Rheinische Post Krefeld Kempen
Er ist der neue „starke Mann“bei BMW
Am Freitag hatte Oliver Zipse seinen ersten Arbeitstag als neuer Chef des Autokonzerns. Viele erwarten Härte und Klarheit in der Führung.
MÜNCHEN Der eine war zu nachdenklich, also kommt der andere. Nach vier Jahren unter der Führung von Harald Krüger hat BMW denWechsel an derVorstandsspitze vollzogen. Seit Freitag dirigiert Oliver Zipse den Münchener Autobauer. Er soll die Baustellen bei BMW räumen. Das Ziel: mehr Härte, mehr Klarheit, mehr Entschiedenheit.
Der gebürtige Heidelberger hat seine gesamte Karriere beim bayerischen Autobauer verbracht. Zipse studiert Informatik und Mathematik in den USA und Maschinenbau in Darmstadt. Danach startet der heute 55-Jährige als Ingenieur bei BMW. Er macht Station in München und Südafrika, leitet das Mini-Werk in Oxford, dirigiert die technische Planung, die Konzernplanung und die Produktstrategie. Im Mai 2015 wird er schließlich Produktionschef und rückt damit in den Vorstand auf – schon damals tritt er in die Fußstapfen Harald Krügers.
Von dem Neuen an der Spitze versprechen sich jetzt viele eine sicherere Zukunft des Konzerns, der derzeit einige Hürden zu überwinden hat. BMW droht, den unter Krügers Vorgänger Norbert Reithofer erreichten Vorsprung in der Elektro-Mobilität zu verspielen – etwas, das Krüger mit zur Last gelegt wird. In seinen vier Jahren Amtszeit hat er nicht ein neues Elektromobil auf den Markt gebracht.Vor BMW liegen deshalb milliardenschwere Investitionen in Technologie und Umrüstung, um beim Thema Mobilitäts
wandel nicht zurückzufallen. Das Unternehmen erwartet auch deswegen einen weiteren Gewinnrückgang. Erst kürzlich hatte Harald Krüger ein bitteres Minus von 28 Prozent im zweiten Quartal verkündet.
Zipse soll’s also richten. Qualifiziert hat sich der 55-Jährige mit seiner Leistung als Produktionsvorstand. Er war es, der das System von Leit- und Partnerwerken einführte, der es schaffte, dass in allen Werken alle Antriebsarten – von Verbrenner über Hybrid bis hin zum Elektroauto – gebaut werden können. DieWerke waren sein Steckenpferd: Erst vor einem Monat eröffnete Zipse in Mexiko das 31. Fabrik des Konzerns.
Doch was nun auf Zipse zukommt, ist eine weitaus größere Aufgabe. Der Heidelberger muss den Konzern im Oktober höchstwahrscheinlich durch einen harten Brexit führen – in Großbritannien baut BMW den Mini und Rolls-Royce –, bei der E-Mobilität aufholen, sodass die Klimaziele der EU bis 2022 eingehalten und Strafzahlungen verhindert werden können.
Vertraute beschreiben den zweifachen Vater als entscheidungsund durchsetzungsstark, als lösungsorientiert, als einen, „der sagt, wo es langgeht“, als „starken Mann“. Er habe Ellbogen, eine gewisse Härte, gehe Konflikten nicht aus dem Weg. Gleichzeitig sei Zipse ein Manager der alten Schule, ein Schlipsträger. In Jeans und Turnschuhen, wie einst Daimler-Chef Dieter Zetsche, wird Zipse wohl kaum einen Fuß auf eine Bühne setzen. Er sticht damit heraus in einer Branche, die teilweise von den Kleidungs-Gepflogenheiteien des Silicon Valley geprägt ist.
Zipse muss auf jeden Fall Bündnisse schmieden. Strategische Allianzen wie die mit Daimler bei selbstfahrenden Autos und Mobilitätsdiensten sind für BMW derzeit wichtiger denn je: Nur so können Kosten gespart und Mobilitäts-Ziele eingehalten werden.
An seinem ersten Arbeitstag zeigte sich der neue BMW-Chef entschlossen zum Wandel. Man müsse sich nun vom jahrelangen Erfolg entwöhnen, globaler denken und weiter Kosten sparen, schrieb Zipse seinen Mitarbeitern. „Bei allem, was wir tun, müssen wir deutlich besser sein als der Wettbewerb“, schreibt er. Ob Zipse selbst deutlich besser ist als seine Vorgänger, muss sich erst zeigen. Gespannt wird sein erster großer Auftritt als neuer BMW-Chef auf der Automesse IAA in Frankfurt im September erwartet.
und Reuters
mit dpa