Rheinische Post Krefeld Kempen
Der Duft von Köln
Auf den Spuren des Eau de Cologne führt der erste Weg nicht zu 4711 in die Glockengasse, sondern zu Farina in die Altstadt. Hier wurde das „Kölnisch Wasser“erfunden.
KÖLN Zitronig, frisch, angenehm. Das ist die erste Duftnote, die in die Nase steigt. Die Mitarbeiterin im „Farina-roten“Blazer sprüht den Besuchern der historischen Führung zur Begrüßung„Original Eau de Cologne“auf das Handgelenk. Einer nach dem anderen riecht an seiner Duftprobe, während er die geschwungene Treppe in die Bel Étage hochgeht. Schnell verfliegt die Kopfnote aus Bergamotte und Zitrone. Stattdessen schmeichelt der Nase eine raffinierte Mischung aus freundlich-leichten und etwas blumigen Düften – die Herznote. Als Basisnote darunter liegt eine Mischung aus edlen Düften wie Sandelholz, Zeder, Weihrauch und Moschus. „Hmmm, riecht gut“, sagt eine Besucherin aus Pulheim, die mit ihrem Mann gekommen ist. Auch ihm gefällt es.
Damit sind die Pulheimer in bester Gesellschaft. Die Liste der berühmten Kunden des Eau de Cologne ist lang. Darunter sind Voltaire, Goethe, Napoleon Bonaparte, Kaiserin Elisabeth (Sisi) und US-Präsident Bill Clinton. Farina Cologne ist nach eigenen Angaben die älteste Parfümmarke der Welt, gegründet im Jahr 1709. „Das, was Sie riechen, ist noch immer die Originalrezeptur, die ich entwickelt habe“, sagt ein junger Herr. Er trägt eine üppige weiße Locken-Perücke, einen aufwendig mit goldenen Stickereien verzierten Gehrock und Kniebundhosen.„Ich begrüße Sie in meinem Haus. Ich bin Johann Maria Farina“, lässt er die Besucher wissen.
Falk Pognan, ein Kölner Schauspieler Anfang 20, verkörpert souverän den italienisch-stämmigen Parfümeur in jungen Jahren. Johann Maria Farina, geboren im Piemont, lebte von 1685 bis 1766. 1709 zog er zu seinem Bruder nach Köln. Hier führten sie in der Zeit des Barock ein Geschäft mit Luxusartikeln, sogenanntem „Französisch Kram“. Für das Geruchsgenie und den leidenschaftlichen Parfümeur Johann Maria ein guter Ausgangspunkt, um seine Duft-Kreation in Umlauf zu bringen. Aus Italien hatte er die Kunst, Alkohol rein zu destillieren, importiert. Damit hatte er den perfekten Duftträger. Und auch eine ganz besondere Duftmischung war ihm gelungen. „Mein Duft ist wie ein italienischer Frühlingsmorgen nach dem Regen, Orangen, Pampelmusen, Citronen, Bergamotte, Cedrat, Limette und die Blüten und Kräuter meiner Heimat. Er erfrischt mich, stärkt meine Sinne und Phantasie“, schrieb Farina. Während Wohlgerüche bis dato immer etwas variierten, setzte Farina als Erster alles daran, ein immer gleiches Parfüm herzustellen. Ein schwieriges Unterfangen: Erntezeit, Standort, Wetter und viele weitere Faktoren beeinflussen den Charakter eines Dufts. Ohne den absoluten Geruchssinn eine unlösbare Aufgabe. Farina bewältigte sie.
Wie? Davon bekommen die Besucher eine Ahnung, als sie hinabsteigen in den Keller des Duftmuseums. Unzählige Essenz-Fläschchen, Destilliergeräte und eine Vielzahl der verschiedenen Flakons für das„Eau de Cologne“, wie Farinas Duftkreation genannt wurde, gibt es hier zu sehen. Es wird erklärt, gestaunt und geschnüffelt. Auch an 4711. „1803 kam ein gewisser Herr Muehlens auf die Idee, mein Parfüm zu kopieren“, erklärt der Schauspieler süffisant. „Riecht ganz anders“, sind sich die Besucher einig. Hunderte Prozesse haben Farinas Nachfahren mit 4711 geführt, inzwischen gibt es so etwas wie einen Waffenstillstand. Immerhin hat Farina es geschafft, dass „Eau de Cologne“zur Bezeichnung für eine ganze Parfüm-Gattung wurde. Sie bezeichnet leichte und flüchtige Parfüms mit einem Duftstoffanteil von drei bis fünf Prozent.
ImVerkaufsraum schnuppern und kaufen Menschen aus aller Welt. Längst gibt es dort nicht nur das „Original Eau de Cologne“mit der roten Tulpe und der geschwungenen Signatur „Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz“. Erinnerungen weckt auch der erste Herrenduft aus dem Hause Farina: Russisch Leder. Relativ jung sind die Düfte, die Tina Farina kreiert hat. Die Grande Dame, die sich als Parfümeurin und Geruchspsychologin einen Namen machte, leitet inzwischen das Duftmuseum. Die Geschäfte führt ihr Sohn – in der achten Generation und immer noch mit dem Namen Johann Maria Farina.
