Rheinische Post Krefeld Kempen
Ohne Beregnung geht es nicht
Die dem Klimawandel geschuldeten Wetterkapriolen stellen die Landwirte vor Probleme. Für die Ernte müssen sie ihre Felder beregnen. Doch das ruft bei manchen Bürgern Unmut hervor, da zum Teil auch die Straßen nass werden.
WILLICH Die Trockenheit der vergangenen Wochen und die damit verbundenen immer noch hohen Temperaturen über 20 Grad sorgen bei den Landwirten für sorgenvolle Gesichter. „Wir stehen vor einer mittelschweren Katastrophe. Schon das vergangene Jahr war sehr trocken. Im Winter fielen nicht die erhofften ergänzenden Regenfälle, damit sich das Grundwasser entsprechend neubilden kann. Dafür muss dasWasser mindestens 90 Zentimeter tief einziehen. Das heißt: Wir sind in diesem Jahr schon mit unguten Voraussetzungen gestartet“, erklärt der Willicher Ortslandwirt Helmut Oellers die Ausgangssituation, mit der er und seine Kollegen zu kämpfen haben.
„Wir sind in diesem Jahr schon mit unguten Voraussetzungen
gestartet“
Helmut Oellers
Ortslandwirt
Die Ernte ist bedroht. Es fehlt einfach an Regen. Dieser Tatsache rücken die Landwirte mit der Beregnung zu Leibe. Je nachdem, welche Kultur auf den Feldern angebaut ist, sind Beregnungsanlagen im Einsatz. An vielen Stellen sind so die Wasserfontänen über den Feldern zu sehen. Und genau hier stoßen die Landwirte auf ein weiteres Problem: das Unverständnis von Seiten etlicher Bürger. Sie können nicht verstehen, warum der aus Grundwasser künstlich erzeugte Regenschauer auch Straßen beregnet. Dabei ist die Erklärung ganz einfach: Die Beregnungsanlagen erzeugen einen Wasserstrahl von 35 Metern, der sich in einem Halbkreis um die auf dem Feld stehendeWasserspritze dreht. An den Rändern eines Feldes bedeutet das: Wenn die Beregnung genau am Feldrand aufhört, bleiben die Ecken ohne einen TropfenWasser liegen. Das würde Ernteausfälle von rund 30 Prozent bedeuten. In Anbetracht der aufgrund der Trockenheit und Hitze bereits reduzierten Ernte ein herber Schlag nicht nur für die Landwirte, sondern auch für die Endverbraucher.Weniger Ertrag bedeutet unter anderem höhere Preise.
Daher starten die Landwirte die Beregnung so, dass auch die Ecken Wasser erhalten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass über das Feld hinaus beregnet wird und ein anliegender Feldweg oder eine Straße eine Zeit lang mitberegnet werden.„Damit geben wir aber auch der Randbegrünung, die für die Natur und die Insekten wichtig ist, sowie Bäumen, die dort stehen, ebenfalls das lebensnotwendige Nass“, führt Oellers einen positiven Aspekt der über das Feld hinausgehenden Beregnung an.
Auch ihm und seinen Kollegen ist
klar, dass die Wasserfontänen auf den Straßen gerade Cabrio- und Motorradfahrern Probleme bereiten. Fußgänger und Radfahrer können sich hingegen die Zeit nehmen und kurz warten. Es dauert in der Regel 30 Sekunden, bis die Beregnungsanlage wieder in den straßenfernen Teil schwenkt. Rein rechtlich gesehen dürfen Landwirte Straßen nicht beregnen, wenn von der Bewässerung eine Gefahr für den Straßenverkehr ausgeht. Laut Auskunft der Pressestelle der Kreispolizei handelt es sich bei einer solchen Gefährdung um eine Ordnungswidrigkeit – bei der allerdings kein Strafverfolgungszwang besteht. „Es gilt immer, dass ein jeder den Straßenverhältnissen angepasst fahren muss“, betont Antje Heymanns von der Pressesteller der Kreispolizei Viersen. Das heißt: Wo die Straße nass ist, muss vorsichtig gefahren werden.
Der Ortslandwirt könnte sich indes vorstellen, dass Landwirte entsprechende Schilder, ähnlich denen, die auf eine Treibjagd aufmerksam machen, auf den Straßen aufstellen, wenn beregnet wird. Denn eins ist klar: Wenn die Menschen Kartoffeln, Gemüse, Getreideprodukte und Fleisch – Schlachttiere brauchen schließlich auch Futter – essen möchten, muss bei lang anhaltender Trockenheit beregnet werden.