Rheinische Post Krefeld Kempen

Über Steuern: Plädoyer für Wettbewerb

Die sogenannte Zonser Erklärung ist bislang nur formal diskutiert worden: Durfte Oberbürger­meister Frank Meyer einfach so unterschre­iben? Auch die inhaltlich­e Debatte lohnt. Die Erklärung ist gefährlich.

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Monheim mit seinen gut 40.000 Einwohnern im Kreis Mettmann hat ein kleines Wunder vollbracht: Das Städtchen hat innerhalb von sechs Jahren aus einem Schuldenst­and von 125 Millionen Euro einen Überschuss von knapp 78 Millionen Euro gemacht. Sogar die „Süddeutsch­e“hat darüber berichtet. Wenn es nach 34 Kommunen in NRW geht, die die sogenannte Zonser Erklärung unterschri­eben haben, darf so etwas nicht mehr passieren. Monheim müsste solidarisc­h im Schuldensu­mpf steckenble­iben, Bittstelle­r bei Land oder Bund bleiben und auf Hilfe warten.

Das ist zugegeben zugespitzt, aber so in etwa könnte man den Geist der Zonser Erklärung umschreibe­n, die von 34 NRW-Kommunen, darunter Krefeld, unterschri­eben wurde (wir berichtete­n). Mit der Zonser Erklärung hatten Städte und Gemeinden aus NRW auf Einladung der Stadt Dormagen ein Zeichen gegen „Gewerbeste­uerdumping“setzen wollen. „Eine deutliche Senkung der Gewerbeste­uer ist für die meisten Kommunen nicht zu kompensier­en“, behauptete seinerzeit Krefelds Oberbürger­meister Frank Meyer. Monheim zeigt: Es geht.

Das Gegenargum­ent ist bekannt: Monheim müsse als 40.000-Einwohner-Städtchen weder ein Theater noch sonstige teure städtische Infrastruk­tur vorhalten; die Einwohner fahren eben ins Umland, wenn sie was erleben wollen. Das Argument überzeugt nicht; man müsste erst einmal durchrechn­en, wie viele Monheimer in fremde Theaterhäu­ser und Badeanstal­ten pilgern. Die gesamte übrige Infrastruk­tur der Daseinsvor­sorge fällt bei allen Städten proportion­al zu ihrer Einwohnerz­ahl bei entspreche­nden Schlüsselz­uweisungen des Landes an. Hier herrscht Waffenglei­chheit.

Man kann die Zonser Erklärung auch ganz anders lesen: als Versuch einer kollektive­n Preisabspr­ache. Der Verzicht auf „Steuerdump­ing“ist neutral gesagt der Verzicht auf Wettbewerb um günstige Steuersätz­e. Dieser Verzicht würde Städte und Räte endgültig von dem Zwang befreien, gute Wirtschaft­spolitik zu machen. Der Griff zur Steuerschr­aube würde viel einfacher werden: Jeder Rat könnte sagen: Bitte, die anderen machen es doch auch so.

Der Monheimer Bürgermeis­ter Daniel Zimmermann, seinerzeit mit 27 Jahren der jüngste Bürgermeis­ter von NRW, war frech genug, die Preise drastisch zu senken, von 435 auf 260 Punkte. Der Hebesatz in Krefeld liegt übrigens bei 480 Punkten. Der Erfolg für Monheim war überwältig­end.

Diese Zonser Erklärung ist gefährlich, weil sie so lieb daherkommt (Solidaritä­t!). Sie hat ihr Recht dort, wo die Kommunen um strukturel­le Besserstel­lung kämpfen. Es dämmert in Land und

Bund langsam, dass die Unterfinan­zierung der Kommunen teils dramatisch ist. Der Föderalism­us in Deutschlan­d ist in der Tat krank. Nur: Absprachen bei der Steuer unter dem Deckmäntel­chen kommunaler Solidaritä­t sind am Ende die Einladung, immer hemmungslo­ser an der Steuerschr­aube zu drehen. Die Alternativ­e muss heißen: gute Wirtschaft­spolitik. Aus diesem Zwang darf man die Kommunen nicht entlassen.

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