee
Krafttraining, Laufeinheiten, Radfahren – die Trainingsmöglichkeiten im Sommer sind vielfältig. Aber wie bereiten sich die Wintersportler auf ihre Saison vor, wenn ihr wichtigstes Element fehlt?
DÜSSELDORF Im Sommer werden die Sieger des Winters gemacht. Dieser Spruch wird von den Wintersportlern gerne bemüht, wenn es um die Vorbereitung auf die Saison geht. Athletik, Kondition, Kraft können zu jeder Jahreszeit trainiert werden. Nach einer kurzen Pause im März beginnen die meisten Wintersportler damit bereits im April und konzentrieren sich bis Anfang Juni auf Grundlagentraining. Aber wie bereiten sich Skispringer, Alpine, Bobfahrer und Rodler oder Biathleten eigentlich auf die Saison auf Eis und Schnee vor, wenn genau das fehlt? Wie trainieren sie mit ihrem Material, und wie proben sie die genauen Bewegungsabläufe? Bei einigen Sportarten geht auch das im Sommer ohne Probleme, andere müssen da kreativer werden. Wir stellen einige Trainigsmethoden der Wintersportler vor.
Skispringen Die Skispringer haben es mitlerweile am einfachsten, ihre Sportart auch im Sommer nahezu unter normalen Bedingungen zu trainieren. Die Schanzen sind mit Keramikspuren ausgestattet, auf denen im Sommer wie im Winter trainiert wird. Im Sommer landen die Springer dann auf bewässerten Matten statt auf Schnee. „Sie können mit den gleichen Anzügen, den gleichen Ski, den gleichen Schuhen trainieren wie im Winter“, sagt Ralph Eder vom Deutschen Skiverband (DSV). Seit Ende Juli haben die Skispringer sogar ihre eigene Sommer-Wettkampfserie – den Sommer-Grand-Prix. Im Frühjahr trainieren die Athleten zuvor Kraft und Ausdauer.
Doch auch die Skispringer müssen beim Training kreativ werden: Sie gehen im Sommer immer wieder in den Windkanal, um die Flughaltung zu simulieren und die Aerodynamik der Position und des Materials zu testen. Das sieht nicht nur spektakulär aus, es hat auch den Vorteil, dass die Sportler mehrere Minuten an Seilen und mit den langen Ski an den Füßen in der Flughaltung verharren können. Auf der Schanze dauert diese Phase nur wenige Sekunden.
Biathlon und Langlauf Für die Laufdisziplinen geht es im Sommer vor allem um Grundlagenarbeit. Die Athleten trainieren mit Berg- und Langstreckenläufen und einigen schnellen Einheiten ihre Laufstärke und Ausdauer. Die genauen Laufeinheiten würden je nach Sportart und Disziplin variieren, sagt Eder. Die Sprinter müssten anders trainieren als die Langstreckenläufer. Die Athleten legen auch zahlreiche Kilometer auf dem Rad zurück.
Außerdem können sie den Bewegungsablauf, den sie im Winter mit Ski und Stöcken haben, durch Skiroller auf Asphalt simulieren. Dadurch können die Biathleten auch die Situation nachstellen, nach hoher Laufbelastung präzise schießen zu müssen. Sie laufen erst einige Kilometer auf Skirollern und schießen dann am Schießstand. Dort trainieren sie den Sommer über auch ihre Schusstechnik.
Nordische Kombination Auf den Schanzen können die Nordischen Kombinierer im Sommer genauso trainieren wie die Skispringer. Ihre Lauffähigkeiten trainieren sie mit Skirollern und Laufeinheiten. So, wie ihre Sportart die Kombination aus Skilanglauf und Skispringen ist, ist auch das Sommertraining eine Mischung aus beiden Trainingsmöglichkeiten.
Bob und Rodeln Die Rodelfahrer des deutschen Verbandes sind dieser Tage bei einem gemeinsamen Lehrgang. Dort stehen nicht nur Kraft- und Lauftraining auf dem Programm, sondern auch surfen. Das soll nicht nur den Spaßfaktor erhöhen, sondern auch die Koordination trainieren und viele Muskelgruppen ansprechen. Denn die Piloten dürfen im Winter im Eiskanal nicht die Orientierung verlieren.
Ansonsten müssen sie vor allem ihre Schnellkraft beim Laufen trainieren, um den Schlitten oder Bob auf Geschwindigkeit zu bringen. Zudem müssen Nacken-, Rücken- und Rumpfmuskulatur aufgebaut werden, damit die Körper den Kräften, die auf den Bahnen wirken, standhalten.
Genauso wichtig ist allerdings die Arbeit am Material der Fahrzeuge. Um die neuen Entwicklungen zu testen, geht es sowohl in den Windkanal als auch mit Rollen unter den Bobs und Schlitten auf Rodelbahnen. Neben den gemeinsamen Lehrgängen trainieren die Sportler individuell mit ihren Heimtrainern. Denn vor allem bei den Bobfahrern sind je nach Position im Bob ganz unterschiedliche Fähigkeiten gefordert. Die Anschieber müssen zum Beispiel vor allem ihre Schnellkraft trainieren. Deswegen trainieren sie oft wie Sprinter. Der Pilot muss dagegen die Technik und Koordination trainieren.
Alpine Skifahrer und Skicrosser DieseWintersportler haben es im Sommer wohl am schwersten. Für sie ist Training auf Schnee unerlässlich. Die Alpinen trainieren die Anfahrtspositionen zwar auch imWindkanal, die Technik können sie aber nur auf Schneepisten richtig einstudieren. Teilweise würden dafür Einheiten in den Skihallen in Neuss oder Oberhof stattfinden, sagt Eder. Diese würden meist mit Konditions-Blocks gekoppelt.
Hauptsächlich würden die Skifahrer aber dem Schnee hinterher reisen. Das sei vor allem in den technischen Disziplinen unerlässlich. Direkt nach der Saison finden noch einige Trainigscamps statt, weil dann die Schneebedingungen noch gut sind. Im Frühjahr arbeiten die Sportler dann an den Grundlagen und der Koordination.Wo immer es möglich sei, werde das Wackelbrett in die Übungen einbezogen, um die Koordination so gut wie möglich zu schulen, sagt Eder. Im Juni und Juli versuchen die Alpinen auf Gletschern zu trainieren. Das werde aber zunehmend schwerer, wegen der klimatischen Veränderungen. Im August und September geht es dann Richtung Argentinien, Chile oder Neuseeland, wo die Wetterbedingungen zu dieser Zeit Training auf Schnee erlauben. Kurz vor Saisonbeginn geht es dann Ende September zurück nach Europa, wo vor allem in Österreich auf den Gletschern mit guter Schneeunterlage trainiert werden kann.
Eisschnell- und Eiskunstlauf In Deutschland, Österreich und den Niederlanden gibt es zahlreiche Eishallen, die den Leistungsportlern auch im Sommer Eiszeiten ermöglichen. Dort können sie ihre Lauftechnik und neue Figuren unter normalen Winterbedingungen trainieren. In den Phasen, in denen keine Eishallen zur Verfügung stehen, trainieren die Athleten Ausdauer und Kraft. Die Eiskunstläufer nutzen den Sommer zum Feilen an ihren neuen Choreographien und speziellen Sprüngen. Dazu braucht es auch Einheiten auf dem Trockenen. Hebefiguren werden zum Beispiel zunächst auf festem Boden einstudiert und erst dann auf dem Eis.