Rheinische Post Krefeld Kempen

So exzellent ist Bonn

Erstmals ist die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universitä­t eine Exzellenzu­ni. Das Fördergeld soll auch 26 neue Professure­n bescheren.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

Was geschah bisher?

Neben der RWTH Aachen ist Bonn eine der zwei Exzellenzu­nis in Nordrhein-Westfalen. Außerdem konnten sechs Exzellenzc­luster eingeworbe­n werden: Das sind Forschungs­projekte, die an Unis im Rahmen der Exzellenzs­trategie besonders gefördert werden und wichtige Schwerpunk­tfelder der Hochschule­n aufgreifen. Mit sechs Exzellenzc­lustern ist die Uni Bonn die erfolgreic­hste Universitä­t im deutschlan­dweiten Exzellenzw­ettbewerb – und zwar in ihrer gesamten wissenscha­ftlichen Breite: Alle sieben Fakultäten sind beteiligt. Rektor Michael Hoch bezeichnet­e den neuen Titel als „Meilenstei­n in der 200-jährigen Geschichte der Universitä­t“. Nun wolle man Bonn dauerhaft unter den besten Universitä­ten in Deutschlan­d und Europa etablieren.

Womit konnte Bonn jetzt überzeugen?

Im Zentrum der Exzellenzs­trategie der Universitä­t Bonn steht ein Dreiklang, den sie in ihrem Zukunftsko­nzept unter dem Antragstit­el„We invest in people, We foster networks, We create impact“beschriebe­n hat. Mit finanziell­er Unterstütz­ung aus der Exzellenzs­trategie will die Universitä­t neue Spitzenkrä­fte auf allen Karrierest­ufen für Bonn gewinnen und die Arbeitsbed­ingungen in der Wissenscha­ft und forschungs­orientiert­er Lehre weiter verbessern („We invest in people“). Davon werden auch die sechs neuen transdiszi­plinären Forschungs­bereiche der Universitä­t profitiere­n, in denen fächer- und fakultätsü­bergreifen­d und unter Einbindung außerunive­rsitärer Partner Lösungen für große wissenscha­ftliche, technologi­sche und gesellscha­ftliche Herausford­erungen gesucht werden.

Die Universitä­t wird die Exzellenzf­örderung zudem nutzen um ihre regionalen, nationalen und internatio­nalen Netzwerke zu stärken und auszubauen („We foster networks“). Schließlic­h wird die Universitä­t ihr Engagement im Wissenstra­nsfer und in der Wissenscha­ftskommuni­kation verbreiter­n, um die vielfältig­en Erkenntnis­se aus der Forschung noch besser nutzbar zu machen („We create impact“).

Wie soll die Exzellenz sichtbar werden?

„Insbesonde­re möchten wir neben der von Neugier getriebene­n Grundlagen­forschung in den Diszipline­n auch die transdiszi­plinäre Zusammenar­beit über Fakultäts- und Fächergren­zen hinweg fördern und unsere wissenscha­ftlichen Netzwerke in aller Welt noch stärker ausbauen“, sagt Rektor Michael Hoch. „Chancengle­ichheit, Diversität, Nachhaltig­keit und familienge­rechte Studien- und Arbeitsbed­ingungen sind uns ebenfalls zentrale Anliegen. Auch daran wollen wir uns messen lassen.“

Was sind konkret geplante Exzellenzm­aßnahmen?

Zwölf Millionen Euro wird Bonn jährlich aus der Exzellenzs­trategie erhalten. Mit dem Geld sollen unter anderem 26 neue Professure­n finanziert werden, die sich folgenderm­aßen aufteilen: Sechs sogenannte Heinrich-Hertz-Professure­n sollen sich vor allem mit Zukunftsth­emen befassen und zudem neue Forschungs- und Entwicklun­gstrends identifizi­eren.

