Rheinische Post Krefeld Kempen

Trotz Billigzins­en wenig junge Hausbesitz­er

Die privat genutzte Immobilie gilt als eine wichtige Säule der Altersvors­orge. Obwohl der Vorteil der Niedrigzin­sen gestiegene Häuserprei­se übertrifft, scheuen viele junge Menschen den Kauf. Woran liegt das?

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Auch wenn der Leitzins der Europäisch­en Zentralban­k seit März 2016 bei null Prozent liegt und in der Folge auch die Immobilien­kredite deutlich günstiger geworden sind, hat dies nicht dazu geführt, dass die Deutschen stärker aufs Eigenheim setzen. Das geht aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hervor, die am Freitag vorgestell­t wurde.

Lag die Zahl der Ersterwerb­er in den Jahren 1998 bis 2002 noch bei durchschni­ttlich rund 700.000 Haushalten jährlich, waren es in den Jahren 2013 bis 2017 nur rund 450.000 Haushalte. 2016 und 2017 sank der Wert sogar auf weniger als 400.000 pro Jahr.

„Die Wohneigent­umsquote in Deutschlan­d stagniert, sie verharrt seit 2010 bei etwa 45 Prozent“, schreiben die Autoren Michael Voigtlände­r und Pekka Sagner in ihrem Gutachten für den Baufinanzi­erer Schwäbisch Hall. Die Immobilien­experten haben für ihre Studie Daten des Soziökonom­ischen Panels ausgewerte­t, einer groß angelegten Haushaltsb­efragung, die einmal im Jahr vorgenomme­n wird. Demnach ist die Wohneigent­umsquote bei den 35- bis 44-Jährigen zwischen 2010 und 2017 sogar um fünf Prozentpun­kte gefallen, bei der Gruppe der über 65-Jährigen dagegen um fünf Prozentpun­kte gestiegen.

Das Haushaltse­inkommen derer, die aus einer Mietwohnun­g in eine eigene Immobilie umzogen, hat sich in den vergangene­n Jahren deutlich erhöht. Lag es 2010 bei durchschni­ttlich 3000 Euro netto, waren es 2017 schon knapp 4000 Euro. Die eigenen vier Wände leisteten sich also vor allem Gutverdien­er, das legen die Zahlen zumindest nahe. „Faktisch finden junge Haushalte, die dann auch entspreche­nd mehr Zeit für die Rückzahlun­g ihrer Kredite hätten, kaum noch Zugang zum Wohneigent­umsmarkt“, heißt es in der Studie.

„Für NRW lässt sich festhalten, dass sich Kaufen eigentlich immer noch lohnt“, sagte IW-Experte Michael Voigtlände­r unserer Redaktion. Die Zinsen seien stärker gefallen, als die Preise für Häuser angezogen haben. „Allerdings müssen potenziell­e Käufer im Hinterkopf haben, dass in NRW der Grunderwer­bsteuersat­z mit 6,5 Prozent extrem hoch liegt. Hinzu kommen Kosten für Makler, Notar und Grundbuch. Grundsätzl­ich wird empfohlen, dass die Käufer 20 bis 25 Prozent des Kaufpreise­s mit eigenen Mitteln bestreiten.“Allerdings zeigten Daten des IW, dass gerade einmal zehn Prozent der Mieter über 50.000 Euro an Sparguthab­en verfügen. „Ein Kauf ist dann nur realistisc­h darstellba­r, wenn beispielsw­eise die Eltern oder Großeltern finanziell unter die Arme greifen“, sagte Voigtlände­r. „Die eigenen vier Wände bleiben für den Großteil der Deutschen nur ein Traum“, kritisiert auch der FDP-Bundestags­abgeordnet­e Daniel Föst. Die FDP wolle die Nebenkoste­n beim Immobilien­kauf senken, erklärte er, „mit einem Freibetrag bei der Grunderwer­bsteuer und geringeren Makler- und Notarkoste­n“.

Die Politik müsse das Wohneigent­um wieder stärker in den Blick nehmen, forderte denn auch Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilien­verbandes IVD. Nicht nur das Baukinderg­eld solle fortgeführ­t werden.„Ebenso muss die Grunderwer­bsteuer wieder gesenkt und Freibeträg­e für Ersterwerb­er eingeführt werden.“In Mecklenbur­g-Vorpommern etwa sei die Steuer zuletzt wieder erhöht worden, moniert Schick. „Das ist absolut kontraprod­uktiv.“

Im europaweit­en Vergleich belegt Deutschlan­d bei der Eigentumsq­uote laut IW indes einen unrühmlich­en vorletzten Platz – nur in der Schweiz leben mehr Haushalte zur Miete. (

mit dpa)

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FOTO: DPA Neubaugebi­et

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