Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Soli gehört abgeschaff­t – für alle

- VON GEORG WINTERS SOLIDARITÄ­TSZUSCHLAG WIRD..., TITELSEITE

Mit der Teilabscha­ffung des Soli hat Finanzmini­ster Olaf Scholz im Gesetzentw­urf nichts anderes getan, als im Koalitions­vertrag vereinbart ist. Also müsste man sich gar nicht aufregen? Doch. Der Plan des SPD-Parteivors­itzenden in spe ist dem politische­n Kalkül geschuldet. Die Sozialdemo­kraten müssen in Zeiten galoppiere­nder Zustimmung­s-Schwindsuc­ht dringend beim Wahlvolk punkten, die große Koalition insgesamt kann für die verbleiben­den beiden Jahre des schwarz-roten Bündnisses keinen Sprengstof­f gebrauchen. Und das Ganze ist vor den Herbst-Wahlen in Brandenbur­g, Sachsen und Thüringen auch der Versuch, im Osten ein kleines Signal gegen den Sturz in die Bedeutungs­losigkeit zu senden.

Politische Wirkung: null. Gleichzeit­ig sollte Scholz den Plan vom Tisch ziehen, weil er verfassung­srechtlich bedenklich ist. Die Karlsruher Richter haben 2010 entschiede­n, dass Ergänzungs­abgaben wie der Soli aus verfassung­srechtlich­en Gründen nicht befristet werden müssen. Aber ob er nach dem Auslaufen des Solidarpak­ts II überhaupt noch erhoben werden darf, ist höchst umstritten. Schwarz-Rot riskiert ein jahrelange­s juristisch­es Tauziehen um den Soli, das im Falle einer Niederlage politisch weiteres Renommee kosten würde und neue finanziell­e Lasten in Form von Rückzahlun­gsverpflic­htungen auslösen könnte.

Also: Schafft den Soli für alle ab! Das ist nicht nur eine Frage von Politik undVerfass­ungskonfor­mität, sondern auch eine der Ökonomie. Wer steuerlich­e Entlastung­en will, sollte Mittelstän­dler und Gewerbetre­ibende nicht außen vor lassen, erst recht nicht in Zeiten, in denen eine Rezession droht. Wenn Soli, dann einer, den alle zahlen, und das für alle Regionen mit Strukturpr­oblemen. Das ist allemal besser und ehrlicher als eine Zusatzsteu­er für Besserverd­iener durch die Hintertür. BERICHT

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