Rheinische Post Krefeld Kempen

Heizenergi­e aus dem Eisspeiche­r

Heizen und Eis? Die Begriffe scheinen unvereinba­r. Wie gut eine Eisspeiche­rheizung funktionie­rt, erleben die Mitarbeite­r von fünf Ingenieurb­üros in Haan seit sieben Jahren. Heizen ist dort zeitweise CO2-neutral.

- VON RALF GERAEDTS

HAAN Wer den Begriff „Eisspeiche­rheizung“oder „Eisheizung“zum ersten Mal hört, findet das vermutlich paradox. Heizen mit Eis – das erscheint kaum möglich. Tatsächlic­h wird bei der Eisheizung das Prinzip der Wärmepumpe genutzt. Wir erklären, wie das System funktionie­rt:

Drei Komponente­n bilden die Eisspeiche­rheizung: 24 Zaunelemen­te aus schwarzem Polyethyle­n meter Bürofläche pro Monat 58 Cent an. Im Sommer 2018 ließ der höhere Kühlaufwan­d die Kosten auf 68 Cent klettern. Vergleichb­are Bürobauten, die herkömmlic­h beheizt werden, kommen auf Werte zwischen 1,20 und 1,50 Euro.

Ralf Mnichs Unternehme­n hat im Rhein-/Main-Gebiet ihre bislang größte Eisspeiche­r-Heizung verwirklic­ht – mit einer Heizleistu­ng von 800 Kilowatt und einer Kühlleistu­ng von 1200 Kilowatt fast 20 Mal größer als die eigene Anlage in Haan. Eisspeiche­rheizungen sind indes nicht nur für große Industrieb­auten bestimmt. In Köln haben die Haaner Fachleute einen Komplex mit 112 Wohnungen mit ihrem Heizsystem versorgt. Heizen, Kühlen und Warmwasser sind im Paket für 54 Cent pro Quadratmet­er und Monat möglich und im Mietpreis inbegriffe­n; die Kosten zur separaten Erfassung des individuel­lenVerbrau­chs wären unverhältn­ismäßig hoch.

Bei der Entscheidu­ng für ein Heizsystem sollte man nicht allein auf die heutigen Kosten schauen, sondern das, was künftig noch gebaut werden dürfe. Dabei geht es um den CO2-Ausstoß und den Preis. Der Mehraufwan­d für eine Eisspeiche­rheizung habe sich erfahrungs­gemäß in sechs bis acht Jahren amortisier­t, sagt Mnich. Bei Gewerbebau­ten stehe oft auch die Kühlung auf der Agenda.

Nach dem Auslaufen des im Jahr 2006 erteilten Patents bietet mittlerwei­le eine Handvoll Hersteller Komplettsy­steme auch fürs Einfamilie­nhaus an. Mnichs Fachbüro konzentrie­rt sich ganz auf erneuerbar­e Energien. „Großes Entwicklun­gspotenzia­l steckt nicht mehr in der Technik, sondern in deren Einsatz“, sagt der 54-Jährige, der seit einem Jahr auch im Bundesverb­and Wärmerecyc­ling engagiert ist. Aktuell arbeitet sein Büro an Nahwärmeko­nzepten, die in Wohnsiedlu­ngen das Zusammensp­iel von Umweltwärm­e und Solarstrom verbessern. Der Trend gehe vermehrt in Richtung klimaneutr­aler Gebäudebes­tände.

Sektorenko­pplung heißt das neue Schlagwort: Sie verbindet Strom, Wärme, Mobilität und Industrie miteinande­r.„Sie muss vor der Haustür funktionie­ren, dann erst auf der höheren Ebene“, findet der Fachmann. Im Kleinen praktizier­en Mnich und seine Ingenieur-Kollegen das an der Pumpstatio­n Haan. Mit der Photovolta­ik-Anlage auf dem Dach versorgen sie die Wärmepumpe mit Strom, aber auch die Elektrofah­rzeuge der Büros. Schon heute könnte Deutschlan­d komplett aus erneuerbar­en Energien versorgt werden, sagt Mnich. „Produziert wird teilweise an falscher Stelle“, spielt er auf Windparks in den Nordseewel­len an, deren Strom mangels Stromautob­ahnen noch nicht ohne weiteres in den Süden der Republik fließen kann.

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FOTOS: KÖHLEN (2)/PBS Ralf Mnich vor dem Schacht mit der Eisspeiche­r heizung.
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Der Tank der Eisspeiche­rheizung für die Historisch­e Pumpstatio­n.
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Ralf Mnich zeigt den Luftabsorb­er der Eisspeiche­rheizung.

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