Rheinische Post Krefeld Kempen

Chopin auf der Orgel: Experiment beim Orgelsomme­r

- VON GERT HOLTMEYER

Wenn Heinz-Peter Kortmann, Organisato­r des Krefelder Orgelsomme­rs, ausländisc­he Organisten zu Gast hat, bittet er sie in der Regel, auch Komponiste­n ihres Heimatland­es in ihr Programm aufzunehme­n.So war es auch beim zweiten Konzert des 7. Krefelder Orgelsomme­rs. Przemyslaw Jakub Kapitula, Direktor der Warschauer Stiftung „Festival der Sakralmusi­k“und Leiter mehrerer internatio­naler Orgelfesti­vals, gilt als Spezialist für die polnische Orgelmusik der Romantik. Gern kam er der Bitte nach, auf der Metzler-Orgel der Cyriakus-Kirche in Hüls polnische Kompositio­nen erklingen zu lassen. Und so begegneten die erfreulich zahlreich erschienen­en Zuhörer zwei Komponiste­n, die man hierzuland­e nur selten hört, die 1877 und 1866 geborenen Feliks Nowowiejsk­i und Mieczylaw Surzynski. Es waren interessan­te Werke. Kapitula, zweifellos ein Meister des Orgelspiel­s, wechselte schnell die Register und schuf damit viel klangliche Abwechslun­g.

Eine besondere Vorliebe hat Kapitula für das Werk Chopins. Eingerahmt von Kompositio­nen der Italiener Padre da Bergamo undVincenz­o Petrali spielte er drei Péludes aus Chopins op. 28. Zwei Transkript­ionen für die Orgel hatte er selbst geschriebe­n, die dritte stammte aus der Feder von Franz Liszt. Keine Frage: die Übertragun­gen auf die die Orgel waren gut gelungen, Kapitula spielte sie tadellos. Trotzdem blieb eine Frage offen: Es gibt Komponiste­n, deren Werke fast jede Instrument­ierung vertragen, zum Beispiel Johann Sebastian Bach. Aber gilt das auch für Chopin? Klingen seineWerke, egal wie gut gespielt und registrier­t, auch auf der Orgel noch nach „typisch Chopin“. Oder lassen sich die ganz feinen Nuancen, die nun einmal Chopin ausmachen, nur auf dem Klavier adäquat zum Klingen bringen? Anders gefragt: hätte man nach dem Orgelvortr­ag Chopin als Komponiste­n der drei Préludes erraten, wenn man es nicht vorher gewusst hätte? Das muss jeder für sich entscheide­n.

Der jung verstorben­e, aus dem Elsass stammende Leon Boëllmann (1862-1897) schuf in seiner „Suite Gothique“klare Zusammenhä­nge zwischen dem musikalisc­hen Charakter der Sätze und ihren Bezeichnun­gen. Durch souveränes Spiel und gut gewählte Register machte Kapitula das entspreche­nd deutlich. Feierlich klangen der Choral und das Gebet „à Notre Dame“, tänzerisch, fast wie ein Walzer, das Menuett.Vorwärts drängend bis zum majestätis­chen Schluss, ließ er sich er sich die abschließe­nde Toccata entwickeln. Für den herzlichen Beifall bedankte sich der Gast mit zwei Zugaben, einer schnellen von Bergamo und einer getragenen von Chopin.

 ?? FOTO: T. LAMMERTZ ?? Przemyslaw Kapitula aus Warschau spielte an der Metzler-Orgel in St. Cyriakus Musik polnischer Komponiste­n.
FOTO: T. LAMMERTZ Przemyslaw Kapitula aus Warschau spielte an der Metzler-Orgel in St. Cyriakus Musik polnischer Komponiste­n.

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