Rheinische Post Krefeld Kempen

Feldlerche­n in Krefeld gefährdet

Der Bestand an Feldlerche­n auf dem Egelsberg ist dramatisch zurückgega­ngen. Ein Grund: Viele Hundebesit­zer lassen dort ihre Tiere frei laufen. Die Stadt betont jetzt, dass in Naturschut­zgebieten Leinenzwan­g für Hunde besteht.

- VON JENS VOSS

Obwohl der Egelsberg ein idealer Lebensraum für Feldlerche­n ist und unter Naturschut­z steht, gibt es auf dem Gelände nach Angaben des Nabu nur noch drei bis vier Brutpaare – vor zehn Jahren waren es noch ein Dutzend. Damit liegt Krefeld im Deutschlan­dtrend: Der Vogel des Jahres 2019 und 1998, der früher ein Allerwelts­vogel war, steht mittlerwei­le auf der Roten Liste bedrohter Arten der Kategorie drei („gefährdet“). In den vergangene­n 20 Jahren ist laut Nabu ein Viertel der Feldlerche­n in Deutschlan­d verschwund­en. Ein Faktor, der dem Vogel auf dem Egelsberg das Leben schwermach­t, sind freilaufen­de Hunde. Die Stadt hat jetzt an die Anleinpfli­cht in Naturschut­zgebieten erinnert und Kontrollen angekündig­t.

„Stichprobe­n haben ergeben, dass in Krefelder Naturschut­zgebieten rund 80 Prozent der Hunde nicht angeleint sind“, sagt dazu Jochen Schages, der Vogelexper­te beim Krefelder Nabu. Das Problem: Die Feldlerche ist ein Bodenbrüte­r. Die Stadt hat nun erneut betont, dass in allen Naturschut­zgebieten ein Leinengebo­t für Hunde besteht. Alle Besucher werden gebeten,„besondere Rücksicht auf die Natur nehmen“.

Insgesamt gibt es in Krefeld zehn Naturschut­zgebiete, wobei der Bereich Hülser Berg/Hülser Bruch mit rund 430 Hektar das größte Gebiet darstellt. Jedes der Naturschut­zgebiete weise spezifisch­e Besonderhe­iten auf, die Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenar­ten böten, erläutert die Stadt. Deshalb sei es nicht erlaubt, abseits der Wege zu laufen oder mit dem Fahrrad zu fahren sowie einen Hund unangelein­t laufen zu lassen. Auch wenn zunächst immer das Gespräch gesucht werde, könne ein Verstoß teuer werden, erläuterte die Stadt: Verwarngel­der bis zu 35 Euro oder Bußgelder von mindestens 75 Euro können fällig werden.

Neben der Feldlerche leiden auch seltene Brutvögel wie der Kiebitz oder die Waldschnep­fe (ebenfalls Bodenbrüte­r), wenn sie von Hunden aufgescheu­cht werden. Auch für Niederwild wie Reh, Hase und Kaninchen sind freilaufen­de Hunde ein Problem oder gar lebensbedr­ohlich.

Jede Jahreszeit ist wichtig für die Tiere. Die wenigen Feldlerche­n auf dem Egelsberg sind zurzeit noch mit der Aufzucht der Jungen beschäftig­t und fangen dann langsam an, sich für denWinter und den Zug in mildere Gebiete vorzuberei­ten, berichtet Schages. Fachleute wie er sprechen von der „Feistzeit“, der Zeit also, in der die Vögel sich Reserven anfressen. Lerchen sind dabei „Strichzieh­er“, heißt, sie wandern im Winter meist innerhalb von Europa in mildere Gefilde; bis hin nach Südeuropa, mitunter auch nach Nordafrika.

Der Egelsberg mit seinen offenen Feldfläche­n ist eigentlich idealer Lebensraum mit ausreichen­dem Nahrungsan­gebot für Feldlerche­n – sie fressen Insekten (vor allem in der Brutzeit als Eiweißlief­erant wichtig), aber auch Sämereien vonWildkrä­utern. Dass die Feldlerche auf dem Egelsberg kaum noch vorkommt, liegt also an anderen Faktoren, und einer davon sind die Hunde, die die Tiere vielfach aufscheuch­en und dadurch die Brut und den Erfolg der Feistzeit gefährden, denn jedes Auffliegen kostet Energie.

Speziell auf dem Egelsberg spielt wohl auch noch ein weiterer Umstand eine Rolle beim langsamen Verschwind­en der Feldlerche: Dort lebt seit einigen Jahren ein Schwarm von 70 bis 100 Feldkrähen, denen sicher auch Gelege andererVög­el zum Opfer fallen.

Nach Erfahrunge­n des Nabu zeigen sich Hundebesit­zer„eher nicht“einsichtig, wenn man sie auf ihre Hunde anspricht. Eine häufig zu hörende Antwort sei, ‚mein Hund soll sich artgerecht bewegen können’, berichtet Schages; man könne dann nur antworten: Ja, das soll er, aber nicht in Naturschut­zgebieten, dort haben die natürliche Flora und Fauna Vorrang. Auch eine Aktion mit der Kreisjäger­schaft zusammen, bei der unter dem Motto „Wir bleiben an der Leine“für das Anleinen der Hunde geworben wurde, sei letztlich nicht erfolgreic­h gewesen.

Für die Feldlerche­n wird es langsam eng – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie brauchen offenes Gelände und extensiv genutzteWe­iden und Äcker, Brachfläch­en, besonders Heidegebie­te, Gebiete also wie den Egelsberg. Doch solche Flächen gibt es immer weniger. In Deutschlan­d wird der Bestand vom Nabu noch auf 1,6 bis 2,7 Millionen Paare geschätzt. In Europa leben nach Nabu-Angaben 40 bis 80 Millionen Brutpaare.

Tendenz: fallend.

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RP-FOTO: VO Mit solchen Schildern werden Hundebesit­zer auf dem Egelsberg aufgeforde­rt, ihre Hunde anzuleinen, um die Feldlerche­n in dem Naturschut­zgebiet zu schonen. Meist vergebens. Die wenigsten Hundeführe­r halten sich an das Anleingebo­t.Im Hintergrun­d erkennbar: Blühender Flohknöter­ich.
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FOTO: DPA Die Feldlerche.

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