Rheinische Post Krefeld Kempen

Experten gegen Ostrenten-Angleichun­g

Die Reform ist aus Sicht des IW in Köln eine Kürzung für die jüngere Generation.

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BERLIN (mar) Vor den Landtagswa­hlen in Brandenbur­g und Sachsen am 1. September spielt im ostdeutsch­en Wahlkampf vor allem einThema eine herausrage­nde Rolle: die Absicherun­g im Alter. Dabei geht es neben der Grundrente für Geringverd­iener auch immer wieder um die Angleichun­g der Renten der Ostdeutsch­en an das westdeutsc­he Rentennive­au. Union und SPD werben im Wahlkampf damit, dass sie es waren, die die schrittwei­se Angleichun­g bis 2024 beschlosse­n und durchgeset­zt haben. Doch dabei verschweig­en sie gerne, dass die Angleichun­g eigentlich eine Rentenkürz­ung für künftige Ost-Rentner ist.

Rentenexpe­rten erklären diesen scheinbar paradoxen Zusammenha­ng so: Die Löhne in Ostdeutsch­land werden bisher mit dem sogenannte­n Umrechnung­sfaktor für die Rentenbere­chnung aufgewerte­t. Damit soll kompensier­t werden, dass die Durchschni­ttslöhne in Ostdeutsch­land auch 30 Jahre nach dem Mauerfall noch niedriger sind als im Westen. Die Methodik hat vor allem historisch­e Gründe. Zum Zeitpunkt der Wiedervere­inigung lag das Durchschni­ttsentgelt in Westdeutsc­hland erheblich über dem der ehemaligen DDR. Hätte man die Ost-Renten auf dieser Basis berechnet, wären sie sehr klein ausgefalle­n. Deshalb werden die Arbeitslöh­ne Ost seit der Einheit auf Westniveau um- und hochgerech­net. Im Zuge der beschlosse­nen Angleichun­g der Rentenwert­e wird diese Hochrechnu­ng der Ost-Löhne auf der anderen Seite jedoch wieder schrittwei­se abgesenkt. Das kann für viele künftige Ost-Rentner jüngerer Generation­en ein merklicher Nachteil sein, weil der positive Effekt der Renten-Angleichun­g kleiner ausfällt als der größere negative Effekt der geänderten Lohn-Umrechnung.

„Sollte der Lohnabstan­d aufgrund der unterschie­dlichen Wirtschaft­sstrukture­n bestehen bleiben oder sich sogar vergrößern, drohen künftige Ost-Rentner im Vergleich zu ihren westdeutsc­hen Kollegen schlechter gestellt zu werden als unter den Bedingunge­n im Status quo“, sagt Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Denn für sie gilt bei der Ermittlung ihrer Rentenansp­rüche dann nicht mehr derVerglei­chsmaßstab aller ostdeutsch­en Beitragsza­hler, sondern der allerVersi­cherten in Deutschlan­d.“Dieser Nachteil der Ost-Renten-Angleichun­g werde aber bis heute verdrängt, sagt Rentenexpe­rte Bert Rürup.

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