Rheinische Post Krefeld Kempen
Wie Menschen wieder Arbeiten lernen
Burn-Out, Arbeitslosigkeit oder Mobbing: Im Berufstrainingszentrum sollen Teilnehmer mit psychischen Erkrankungen ihren Weg zurück in den Arbeitsmarkt finden. Sie lernen, sich zu organisieren, aber auch „Nein-Sagen.“
Der Helm wird aufgezogen, das Visier herunter geklappt, dann sprühen in der Werkstatt des Berufstrainingszentrum (BTZ) die Funken: An einem Metallgestell sollen die Teilnehmer das Schweißen erlernen.
Am Nauenweg in Krefeld sollen Menschen mit psychischen Erkrankungen und Beeinträchtigungen zurück in den ersten Arbeitsmarkt finden.
Vor gut zwei Jahren hat dort ein Standort des Berufstrainingszentrum der Stiftung Bildung und Handwerk eröffnet, die ihren Sitz in Paderborn hat. Dort wurde schon vor mehr als 20 Jahren ein Berufstrainingszentrum eröffnet, 2016 folgte eins in Bielefeld und seit 2017 gibt es die Station in Krefeld. „Der Bedarf ist auf jeden Fall da“, erzählt die Psychologin und Leiterin Roxana Gladis. Das Angebot richtet sich an alle Personen, die durch eine psychische Erkrankung in ihrem Berufsleben eingeschränkt sind, die ihren Job verloren haben, aber auch an diejenigen, die eine berufliche Orientierung bekommen wollen. „Die Gründe, warum Menschen zu uns kommen sind ganz unterschiedlich“, sagt auch Roxana Gladis. Denn von psychischen Erkrankungen seien Menschen aller Altersklassen und aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern betroffen.
Manchmal sei sogar die Arbeit der Grund für eine psychische Belastung gewesen: „Einige von ihnen haben Mobbing erlebt, andere leiden an Burn-Out“, erzählt sie. Aber auch eine lange Arbeitslosigkeit könne zu psychischen Erkrankungen führen – zu Angststörungen oder Depressionen.
Im Krefelder Berufstrainingszentrum sollen die Teilnehmer wieder schrittweise an das Berufsleben herangeführt werden. „Unser Kerngeschäft ist die Integrationsmaßnahme“, sagt Gladis. Dabei werden die Teilnehmer zwölf Monate in einem bestimmten Bereich eingesetzt – sie arbeiten in der Küche mit Catering, in der Werkstatt, werden in der Lagerlogistik oder Verwaltung tätig oder fertigen verschiedene Textilien und Dekorationsstücke an. Die Wahl orientiert sich an den Interessen und den Vorkenntnissen der Betroffenen. Ein fachpraktischer Trainer leitet die Teilnehmer an, unterstützt wird er durch Ergotherapeuten, Psychologen und Sozialarbeitern. Es geht aber nicht in erster Linie darum, sich Fachwissen anzueignen. Vielmehr sollten die Grundarbeitsfähigkeiten trainiert werden. „Wer lange aus dem Berufsleben heraus war, der muss sich überhaupt erst einmal wieder an eine Tagesstruktur gewöhnen“, sagt Gladis. Während einige erst einmal lernen müssen ihren Tag und ihre Aufgaben zu strukturieren und zu organisieren, gibt es auch Teilnehmer mit einem anderen Bedarf. „Sie lernen „Nein-zu-sagen“, wenn das eigene Pensum erreicht ist. Wir zeigen Strategien auf, wie sie mit Stress umgehen und wie sie bei Konflikten reagieren können.“„Selbstfürsorge ist ein wichtiges Stichwort“, sagt Gladis.
Auch betriebliche Praktika gehören zur Maßnahmen. „Das ist nicht zu verwechseln mit einem Schülerpraktikum“, betont Gladis.„Immerhin sind es Menschen mit Berufserfahrung, die richtig mitmachen. Hier suchen wir immer nach Unternehmen, die mit uns kooperieren wollen“, sagt Gladis. „In Zeiten des Fachkräftemangels können Firmen so auch potenzielle neue Arbeitnehmer jenseits ihrer Bewerbungsunterlagen kennenlernen.“
Die Teilnehmer können nach dem Jahr in ihren alten Beruf zurückkehren – besonders viele Kaufleute entscheiden sich für ihren alten Berufszweig – oder einen Job als Quereinsteiger ergreifen „Wir hatten einmal einen Mann, der aus edm Handwerk kam und bei uns seine Leidenschaft fürs Soziale entdeckt hat“, erzählt Gladis. „Er hat nun eine Weiterbildung zum Alltagsbegleiter gemacht und ist glücklich mit der neuen Aufgabe.“
Psychische Erkrankungen hat es immer gegeben, verstärkt würden sie durch die Schnelllebigkeit und einen immer komplexer werdenden Berufsalltag. „Es ist wichtig, aufzuklären und nicht wegzusehen, es kann jeden treffen, .“