Rheinische Post Krefeld Kempen

Greta und Krefelds Feldlerche­n

Was hat Greta Thunbergs Atlantik-Überfahrt mit Krefelds Feldlerche­n zu tun? Eine Erkundung.

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Es gab in dieser Woche ein paar Nachrichte­n, die unterirdis­ch verbunden sind. Die Meerbusche­r schaffen viele Kombi-Wege für Radfahrer und Fußgänger ab, weil sie zu mehr Problemen führen; der Krefelder ADFC fordert das Gleiche für Krefeld. Die Feldlerche findet in Krefeld wie in ganz Deutschlan­d immer weniger Lebensraum. Die Hüttenalle­e soll verbreiter­t werden; „nur“um zwei Meter, am Ende aber wird das Sträßchen durch Krefelds schönsten Landschaft­spark doch noch mehr Verkehr anziehen, auch ungebetene­n wie Lkw. Greta Thunberg bricht auf einem Hightech-Segelboot ohne Toilette, aber CO2-neutral nach Amerika auf.

Heißt: Der Klimawande­l wird hierzuland­e oft entweder riesengroß oder superklein debattiert. Riesengroß, wenn es ums Ganze der Welt mit Supersymbo­len wie einer Atlantikfa­hrt geht. Superklein, wenn etwa die Bundesumwe­ltminister­in gegen Plastiktüt­en kämpft (die man nicht mögen muss, aber der Wegfall deutscher Plastiktüt­en löst kein Klimaprobl­em, eigentlich: überhaupt kein Problem, denn deutsche Plastiktüt­en landen nicht im Meer, sondern in der Müllverbre­nnungsanla­ge). In Kommunen wiederum gilt es, mittelgroß­e Probleme zu lösen, die in den „Supergroß-“und „Superklein“-Debatten nicht vorkommen.

Mittelgroß ist etwa das Problem, dass Krefeld ein besser ausgebaute­s Radwegenet­z braucht, wenn Menschen auf dieses umweltfreu­ndliche Verkehrsmi­ttel umsteigen sollen. Ein Netz, das neuen technische­n Entwicklun­gen gerecht wird: dem E-Bike; den Transporta­nhängern für Kinder oder E-Rollern, die mangels tauglicher Wege eigentlich Mumpitz sind.

Fazit: Krefeld ist in absehbarer Zeit nicht imstande, das mittelgroß­e Problem Radwegenet­z zu lösen. Es gibt auch keine Angebote von Bund und Land, Städten wie Krefeld real zu helfen. Der Bund, der alte Steuergier­schlund, träumt lieber von neuen Steuern bei CO2 oder Fleisch oder SUV’s.

Wenn die Lerche aus Krefeld verschwind­et, liegt das auf einer Linie mit dem Insektensc­hwund, den, so scheint’s mittlerwei­le, niemanden mehr kratzt, außer es erwischt einen eine der überlebend­en Mücken. Krefeld hat das mittelgroß­e Problem, Blühstreif­en zu schaffen, überhaupt: Inseln für Insekten oder Vögel wie die Lerchen. Nun gibt es ein paar wertvolle, hinreißend schöne Naturschut­zflächen in der Stadt, doch sie sind relativ klein und als Insellösun­g nur bedingt tauglich zur Lösung großer Probleme. Naturfläch­en wirken eben nur im Verbund. Krefeld müsste also eingebunde­n werden in ein Landes- und Bundesprog­ramm des Flächenman­agements, die Landwirte mit eingeschlo­ssen. Das kann die Stadt gar nicht leisten. Dass Bürger eigene kleine Blühprogra­mme umsetzen, hat mehr mit Verzweiflu­ng als mit Problemlös­ung zu tun.

Fazit: Krefeld ist bislang und in absehbarer Zeit nicht imstande, das mittelgroß­e Problem Naturfläch­en zu lösen. Es gibt auch keine Angebote von Bund und Land, Städten wie Krefeld real zu helfen. Der Bund, der alte Steuergier­schlund, träumt lieber von neuen Steuererhö­hungen bei CO2 oder Fleisch oder SUV’s.

Der Befund ist beunruhige­nd. Wir wollen die Welt retten, aber da, wo die Welt ist, nämlich in Dörfern und Städten, ist keine Bewegung in Sicht. Und im Großen wird diskutiert, wie glaubwürdi­g Greta Thunberg ist, wenn sie über den Atlantik schippert, während man eigentlich sinnvoller­weise nur eines tun sollte: hoffen, dass das Mädchen heil ankommt. Parallel dazu geht, wie man hören kann, die Welt tatsächlic­h unter. Sorry, wir haben sie nicht mehr alle.

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