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Gamescom: Aus alt mach neu
Videospieler aus der ganzen Welt blicken derzeit nach Köln. Einmal mehr im Fokus steht dabei das polnische Langzeitprojekt „Cyberpunk 2077“. Die Branche haucht zudem zahlreichen Klassikern neues Leben ein.
KÖLN Am Mittwoch öffnet die Gamescom ihre Pforten für Spieler, Youtuber und Cosplayer, die aus der ganzen Welt anreisen. Mit rund 1150 Ausstellern aus mehr als 50 Ländern und auf 218.000 Quadratmetern übertrifft die weltweit größte Spielemesse erneut die Zahlen aus dem Vorjahr. Erwartet werden können, gemessen am bisherigen Trend, wohl etwa 370.000 Besucher. Der Andrang auf die Messe ist riesig, beinahe alle Kartenkontingente sind erschöpft, lediglich die neu eingeführten Abendkarten sind für einzelne Tage noch verfügbar.
Spiele-Fans, die wenig Lust auf stundenlanges Anstehen an den Ständen haben, konnten in diesem Jahr die Eröffnungsshow am Montagabend live im Internet sehen – die ersten Weltpremieren inklusive.
Am Dienstag hatten dann zunächst Medienvertreter und diejenigen Fans, die eine der wenigen Wildcard-Eintrittskarten ergattern konnten, den Vortritt. Welches Spiel das am sehnlichsten erwartete sein dürfte, war schnell klar: Obwohl die Hallen noch vergleichsweise leer waren, gab es die längste Schlange am Stand von „Cyberpunk 2077“. Das Rollenspiel im düsteren Science-Fiction-Szenario ist bereits seit Jahren beim polnischen Entwickler CD Projekt Red in Arbeit. Das auf Rollenspiele spezialisierte Studio hat sich mit den drei Teilen der „Witcher“-Serie einen Namen gemacht. Auf der Gamescom zeigte CD Projekt ein 45-minütiges Video mit Spielinhalten. Selbst spielen konnte die Fachpresse auch auf der Gamescom noch nicht.
Google stellt an seinem Stand seine Spiele-Streamingplattform „Stadia“vor, mit der der Konzern im Herbst in Deutschland an den Start gehen will. Damit können Spiele von einem leistungsstarken Server auf Handys, Tablets, Smart-TVs und den Computer gestreamt werden. Der Vorteil ist Google zufolge, dass die Berechnungen auf dem Server stattfinden, dass Heimgerät keine hohe Rechenleistung haben muss. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Verzögerung von der Eingabe zum Server und wieder zurück zu groß sei und nicht alle Haushalte über die nötige Internetanbindung verfügen. „Stadia“hatte der Suchmaschinenanbieter bereits im März angekündigt.
Ein Sammelsurium unterschiedlichster Spiele bietet das neu geschaffene Indie-Village. Auf einem Viertel der Halle 10 steht teilweise ein Laptop neben dem anderen. Kleine Entwickler können dort mit vergleichsweise geringem Aufwand ihre Spiele präsentieren. Viele der dort gezeigten Ideen können zwar grafisch nicht mit den millionenschweren Produktionen von Microsoft oder Sony mithalten, sind dafür aber oft risikofreudiger was die Spielmechanik oder das Thema angeht. Der deutsche Entwickler Rockfisch-Games etwa präsentiert dort seine Fortsetzung von „Everspace“in einem sehr frühen Stadium. Das fertige Spiel, in dem der Spieler ein kleines Raumschiff durch ein offenes Weltall steuert, soll erst 2021 auf den Markt kommen. Bis dahin soll es noch eine Kickstarter-Kampagne durchlaufen.
Mehr noch als Fortsetzungen stehen in diesem Jahr Neuauflagen alter Titel im Fokus. Nintendo zeigte beispielsweise „The Legend of Zelda - Link’s Awakening“für die Konsole Switch. Das Spiel erschien vor 26 Jahren für den Game Boy, soll aber nach einer Frischzellenkur in quietschbunter Optik Nostalgiker wie Neukunden auf der aktuellen Nintendo-Konsole Switch ansprechen. Eine ähnliche Strategie verfolgt Square Enix mit dem japanischen Rollenspiel„Final FantasyVII“, das vor 22 Jahren erschien und nun noch einmal für die aktuelle Konsolengeneration auf den Markt kommt.
Dass Branchenriese Blizzard seinen 4000-Quadratmeter-Stand in diesem Jahr leer gelassen hat, dürfte zwar die Betreiber der Kölnmesse nicht gefreut haben, einige Besucher jedoch. Der frei gewordene Bereich wurde kurzum zur Ruhezone umgewidmet. Für Spieler, die an allen vier Messetagen in Köln dabei sind, ist das zumindest eine gute Nachricht. Auch wenn sicherlich einige von ihnen gerne einen Blick auf die neuen „World of Warcraft Classic“-Server geworfen hätten.