Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein virtuelles Krankenhau­s für NRW

Spezielle Experten sollen Fachärzte und Krankenhäu­ser in schwierige­n Fällen über Datenautob­ahnen unterstütz­en. Ähnliche Modelle gab es schon oft. Aber dieses Mal könnten die Patienten davon auf Dauer profitiere­n.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Weder Patienten, noch Ärzte werden es je zu Gesicht bekommen. Denn der Kern des „virtuellen Krankenhau­ses“, das NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) aufbauen will, besteht nur aus einer Datenautob­ahn und ein paar Verträgen.

Und doch soll die Konstrukti­on Leben retten. Immer dann, wenn behandelnd­e Ärzte in schwierige­n Fällen nicht weiter wissen. Dann soll

„Wir wollen Wissen teilen und so das Leben

verbessern“

Karl-Josef Laumann (CDU)

NRW-Gesundheit­sminister

Laumnanns virtuelles Krankenhau­s die besten Spezialist­en des Landes mit den herkömmlic­hen Krankenhäu­sern und Facharztpr­axen verknüpfen, um sicherzust­ellen, dass für den Patienten keine Chance ungenutzt bleibt. „Wir wollen Räume überwinden, Wissen teilen und so das Leben verbessern und verlängern“, kündigt Laumann das Projekt an, das er selbst „eines der wichtigste­n meiner Gesundheit­spolitik“nennt.

Ab kommendem Frühjahr sollen behandelnd­e Ärzte in NRW sich mit dem Start der Pilotphase bei seltenen Erkrankung­en und schwierige­n Fällen mit den jeweiligen Koryphäen des Fachs über Bildschirm­e beraten, mit ihnen Laborwerte, Röntgenbil­der, Filme von schlagende­n Herzen oder Bewegungss­törungen austausche­n können. Teilweise sollen auch Patienten virtuelle Sprechstun­den besuchen können.

Internetge­stützte Super-Experten-Netzwerke zur Gewährleis­tung der bestmöglic­hen Versorgung in der Fläche wurden in NRW allerdings schon oft versproche­n. Obwohl die Patienten von entspreche­nden Modellproj­ekten fast immer profitiert haben, verliefen die meisten im Sande. Meistens, weil nach dem Auslaufen der öffentlich­en Fördergeld­er niemand mehr die Kosten übernehmen wollte.

Für die dauerhafte Finanzieru­ng seines virtuellen Krankenhau­ses greift der altgedient­e Gesundheit­spolitiker Laumann deshalb in die Trickkiste der Behördenve­rfahren. In dem Krankenhau­splan, mit dem er gerade ohnehin die gesamte Krankenhau­slandschaf­t in NRW neu organisier­en will, ist für sein virtuelles Krankenhau­s jetzt schon ein Platz reserviert. So kann das virtuelle Krankenhau­s von Anfang an eigenständ­ige Verträge mit Krankenkas­sen aushandeln. Die Aufbauphas­e unterstütz­t das NRW-Gesundheit­sministeri­um mit zwei Millionen Euro pro Jahr.

Die Zustimmung der wichtigste­n Krankenkas­se hat Laumann sich schon gesichert: „Insbesonde­re bei unvorherse­hbaren Komplikati­onen und für Patienten, deren Gesundheit­szustand eine Verlegung in ein anderes Krankenhau­s nicht zulässt, bietet dieses telemedizi­nische Versorgung­sprojekt eine große Chan

ce“, kommentier­te AOK-Vorstand Matthias Mohrmann Laumanns Pläne.

Auch Thomas Ittel, Chef des Unikliniku­ms der RWTH Aachen, ist zuversicht­lich. „Das ist eine Chance, Ungleichhe­iten der Lebensverh­ältnisse auszugleic­hen und gleiche Qualität an allen Orten verfügbar zu machen“, meint Ittel. Die entscheide­nde Rolle von Expertenwi­ssen habe jüngst eine bundesweit­e Studie aufgezeigt. Immerhin bei einem Drittel von 500 untersucht­en Patienten mit Lebermetas­tasen, die von ihren Ärzten aufgegeben worden waren, hätten Experten doch noch Chancen gesehen.

Der Dachverban­d der NRW-Krankenhäu­ser nutzt die Pläne für das virtuelle Krankenhau­s, um vorsorglic­h mehr Geld einzuforde­rn: Bund und Land sollten „angelehnt an das gleichnami­ge Milliarden­programm für die Schulen auch Fördermitt­el für die Digitalisi­erung der Krankenhäu­ser zur Verfügung stellen“, so die Krankenhau­sgesellsch­aft Nordrhein-Westfalen.

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FOTO: DPA Gesundheit­sminister Laumann (CDU) plant ein „virtuelles Krankenhau­s“für NRW: Eine neue Plattform, auf der sich Fachärzte zu konkreten schwierige­n Fällen austausche­n können.

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