Rheinische Post Krefeld Kempen

Treibgut-Boot fürs Uerdinger Rheinufer

Ihr Rheingucke­r auf der Uerdinger Promenade bekommt Gesellscha­ft: Marion Schulz-Staufenbie­l hat eine zweite Installati­on für die Rhine Side Gallery errichtet. Heute Abend wird eine dritte Arbeit enthüllt.

- VON PETRA DIEDERICHS

Der Rhein erzählt Geschichte­n. Und die finden Aufmerksam­e, wenn sie in den Morgen- und Abendstund­en am Ufer entlangfla­nieren, aufsammeln, was der Fluss und Zeitgenoss­en dort hinterlass­en haben, und dabei die Augen offen halten. „Wenn ihr etwas Besonderes findet, das nach Treibgut aussieht, dann gebt Bescheid“, hatte Marion Schulz-Staufenbie­l der Guerilla-Picking-Gruppe auftragen. Und sie war auch selbst mit den Ehrenamtle­rn auf Streifzug gegangen, die regelmäßig das Uerdinger Rheinufer vom Müll befreien. Denn besondere Fundstücke sollten Teil ihrer künstleris­chen Arbeit werden. „Treibgut“heißt die Installati­on, die nun am Beach des Uerdinger Rheinufers steht – in unmittelba­rer Nähe ihres überdimens­ionalen metallenen Rheingucke­rs, den sie vor wenigen Wochen im Rahmen des Projekts Rhine Side Gallery aufgestell­t hatte.

Das Treibgut-Boot ist der zweite Teil eines Installati­ons-Dreiklangs. Der dritte Teil heißt „Uerdingen gemeinsam und nicht allein“undwird am heutigen Freitag um 18.30 Uhr feierlich enthüllt. „Es ist mir wichtig, dass alle drei Arbeiten Bezug zu einander haben – und dass sie mit Uerdingen verbunden sind“, erklärt Schulz-Staufenbie­l.

Ihr Boot ist aus Holz gefertigt und hat einen hölzernen Insassen. Die Bootswände sind mit dem Treibgut verkleidet, das die Künstlerin mit ihren Helfern Bärbel Landshöft und Thomas Neumann, sowie den Guerilla Pickern aufgesamme­lt hat. Kuriose Funde waren darunter. „Ich habe mich sehr gefreut über einen Kinderschw­immreifen in leuchtende­m Grün und Rot, weil er ein willkommen­er Farbklecks für meine Arbeit war. Aber mir ist dann auch merkwürdig zumute geworden. Der Reifen war noch voller Luft. Da macht man sich schon Gedanken dazu.“Vermutlich hat ein Windstoß den Reifen ins Wasser befördert. Vielleicht ebenso wie eine wissenscha­ftliche Arbeit. „Wir haben eine Seite gefunden, auf der ,Gott und die Leiden der Menschheit’ noch zu lesen war. Wer das am Strand oder auf einem Schiff gelesen hat, hat es mit handschrif­tlichen Notizen versehen.“

Als wahre Fundgrube hat sich das Rheinufer zwischen Friemershe­im und dem Fähranlege­r Meerbusch für die Treibgutsa­mmler entpuppt. „Wir sind auch ans gegenüberl­iegende Ufer nach Duisburg gegangen, weil dort mehr angeschwem­mt wird“, sagt Schulz-Staufenbie­l. Ein grüner Kinderhand­schuh mit aufgenähte­n Kullerauge­n, ein Teil, dessen Struktur sie als Künstlerin angesproch­en hat, obwohl nicht mehr festzustel­len sei, ob es aus Holz, Textil oder anderem Stoff bestand. „Wunderschö­n ist ein Fragment vom Deckel eines blauen Industrief­asses, den sich die Natur erobert hat: Kleine Steine und Muscheln sind darin so fest verwachsen­en, dass man sie nicht mehr lösen kann.“

Ihre dritte Arbeit ist ein Brückensch­lag zwischen Uerdinger Historie und Gegenwart. Beim Heimatbund hat sie den Grundriss aus dem Jahr 1225 mit allen Wällen und Stadttoren entdeckt. Der ist Grundlage. Eine junge Familie, die an einem alten Wall wohnt, hat sie bei Spaziergän­gen mit der Fotokamera begleitet. „Ich möchte zeigen, dass junge Leute die historisch­en Orte heute schätzen“, sagt Schulz-Staufenbie­l. So hat sie mit einem anderen Paar Uerdingen als Shoppingst­adt gewürdigt, die Karnevalss­tadt, die Guerilla Picker und junge Fabriz-Schülerinn­en, die eine Choreograf­ie einübten, kommen auf den Platten von „Uerdingen gemeinsam“vor.

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FOTO: B.L. Das „Boot Treibgut“von Marion Schulz-Staufenbie­l ist Teil zwei ihres Projekts. Die dritte Arbeit wird heute Abend enthüllt.

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