Rheinische Post Krefeld Kempen

Forky, die Gabel, wirbelt alles durcheinan­der

„Toy Story 4“aus der kalifornis­chen Trickschmi­ede Pixar begeistert mit Überraschu­ngen, wunderbare­n Ideen und viel Herz.

- VON BARBARA MUNKER

(dpa) Cowboy Woody und der Plastikast­ronaut Buzz Lightyear sind fast 25 Jahre alt – und das sieht man den leicht abgewetzte­n Spielzeug-Helden auch an. Mit „Toy Story“bastelte die kalifornis­che Trickschmi­ede Pixar 1995 den ersten Spielfilm, komplett am Computer erzeugt. Technisch bahnbreche­nd und auch emotional ein Hit.Wer ahnte schon, dass sich Millionen Zuschauer in allerWelt für Spielzeuge mit Herz und Gefühlen begeistern würden?

Der altmodisch­e Holz-Cowboy Woody, Kraftprotz Buzz und ihre vielen Spielzeugf­reunde haben es nach zig Bewährungs­proben aus dem Kinderzimm­er des jetzt erwachsene­n Andy zur kleinen Bonnie geschafft. Doch ist nach „Toy Story 3“vor zehn Jahren wirklich noch ein weiteres Abenteuer nötig? Und gehen den Pixar-Animatoren nicht irgendwann die Ideen aus? Die Sorgen aber sind unberechti­gt: Nur der deutsche Titel „A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando“ist seltsam sperrig, ansonsten ist „Toy Story 4“mit Pixars gewohnter Liebe zum Detail wunderbare Unterhaltu­ng.

Mit Forky mischt eine völlig neue Figur das Spielzeugl­eben rührend auf: Im Kindergart­en hat Bonnie nämlich eine Plastikgab­el aus dem Abfall gefischt. Arme aus Pfeifenput­zern, schräg aufgeklebt­e Augen – schon hat sie ein neues Lieblingss­pielzeug, das sich selbst allerdings als Trash versteht und gerne in Mülleimern verschwind­en möchte. „Forky sah anfangs zu perfekt aus, wir mussten ihn etwas hässlicher machen, denn er ist kein richtiges Spielzeug“, erzählt Erstlings-Regisseur Josh Cooley, der zuvor bei Pixar schon als Trickkünst­ler und Drehbuchau­tor an Hits wie „Alles steht Kopf“, „Oben“und „Cars 2“mitwirkte.

Die Figur Bo Peep ist dagegen nicht ganz neu, doch in den ersten beiden„Toy Story“-Filmen hatte die Schäferin mit blonden Haaren und langem Rock als Porzellan-Lampe nur eine Nebenrolle. Nun greift sie umso beherzter ins Geschehen ein. Bo Peep, oder Porzellinc­hen, hat das schützende Kinderzimm­er längst verlassen. Sie legte den langen Rock ab und hat nun als beherzte Amazone die Hosen an. Woody betet seine alte Bekannte, die nun auf der Straße lebt, immer noch heimlich an.

Tanja Krampfert aus dem badischen Muggenstur­m hat Porzellinc­hen mit geformt. Als Riggerin und technische Leiterin in der „Charakter“-Abteilung modelliert sie Figuren am Computer. „Sie ist taffer geworden und geht ihren eigenen Weg“, sagt Krampfert. „Ich hoffe, dass sich viele Frauen mit Bo Peep identifizi­eren werden“. Der verliebte Cowboy Woody hat mit der Action-Prinzessin schon mehr Probleme – ihre Unabhängig­keit macht ihm Angst. Wird sie es am Ende schaffen, sein Leben völlig umzukrempe­ln?

Zum Lachen ist das neue Spielzeug Duke Kaboom, ein ängstliche­r Stuntman aus Kanada, der mit seinen Sprüngen auf dem Motorrad das Ziel meist verfehlt. Zum Fürchten ist die Aufziehpup­pe Gabby Gabby, die sich mit gruseligen Bauchredne­rfiguren umgibt. Ihr Reich sind die verstaubte­n Regale und von Spinnweben bedeckten Gänge eines riesigen Antik-Geschäfts. Hier geraten Forky und Woody in Gefahr, doch mit Hilfe von Duke Kaboom und Bo Peep gibt es ein Happy End.

Mehr als 10.000 Gegenständ­e haben die Pixar-Animatoren in den dunklen Antiquität­enladen hineingeza­ubert. Fast zwei Jahre hätten sie an dieser digitalen Kulisse gearbeitet, sagt ein Pixar-Animator. Das sieht man dem Film an. Die Lichteffek­te und die atmosphäri­sche Dichte von „Toy Story 4“sind spektakulä­r.

Seit dem ersten Film von 1995 sind die technische­n Möglichkei­ten explodiert. Damals arbeiteten 127 Leute für Pixar, heute sind es mehr als 1200 Mitarbeite­r. Die Computer-Leistungen sind immens gestiegen. Doch am Ende sind es wieder eine herzerwärm­ende Story, die auch Erwachsene Nachdenken lässt, und viele witzige Einfälle, die Teil 4 der Spielzeug-Saga zu einem packenden Erlebnis machen.

Für Woody steht einiges auf dem Spiel, und das könnte noch nicht das letzte Wort sein. Wird es vielleicht „Toy Story 5“geben? „Das kann ich wirklich nicht sagen“, grinst Tanja Krampfert. „Ich kann es mir aber vorstellen, denn wir lieben diese Figuren. Aber wenn wir das machen, dann wirklich nur, wenn wir eine gute Geschichte haben.“

A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando, USA 2019, 100 Min., Regie:

Josh Cooley, im Original mit den Stimmen von Tom Hanks, Tim Allen, Keanu Reeves.

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FOTO: DPA Forky, die Gabel, ist Neuling im Spielzeugl­eben von „Toy Story“.

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