Rheinische Post Krefeld Kempen
Rimi um die Villa Heusgen
Uwerk, zumal sie formal mehr „Mies pur“bietet als die Häuser Lange und Esters. Die Beweisführung ist ein spannender Indizien-Krimi.
die Sanierung des zur Villa gehörenden Swimmingpools berechnen. Der Pool hatte Bergschäden, die Familie Heusgen sollte eine Entschädigung bekommen, die – wie sich herausstellte – deutlich unter den tatsächlichen Kosten lag. Im Laufe der Zusammenarbeit berichtete Milly Heusgen über die Entstehung der Villa. Architekt ist demnach Mies gewesen; es habe im Büro von Mies Zeichnungen und ein aufwendiges Modell derVilla gegeben, das auf Fotos aus den 30er Jahren dokumentiert sei. „Die Originalfotos sind noch vorhanden, so dass es eine geschlossene Beweiskette gibt“, schlussfolgert Amendt. Dass ein Statiker ein solches Modell entworfen haben könnte, ist für Amendt undenkbar.
Dass bisher keine direkten Unterschriften von Mies entdeckt sind, erklärt sich für Amendt und Füngerlings mit den Arbeitsabläufen in einem Architekturbüro. „Der Chef zeichnet selten selbst, der macht Skizzen, delegiert und korrigiert, wenn es sein muss. Das ist üblich so in jedem großen Architekturbüro“, so Amendt.
Die These, dass die auf dem Bauschild genannten Rudolf Wettstein und Willi Kaiser, einem Mitarbeiter von Mies, tatsächlich das Haus entworfen haben könnten, wird in einem 1934 erschienenen Beitrag in der Heraklith-Rundschau, einerWerbezeitschrift der Deutschen Heraklith AG, kolportiert. Für Amendt ist das kein überzeugender Beleg – und zwar aus mindestens drei Gründen.
Zum einen galt, so argumentiert Amendt, 1934 für die Bauherren weiter das Ziel, die Urheberschaft von Mies bei dem 1932 vollendeten Haus zu verschleiern und bei der ersten Version zu bleiben, schon um Wettstein und Kaiser zu schützen; und dies erst recht nach dem Machtantritt der Nazis. Zum anderen ist für Amendt die Überlieferung der Beteiligten einfach gewichtiger und letztlich ausschlaggebend, da sie am dichtesten dran waren an dem realen Geschehen.
Zum Dritten spricht schon der Alltag in Architekturbüros gegen die Annahme, dass ein Mitarbeiter von Mies wie der auf dem Bauschild erwähnte Willi Kaiser einen solchen Entwurf am Chef vorbei realisiert haben könnte. Das sei schlicht lebensfremd, betont Amendt und verweist auf den Satz von Prof. Hanenberg, der sagte, er würde Mitarbeiter verklagen, die ein solches Plagiat auf eigene Rechnung auf den Weg bringen würden.
Amendt weiß sich hier in bester Gesellschaft von Kollegen und verweist auf eine Reihe von Publikationen von Architekten, die von der Miesschen Urheberschaft überzeugt sind – auch weil sie die Realität in Architekturbüros kennen. So gibt es für Amendt keinen vernünftigen Zweifel: Mies hat die Villa Heusgen entworfen.
DieVilla Heusgen steht wie die Häuser Lange / Esters für das einmalige Milieu in Krefeld, wonach sich die industrielle Elite der Weimarer Zeit konsequent der Moderne geöffnet hat. Karl Heusgen hatte es als Krawattenproduzent und Gründer des Unternehmens „Derby-Krawatten“zuWohlstand gebracht und war den Familien Esters und Lange verbunden. Alle waren, wenn man es so sagen darf, in Sachen Architektur eines Geistes Kind, sprich: offen für die Avantgarde, für die der Name Mies steht und mit der er in Krefeld Architekturgeschichte geschrieben hat.