Rheinische Post Krefeld Kempen
So exzellent ist Bonn
Erstmals ist die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität eine Exzellenzuni. Das Fördergeld soll auch 26 neue Professuren bescheren.
Was geschah bisher?
Neben der RWTH Aachen ist Bonn eine der zwei Exzellenzunis in Nordrhein-Westfalen. Außerdem konnten sechs Exzellenzcluster eingeworben werden: Das sind Forschungsprojekte, die an Unis im Rahmen der Exzellenzstrategie besonders gefördert werden und wichtige Schwerpunktfelder der Hochschulen aufgreifen. Mit sechs Exzellenzclustern ist die Uni Bonn die erfolgreichste Universität im deutschlandweiten Exzellenzwettbewerb – und zwar in ihrer gesamten wissenschaftlichen Breite: Alle sieben Fakultäten sind beteiligt. Rektor Michael Hoch bezeichnete den neuen Titel als „Meilenstein in der 200-jährigen Geschichte der Universität“. Nun wolle man Bonn dauerhaft unter den besten Universitäten in Deutschland und Europa etablieren.
Womit konnte Bonn jetzt überzeugen?
Im Zentrum der Exzellenzstrategie der Universität Bonn steht ein Dreiklang, den sie in ihrem Zukunftskonzept unter dem Antragstitel„We invest in people, We foster networks, We create impact“beschrieben hat. Mit finanzieller Unterstützung aus der Exzellenzstrategie will die Universität neue Spitzenkräfte auf allen Karrierestufen für Bonn gewinnen und die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft und forschungsorientierter Lehre weiter verbessern („We invest in people“). Davon werden auch die sechs neuen transdisziplinären Forschungsbereiche der Universität profitieren, in denen fächer- und fakultätsübergreifend und unter Einbindung außeruniversitärer Partner Lösungen für große wissenschaftliche, technologische und gesellschaftliche Herausforderungen gesucht werden.
Die Universität wird die Exzellenzförderung zudem nutzen um ihre regionalen, nationalen und internationalen Netzwerke zu stärken und auszubauen („We foster networks“). Schließlich wird die Universität ihr Engagement im Wissenstransfer und in der Wissenschaftskommunikation verbreitern, um die vielfältigen Erkenntnisse aus der Forschung noch besser nutzbar zu machen („We create impact“).
Wie soll die Exzellenz sichtbar werden?
„Insbesondere möchten wir neben der von Neugier getriebenen Grundlagenforschung in den Disziplinen auch die transdisziplinäre Zusammenarbeit über Fakultäts- und Fächergrenzen hinweg fördern und unsere wissenschaftlichen Netzwerke in aller Welt noch stärker ausbauen“, sagt Rektor Michael Hoch. „Chancengleichheit, Diversität, Nachhaltigkeit und familiengerechte Studien- und Arbeitsbedingungen sind uns ebenfalls zentrale Anliegen. Auch daran wollen wir uns messen lassen.“
Was sind konkret geplante Exzellenzmaßnahmen?
Zwölf Millionen Euro wird Bonn jährlich aus der Exzellenzstrategie erhalten. Mit dem Geld sollen unter anderem 26 neue Professuren finanziert werden, die sich folgendermaßen aufteilen: Sechs sogenannte Heinrich-Hertz-Professuren sollen sich vor allem mit Zukunftsthemen befassen und zudem neue Forschungs- und Entwicklungstrends identifizieren.
Zehn Friedrich-Schlegel-Professuren sollen mit international führenden Forschern besetzt werden, um Kontakte zu Spitzenunis weltweit zu pflegen. Weitere zehn Friedrich-Wilhelm-Argelander-Professuren gehen an aufstrebende Nachwuchswissenschaftler. Welche Forschungsprojekte werden am stärksten gefördert?
Das sind klar die Exzellenzcluster: Das „Hausdorff Center for Mathematics“soll Bonn als weltweit führendes Zentrum mathematischer Spitzenforschung etablieren. Bei „ImmunoSensation2 – das immunsensorische System“geht es um die Frage, wie unser Immunsystem lernt. Dies ist wichtig für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen, aber auch bei chronischen Infektionen, Atherosklerose, Diabetes, Tumoren und Alzheimer. Der Cluster „Beyond Slavery and Freedom“strebt danach, ein international sichtbares und renommiertes Zentrum der Abhängigkeitsund Sklavereiforschung zu werden. Um die Pflanzenproduktion – trotz begrenzter Nutzflächen – zu erhöhen und gleichzeitig die ökologischen Folgewirkungen zu verringern, forscht Bonn zusammen mit dem Forschungszentrum Jülich im Cluster „PhenoRob – Robotik und Phänotypisierung für „Nachhaltige Nutzpflanzenproduktion“an Methoden und neuen Technologien. Dabei werden Pflanzen beobachtet und analysiert, um diese besser verstehen und gezielt behandeln zu können.
Der Clusterantrag „ECONtribute: Märkte & Public Policy“der Universitäten Bonn und Köln ist bundesweit der einzige überwiegend wirtschaftswissenschaftliche Antrag in der Exzellenzstrategie. Die Wissenschaftler erforschen die Funktionsweise von Märkten sowie Ursachen für deren Versagen vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Herausforderungen wie globaler Finanzkrisen oder der Digitalisierung.
Das sechste Cluster „Materie und Licht für Quanteninformation“beschäftigt sich mit der Frage, mit welchen neuen Technologien aus der Quantenphysik noch leistungsfähigere Hardware für unsere Datensysteme künftig hergestellt werden können.
Was sagen die Studierenden?
Der Asta der Uni Bonn sieht den Titel „Exzellenzuniversität“durchaus kritisch: „Das Bildungssystem ist unterfinanziert, Hochschulen stehen bereits um Drittmittel in teils existenzieller Konkurrenz. Mit einem Wettbewerb um die Bundesund Landesmittel der Exzellenzstrategie werden die grundsätzlichen Probleme nicht gelöst, sondern eher verschärft“, so Lena Engel, Vorsitzende des Asta Bonn. „Dieses Fördersystem ist unsolidarisch und wird auf lange Sicht die Ungleichheit zwischen den Hochschulen weiter zementieren.“Der Asta kritisiert außerdem, dass die Lehre für die Beurteilung der Exzellenz überhaupt keine Rolle spiele.