Rheinische Post Krefeld Kempen
Ökonomen warnen vor Rezession
Die deutsche Ausfuhr sank im Juni um acht Prozent. Der Chef der Wirtschaftsweisen sieht hohe Risiken für die Wirtschaft.
Stark rückläufige Exportzahlen haben die Furcht vor einer deutlichen Konjunkturwende und einer drohenden Rezession in Deutschland genährt. Im Juni schrumpfte die deutsche Ausfuhr gegenüber dem Vorjahresmonat um acht Prozent und damit so stark wie seit Mitte 2016 nicht mehr, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Im gesamten ersten Halbjahr verbuchten die Exporteure nur noch ein geringes Plus von 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, schließt eine Rezession und damit die Schrumpfung der Wirtschaftsleistung über mehrere Quartale nicht mehr aus.
Hauptursache der Rezessionsängste ist der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Handelskonflikt mit China. Trump hatte vergangeneWoche neue Strafzölle gegen China verhängt und die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt. Die Eskalation dieses Konflikts berührt auch die exportabhängige deutsche Wirtschaft, weil sich in China bereits deutliche Bremsspuren zeigen. Die Volksrepublik hatte als Reaktion auf Trump ihre Währung Renminbi abgewertet, um die eigenen Exporte anzukurbeln.
Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer rechnet mit einem „Handelskrieg im Dauerzustand“, der die kommenden Jahrzehnte prägen könnte – keine guten Aussichten.„Eine anhaltende Schrumpfung der Wirtschaft ist nach wie vor unwahrscheinlich, solange sich die Handelskonflikte in der Welt nicht weiter zuspitzen“, sagte Wirtschaftsweisen-Chef Schmidt dem „Spiegel“. „Sollte es aber dazu kommen, ist auch eine Rezession nicht ausgeschlossen.“Die Wirtschaft könne in diesem Jahr langsamer wachsen, als es der Rat bislang vorhergesagt hat. Im März hatte er ein Wachstum von 0,8 Prozent prognostiziert. Die Bundesregierung hatte ihre Vorhersage auf 0,5 Prozent reduziert, was auf eine Stagnation der Wirtschaft hinausliefe.
„Deutschland steht im Sommer 2019 an der Grenze zwischen Stagnation und Rezession“, sagte Klaus Borger, Konjunkturexperte der Förderbank KfW. Der Industrieverband BDI reagierte alarmiert auf den Rückgang der Exportzahlen. „Im gesamten ersten Halbjahr sind die deutschen Exporte auf der Stelle getreten. Die konjunkturelle Lage droht noch schlimmer zu werden“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. „Die eskalierenden Handels- und Währungskonflikte vergrößern die Unsicherheit in der Wirtschaft. Das bremst den Außenhandel und trübt das weltwirtschaftliche Wachstum erheblich. Eine Besserung der Lage zeichnet sich derzeit nicht ab.“
Die Konjunkturschwäche hat bereits eine Debatte über ein staatliches Konjunkturprogramm und den Wiedereinstieg in die Neuverschuldung ausgelöst. In der SPD mehren sich Rufe nach der Abkehr von der „schwarzen Null“und einer Aufweichung der Schuldenbremse – auch um dringende Klimaschutz-Maßnahmen zu bezahlen.
Ifo-Chef Clemens Fuest wies die Forderungen zurück. „Für den Klimaschutz brauchen wir einen einheitlichen CO2-Preis, nicht neue Schulden“, sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts. „Die ,schwarze Null’ ist eine politische Festlegung, an der man nicht festhalten sollte, wenn die Konjunktur einbricht. So weit sind wir allerdings noch nicht“, sagte Fuest. „Die Schuldenbremse bietet gleichzeitig genug Handlungsspielräume, auch bei schwächelnder Konjunktur“, sagte der Münchner Ökonom.