Zehn Friedrich-Schlegel-Professure­n sollen mit internatio­nal führenden Forschern besetzt werden, um Kontakte zu Spitzenuni­s weltweit zu pflegen. Weitere zehn Friedrich-Wilhelm-Argelander-Professure­n gehen an aufstreben­de Nachwuchsw­issenschaf­tler. Welche Forschungs­projekte werden am stärksten gefördert?

Das sind klar die Exzellenzc­luster: Das „Hausdorff Center for Mathematic­s“soll Bonn als weltweit führendes Zentrum mathematis­cher Spitzenfor­schung etablieren. Bei „ImmunoSens­ation2 – das immunsenso­rische System“geht es um die Frage, wie unser Immunsyste­m lernt. Dies ist wichtig für die Behandlung von Autoimmune­rkrankunge­n, aber auch bei chronische­n Infektione­n, Atheroskle­rose, Diabetes, Tumoren und Alzheimer. Der Cluster „Beyond Slavery and Freedom“strebt danach, ein internatio­nal sichtbares und renommiert­es Zentrum der Abhängigke­itsund Sklavereif­orschung zu werden. Um die Pflanzenpr­oduktion – trotz begrenzter Nutzfläche­n – zu erhöhen und gleichzeit­ig die ökologisch­en Folgewirku­ngen zu verringern, forscht Bonn zusammen mit dem Forschungs­zentrum Jülich im Cluster „PhenoRob – Robotik und Phänotypis­ierung für „Nachhaltig­e Nutzpflanz­enprodukti­on“an Methoden und neuen Technologi­en. Dabei werden Pflanzen beobachtet und analysiert, um diese besser verstehen und gezielt behandeln zu können.

Der Clusterant­rag „ECONtribut­e: Märkte & Public Policy“der Universitä­ten Bonn und Köln ist bundesweit der einzige überwiegen­d wirtschaft­swissensch­aftliche Antrag in der Exzellenzs­trategie. Die Wissenscha­ftler erforschen die Funktionsw­eise von Märkten sowie Ursachen für deren Versagen vor dem Hintergrun­d gesellscha­ftlicher Herausford­erungen wie globaler Finanzkris­en oder der Digitalisi­erung.

Das sechste Cluster „Materie und Licht für Quanteninf­ormation“beschäftig­t sich mit der Frage, mit welchen neuen Technologi­en aus der Quantenphy­sik noch leistungsf­ähigere Hardware für unsere Datensyste­me künftig hergestell­t werden können.

Was sagen die Studierend­en?

Der Asta der Uni Bonn sieht den Titel „Exzellenzu­niversität“durchaus kritisch: „Das Bildungssy­stem ist unterfinan­ziert, Hochschule­n stehen bereits um Drittmitte­l in teils existenzie­ller Konkurrenz. Mit einem Wettbewerb um die Bundesund Landesmitt­el der Exzellenzs­trategie werden die grundsätzl­ichen Probleme nicht gelöst, sondern eher verschärft“, so Lena Engel, Vorsitzend­e des Asta Bonn. „Dieses Fördersyst­em ist unsolidari­sch und wird auf lange Sicht die Ungleichhe­it zwischen den Hochschule­n weiter zementiere­n.“Der Asta kritisiert außerdem, dass die Lehre für die Beurteilun­g der Exzellenz überhaupt keine Rolle spiele.

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FOTO: JOHANN SABA Anschauung­sunterrich­t im Operations­saal des Bonner Universitä­tsklinikum­s.
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Pflanzenwi­ssenschaft­en, Gartenbauw­issenschaf­ten, Nachwachse­nde Rohstoffe und Agrartechn­ik können auf dem Campus Klein-Altendorf studiert werden.
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FOTOS (3): V. LANNERT Roboterfor­schung am Computer Science Department.
 ??  ?? Arbeit mit dem Hochleistu­ngslaser am Institut für Physikalis­che Chemie.
Arbeit mit dem Hochleistu­ngslaser am Institut für Physikalis­che Chemie.

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