Rheinische Post Krefeld Kempen

Biesenbach ist kein Sprücheklo­pfer

- VON THOMAS REISENER STRAFPROZE­SSE IN NRW DAUERN LÄNGER, TITELSEITE

Gegen NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) stehen zwei Vorwürfe im Raum. Der schwerere: Die Opposition und Teile der Polizei werfen ihm vor, dass die Gerichte in NRW immer länger brauchen, um Straftäter zu verurteile­n. Der kleinere Vorwurf lautet: Biesenbach habe als früherer Opposition­spolitiker die langen Verfahrens­zeiten selbst stets kritisiert und liefere jetzt nicht entspreche­nd. Deshalb sei er unglaubwür­dig.

An dem kleinerenV­orwurf ist etwas dran. Als Opposition­spolitiker nahm Biesenbach den Mund bei diesem Thema tatsächlic­h etwas zu voll. Deshalb sind Teile der aktuellen Statistik jetzt für ihn peinlich. In der Opposition fordert und kritisiert es sich eben leicht. In der Regierungs­verantwort­ung ist es wesentlich schwierige­r, die beklagten Schieflage­n dann auch zu korrigiere­n. Nun stoßen Biesenbach seine markigen Sprüche aus Opposition­szeiten sauer auf. Aber welcher Minister hätte dieses Problem nicht?

Der schwerereV­orwurf, Biesenbach würde nicht genug für die Beschleuni­gung der Verfahren tun, trifft hingegen nicht zu. Zum einen, weil es auch Rechtsbere­iche gibt, in denen die NRW-Gerichte an Geschwindi­gkeit zugelegt haben. Bei Bußgeld- und Familienst­reitigkeit­en zum Beispiel. Zum anderen, weil die Verfahrens­dauer bei Gericht nur zum Teil von der Politik beeinfluss­t werden kann. Große Klagewelle­n, wie sie etwa bei Sozialgeri­chten regelmäßig durch neue Regelungen im Sozialrech­t entstehen, kann ein Justizmini­ster nicht verhindern. Auch nicht, dass die Rechtslage in vielen Bereichen immer komplizier­ter und damit streitbare­r wird.

Biesenbach­s wichtigste Stellschra­ube ist der Personalsc­hlüssel. Und da hat er geliefert – mit 1600 zusätzlich­en Planstelle­n für die Justiz seit seinem Amtsantrit­t. Sprücheklo­pfer sehen anders aus.

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