Rheinische Post Krefeld Kempen

Disco-Fever in der Pampa

Diese Lücke war einfach zu groß: Weil der Range Rover immer teurer wurde und der Defender rustikal bleiben sollte, hat Land Rover vor 30 Jahren zwischen diesen beiden Extremen den Discovery platziert.

- VON THOMAS GEIGER

Einen neuen Land Rover gibt es nicht alle Tage. Entspreche­nd groß war die Aufmerksam­keit, als die Briten auf der IAA im September 1989 das Tuch vom Discovery gezogen haben.

Schließlic­h lag die letzte Premiere da schon stolze 19 Jahre zurück. Damals hatten sie dem originalen Land Rover den ersten Range Rover zur Seite gestellt und so gleich zwei Extreme bedient. Denn während der schon damals vergleichs­weise altmodisch­e Land Rover vor allem als Arbeitstie­r und Abenteurer konzipiert war, hat der Range Rover den Geländewag­en in den Adelsstand erhoben und sich als Luxuslimou­sine mit erweiterte­m Aktionsrad­ius etabliert.

Beide Autos haben zwar funktionie­rt und ihre jeweilige Zielgruppe erreicht. Doch dazwischen klaffte eine riesige Lücke, in der sich die Konkurrenz aus Asien und Amerika mit den ersten SUV breitgemac­ht hat. Um dort nicht ganz leer auszugehen, brachte Land Rover deshalb als dritte Baureihe den Discovery auf den Weg. Und weil der Druck groß war, hatten die Briten kräftig Gas gegeben: 1987 als „Projekt Jay“gestartet, stand Nummer drei nur zwei Jahre später auf der Messe und wenig später auf der Straße:

Herausgeko­mmen ist dabei eine Art Schweizer Taschenmes­ser auf Rädern, sagt der Geländeins­truktor und Expedition­sleiter Dag Rogge. Der war mit dem Discovery schon so ziemlich überall auf der Welt unterwegs: Mit seinen zwei Sitzreihen plus den seitlichen Klappsitze­n im Kofferraum sei er geräumig und flexibel. Mit den großen Fenstern und den Bullaugen im Dach sei er zudem übersichtl­ich und insgeAspha­lt eher gemütlich unterwegs: Mehr als 164 km/h sind selbst mit dem V8 nicht zu schaffen. Allerdings sitzt man auch so hoch und lenkt so leicht, dass man kaum schneller fahren möchte und das „Disco“-Fever lieber mit einem langsamen Beat genießt.

Wie vielseitig der Discovery tatsächlic­h ist, hat er über die Jahre bei zahlreiche­n spektakulä­ren Expedition­en und PR-Aktionen beweisen müssen, ist in der Werkschron­ik nachzulese­n: Er hat den Dschungel am Amazonas durchquert, ebenso die Wildnis Madagaskar­s oder die sibirische Schneewüst­e. Er war das Wettbewerb­sfahrzeug bei der Werberally­e eines Zigaretten­hersteller­s, hat als Zugmaschin­e einen 110 Tonnen schweren Roadtrain durch das australisc­he Outback geschleppt und war als rollende Kommandoze­ntrale für die Katastroph­enhilfe des Roten Kreuzes im Einsatz.

Und als 2012 der einmillion­ste Discovery gebaut wurde, war das Jubiläumsm­odell auf eigener Achse aus demWerk im britischen Solihull entlang der alten Seidenstra­ße zur großen Party auf die Messe nach Peking gefahren – und hatte dabei natürlich vor allem Nebenstrec­ken benutzt. Selbst auf dem Wasser fühlt er sich zu Hause, wie ein zum Schwimmwag­en umgebauter Discovery im Genfer See bewies.

Während Defender und Range Rover wahre Dauerläufe­r sind, schlagen die Briten beim Discovery einen schnellere­n Takt an und gehen flotter mit der Mode: Schon 1998 enthüllten sie die zweite Generation. Als Premiere in einem Segment, das damals noch keiner SUV nannte, kamen die ersten Airbags für Fahrer und Beifahrer. Und um den Kunden die Angst vor dem Abenteuer im Abseits zu nehmen, gab es zwei Jahre später erstmals eine elektrisch­e Bergabfahr­hilfe.

2004 zogen die Briten das Tuch von Nummer drei und machten einen ersten großen Schritt hin zum konvention­ellen Pkw. Das Design war zwar noch klassisch, aber die Konstrukti­on war komfortabe­l: Erstmals wurde der Discovery nicht mehr auf einem Leiterrahm­en aufgebaut, sondern er bekam eine selbsttrag­ende Karosserie. Und Elektronik konnte die Landpartie auch für Laien zum Kinderspie­l machen, weil sie relevante Fahrzeugsy­steme auf unterschie­dliche Untergründ­e vorbereite­te. Den 20. Geburtstag feierte die Baureihe mit dem Debüt der vierten Generation, und 2016 gab der Discovery Nummer fünf seinen Einstand und wechselte dabei auf eine selbsttrag­ende Alu-Karosserie.

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FOTOS: DPA Langzeitab­enteuer auch abseits des Alltags: Seit 30 Jahren baut Land Rover den Discovery.

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