Auch wenn ein Besucher nach dem Geruchsvergleich meinte, zwischen Farina und 4711 lägenWelten – es sind gerade mal 400 Meter bis zum 4711-Haus in der Glockengasse. Ein Fußweg von gut fünf Minuten, der die quirlige Einkaufsmeile quert und über die vielbefahrene Nord-Süd-Fahrt führt. Wenige Wohlgerüche gibt es hier. Da verlagert man sich lieber auf andere Sinne – also Augen und Ohren auf. Schon von Weitem ist das 4711-Traditionshaus zu erkennen. Imposant reckt sich die neugotische Fassade gen Himmel. Auf der Ecke über dem Eingangsportal ist ein Glockenspiel angebracht. Es ertönt zu jeder vollen Stunde. Erst die „Marseillaise“, dann „Der treue Husar“und schließlich ein wechselndes kölsches Lied.
Im Verkaufsraum dominieren die Farben von 4711: Bremerblau und Gold. An der hohen Decken hängt eine Art Kronleuchter mit den typischen „Echt-Kölnisch-Wasser“-Flakons, den so genannten Molanus-Flaschen, benannt nach dem Destillateur, der sie 1820 entwickelte. „Die sind Kult“, sagt eine Mitarbeiterin und zeigt auf die T-Shirts mit 4711-Logo. Sie sind Teil einer großen Auswahl an Merchandising-Produkten. Von der Briefmarke über Miniaturflaschen, Handtücher und Taschen bis hin zum Kaschmirschal reicht die Auswahl. Auch umsonst ist etwas zu haben: Unermüdlich fließt der Strahl „Kölnisch Wasser“am Duftbrunnen.
Inzwischen hat 4711, das seit 2006 zum Stolberger Parfümhersteller Mäurer &Wirtz gehört, auch andere Duftlinien. Doch „Echt Kölnisch Wasser“läuft so schnell keine den Rang ab. Dafür ist es zu bekannt. „Ich bin getauft mit 4711“ ist ein geflügeltes Wort unter Kölnern. Und der Duft weckt bei fast jedem Erinnerungen.
Franz Jungeblodt leitet seit etwa zehn Jahren als Stadtführer Besichtigungen bei 4711. Während er die Gruppe über die Empore führt, auf der (öffentlich zugänglich) historische Flaschen, Dokumente und Fotos ausgestellt sind, sprudelt schon sein Wissen über das „Wunderwasser“, das früher angeblich auch getrunken wurde. „Bei Kopfschmerzen nimmt man es aber besser äußerlich.“Über die Inhaltsstoffe – „mehr als 80“– bewahrt Jungeblodt Stillschweigen. Einige jedoch stehen auf dem langen Tisch im Event-Raum im ersten Stock des Hauses: Bergamotte, Zitrone, Vanille, Grapefruit, Rosmarin, Lavendel, Basilikum, Neroli, Petitgrain.
Selbst zum Parfümeur werden, lautet die Devise für eine Gruppe. „Ich glaube, wir sind weltweit das einzige Haus, wo man das kann“, sagt Stadtführer Jungeblodt und stellt die Düfte vor. „Riechen Sie nicht zu lange am Lavendel, der macht müde“, mahnt er und rät:„Verlassen Sie sich auf Ihre Nase.“Riechen und Reden geht in der Gruppe einher: „Oh“, „Iihh“, „Hmmm“. „Das Duftseminar ist toll“, sagt eine Frau. Zwischendurch riechen die Damen an ihren Haaren oder Kleidern – zum Neutralisieren. „Das ist mein Duft!“, heißt es schließlich. Zufriedenheit breitet sich aus. Alkohol drauf und Deckel zu. „Atmen Sie draußen durch“, empfiehlt Jungeblodt, bevor zehn stolze Jung-Parfümeure das 4711Haus verlassen. Zum Naschen Nostalgisch naschen und dabei Genuss für Nase, Augen und Geschmacksnerven erleben kann man (Achtung: leider nicht täglich) im bezaubernden Kamellebüdchen unweit des Duftmuseums. Hier gibt es handgedrehte Zuckerstangen, bunte Karamellbonbons und jede Menge Dufterlebnisse. Die Karamellen werden im Laden gefertigt. Adresse: Auf dem Rothenberg 9a, Öffnungszeiten: Fr und Sa 11-19 Uhr, So 11-17 Uhr. Es werden auch Kurse zum Bonbonmachen angeboten, Buchung unter Tel. 0221 58945938.
Zum Einkehren Gaumenkitzel und Gerüche exotischer Gewürze gibt es im libanesisch-arabischen Restaurant Beirut, Buttermarkt 3, 50667 Köln. Es gibt auch gerollte Sandwiches zum Mitnehmen, geöffnet täglich 12 bis 24 Uhr.
Köln pur Draußen Kölns echten Duft genießen kann man wunderbar an der Treppe zwischen Museum Ludwig/Philharmonie und Konrad-Adenauer-Ufer.
Zwischen den Treppen ist Lavendel gepflanzt, es weht oft ein frisches Lüftchen. Am Fuß der
Treppe gibt es einen
Wasserspielplatz zur
Abkühlung.
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