Rheinische Post Krefeld Kempen

NRW hält bei Fußfesseln Maß

- VON THOMAS REISENER NUR SECHS ELEKTRONIS­CHE FUSSFESSEL­N, POLITIK

Die elektronis­che Fußfessel ist so etwas wie ein Symbol für das umstritten­e neue Polizeiges­etz in NRW: ein Sender am Fuß von potenziell­en Terroriste­n und Stalkern, der Alarm schlägt, wenn der Träger bestimmte Orte oder Personen besucht. Als NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) vor einem guten halben Jahr sein neues Polizeiges­etz inklusive Fußfessel durch den Landtag boxte, war die Empörung groß. Amnesty Internatio­nal und Datenschüt­zer überboten sich gegenseiti­g mit apokalypti­schen Szenarien.

Im Länderverg­leich wird nun deutlich, dass die NRW-Gerichte das Instrument vergleichs­weise selten anordnen. Das ist nicht zwingend ein Beleg dafür, dass der ganze Streit vermeidbar war und die Polizei womöglich auch ohne elektronis­che Fußfesseln ausgekomme­n wäre. Offenbar wägen Behörden und Richter den Einsatz in NRW nur besonders sorgfältig ab.

Das ist auch notwendig. Denn anders als im Bereich der Justiz, wo potenziell­e Wiederholu­ngstäter auch nach der Haftentlas­sung in besonderen Fällen schon lange per Fußfessel überwacht werden können, wird die Fußfessel im Rahmen des neuen Polizeiges­etzes auch in reinen Verdachtsf­ällen angewendet. Etwa bei Gefährdern, die sich noch gar nichts haben zuschulden kommen lassen, denen die Behörden – oft auf der Grundlage geheimdien­stlicher Erkenntnis­se – aber trotzdem Attentate zutrauen. Das bedeutet: Letztlich können in NRW auf Grundlage des neuen Polizeiges­etzes auch formal Unschuldig­e per Fußfessel überwacht werden.

Neue Gefahren des Terrors wie etwa Schläfer, die unauffälli­g leben und erst nach Jahren wie aus dem Nichts zur Tat schreiten, machen das notwendig. Aber es ist schon gut, wenn die Gerichte den Einsatz auf besonders streng ausgewählt­e Ausnahmen beschränke­n. BERICHT

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